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Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Titel: Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual
Autoren: Henry Roland
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war, bog das Trio unter Nayalas Führung in einen Nebengang ein, der zwar nicht geradlinig, aber doch im tendenziellen Verlauf weiter ins Innere des Diskusraumers führte. Keiner der Coleoptere, die in dem von Grün durchwucherten Labyrinth hin- und herwetzten, beachtete die Menschen auch nur im mindesten. Sie blieben auch völlig stumm; nur die schwarzen Klauen ihrer Insektenfüße verursachten gelegentlich am Boden ein Scharren. Das gesamte Innere des Raumschiffs war aus einem harten, hellgrauen Material konstruiert, anscheinmäßig ein Plastikstoff von großer Härte; seine Verarbeitung war fugenlos. Gelegentlich – vor allem an Kreuzungen – bemerkten die drei in Nischen technisches Gerät aus Leichtmetall, dessen Beschaffenheit jedoch nichts über seinen Verwendungszweck verriet.
    Nachdem die kleine Expedition den Schlachthausgeruch nach Tod und Blut hinter sich gelassen hatte, drang sie in weiträumige Hallen mit sanft gewölbten Decken vor; hier war die Beleuchtung weniger grell und ein bißchen gelblich. In großen, brutkastenähnlichen Behältern tummelten sich in einem Füllsel, das wie Flocken aus Schaumstoff aussah, ungezählte Tausende von Jungkäfern, untergebracht nach Alter und dementsprechender Größe. Aber selbst hier, wo sie ihren Nachwuchs aufpäppelten, nahmen die ausgewachsenen Coleoptere an der Anwesenheit der für ihre Begriffe zweifelsfrei fremdartigen Menschen keinen Anstoß. »Wär’s möglich«, meinte Thorna, »daß sie uns überhaupt nicht wahrnehmen?«
    »Es ist sehr wahrscheinlich«, gab Bo Nilsson eilfertig zur Antwort, »daß sie mit ihren Facettenaugen in einem anderen Bereich sehen, vermutlich im Kurzwellenbereich unterhalb zweihundert Nanometern. Daher das für uns unangenehm grelle, intensiv ultraviolette Licht in den sonstigen Räumlichkeiten. Trotzdem glaube ich, daß sie uns visuell erkennen können, wenn vielleicht auch nur als düstere, verschwommene Schatten. Käfer verfügen aber im allgemeinen über einen gut entwickelten Geruchssinn, der ihr Orientierungsvermögen ergänzt. Schau mal …« Nayala del Drago hob erschrocken eine Hand, als der junge Terranaut entschlossen einem Coleopter in den Weg trat, der in einem flachen Behältnis eine Anzahl wohl frischgelegter, etwa faustgroßer Eier trug, aller Wahrscheinlichkeit nach neue Brut, die nun zum Ausschlüpfen einsortiert werden sollte. Die Spitzen der Fühler wippten bedrohlich dicht an Nilssons Brustkorb, als der Coleopter mit seiner Last ruckartig verharrte und einen kurzen Moment lang reglos blieb; dann schlug er einen eckigen Haken und setzte den Weg fort, ohne um die Behinderung irgendwelche weiteren Umstände zu machen. »Hast du’s gesehen?« meinte Nilsson zu Thorna und grinste breit, als hätte er eine Heldentat vollbracht. »Sie wissen, daß wir hier sind, aber es ist ihnen egal.«
    »Das war eine gefährliche Angeberei«, schalt die Drachenhexe von Adzharis. »Die meisten Lebewesen nehmen es ziemlich übel, wenn man ihren Sprößlingen gegenüber eine drohende Haltung einnimmt.« Sie drehte sich nach Thorna um. »Thorna und ich billigen so eine affige Wichtigtuerei nicht.« Sie lächelte. »Stimmt’s, Thorna?«
    Das dunkelblonde junge Mädchen blickte verwirrt von einem zum anderen. »Äh … Ich …«
    »Ich weiß, was geht und was nicht«, versicherte Bo Nilsson großmäulig. »Wir Terranauten kommen im Kosmos weit herum«, fügte er hinzu, an Thorna gewandt. »Ich habe schon …« Er begann mit einer ganzen Litanei angeblich bereits durchgestandener Gefahren von intergalaktischer Brisanz. Nayala seufzte unterdrückt und strebte, ohne noch ein Wort zu äußern, weiter voraus. Bo und Thorna folgten.
    Hinter den Bruthallen betraten die drei Menschen ein von den Coleopteren bedeutend spärlicher frequentiertes Gangsystem. Diese Gänge unterschieden sich von den vorherigen lediglich durch an Ecken und Kreuzungen vorhandene Leitsymbole von stark arabeskem Aussehen. Einige Symbole leuchteten noch in greulichem bläulichem Licht, das den Augen der Menschen Schmerzen bereitete; andere – die Mehrzahl – hatten jedoch jede Leuchtkraft verloren und ließen sich am Grau der Wände kaum erkennen. An diesen Stellen hatten die Coleoptere – wohl ersatzweise – Duftmarkierungen angebracht, deren ätzende Ausdünstung auch den Geruchssinn der Menschen ansprach, zum Teil mit kräftiger Reizung der Schleimhäute, die ihnen Tränen in die Augen trieb. Hinter den Wänden vernahm man das dumpfe Rumoren unbekannter
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