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Die Terranauten 042 - Der Sammler

Die Terranauten 042 - Der Sammler

Titel: Die Terranauten 042 - Der Sammler
Autoren: Harald Münzer
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Erziehung im Wege, die strengste Selbstkontrolle verlangte. Treiberin war sie überhaupt nur geworden, um dem grauen, stupiden Alltag ihrer puritanischen Heimatwelt zu entfliehen. Manchmal kam es ihr allerdings so vor, als sei sie dadurch nur vom Regen in die Traufe gekommen.
    Wenn sie nur an die mitleidigen Blicke der Logenmeister dachte, in deren Logen sie zu Anfang gearbeitet hatte …!
    Das schwächste Mitglied unserer Loge … Nicht einmal telepathisch begabt … Wir behalten sie überhaupt nur, weil sie sich soviel Mühe gibt … Sie hat ein hohes Potential, aber sie ist völlig unbegabt …
    Und gerade sie, Lyda Mar, sollte unter dem Einfluß der Anti-PSI-Strahlung der Sonne Norvo ihre Treiberfähigkeiten nicht einfach verloren haben, sondern statt dessen zur Mittlerin geworden sein?
    Sicher, sie konnte nicht abstreiten, daß sie im Gegensatz zu ihren drei Gefährten beim ersten Kontakt mit einem jener seltsamen Wesen, die Traumhaken genannt wurden, nicht einfach bewußtlos geworden war, sondern seltsame Visionen erlebt hatte – Visionen von einer überwältigenden Einheit mit den Pflanzen und Tieren des Nordkontinents. Und gerade diese Tatsache galt unter den Surinen allgemein als Beweis dafür, daß ein Neuankömmling das Zeug zum Mittler hatte – also dazu, in direkten PSI-Rapport mit der künstlichen Ökologie Saryms zu treten.
    Die Mittler waren so etwas wie die Aristokratie der Surinen, eine kleine Oberschicht, die dank ihrer Fähigkeiten überhaupt erst das Überleben der ihrer PSI-Fähigkeiten beraubten Gefangenen von Sarym ermöglichte. Nur die Mittler konnten auf psionischem Wege den Schwammbäumen Manna abringen, das Hauptnahrungsmittel der Surinen, und sie waren es auch, die bestimmte Pflanzen so »umprogrammierten«, daß sie sich als Wohnstätten oder als Waffen gegen die aggressiven, vom Südkontinent her eindringenden Tierarten verwenden ließen.
    Nach Ansicht der Surinen mußte auch Lyda Mar in der Lage sein, all diese Wunder zu vollbringen. Nur – sie war es nicht.
    Anfangs hatte sie sich wirklich Mühe gegeben, aber die unter Anleitung Damon Credocks durchgeführten Experimente hatten nur zu wahrhaft kläglichen Ergebnissen geführt. Warum verlangte Credock also wieder und wieder von ihr, weitere Versuche zu unternehmen? Wollte er vielleicht bloß nicht zugeben, daß auch er und seine Freunde sich irren konnten, oder glaubte er wirklich daran, daß sich doch noch Mittlerfähigkeiten bei Lyda Mar zeigen würden?
    Lyda starrte verbissen weiter über den Blattrand. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Credock mit den Achseln zuckte. Er blieb neben ihr stehen, ohne sie erneut anzusprechen.
    Der Schlangenfluß löste sich jetzt in ein Gewirr kleiner Kanäle auf. Die beiden Seerosenquallen, die von Damon Credock und Aschan Herib darauf programmiert worden waren, sich möglichst direkt in Richtung Süden zu bewegen, wählten selbsttätig einen dieser Kanäle aus. Das seltsame »Fahrzeug«, auf dem sich Aschan Herib, Suzanne Oh und Onnegart Vangralen befanden, übernahm die Spitze. Die zweite Seerosenqualle folgte dichtauf.
    Eine Zeitlang trieben die beiden Seerosenquallen zwischen dicht mit Schwammvegetation überwucherten Inselchen dahin, aber schon bald blieben die letzten Inseln rechts und links zurück. Wenn Lyda Mar geglaubt hatte, nun den Ozean zu erblicken, so sah sie sich getäuscht. Bis zum fernen, im Dunst verschwimmenden Horizont erstreckte sich ein düsteres Wattenmeer. Der Flußarm ging langsam in eine Art Abflußrinne im Watt über.
    »Wir haben im Moment Ebbe«, erläuterte Damon Credock. »Wegen der starken Anziehungskraft Ariochs beträgt der Gezeitenhub hier schätzungsweise fünfunddreißig Meter. Bis zum Ozean dürften es mindestens noch hundert Kilometer sein.«
    Arioch …
    Unwillkürlich richtete Lyda ihren Blick auf den Dämonenplaneten, der etwa fünfzehn Grad über dem Horizont stand. Selbst jetzt, am hellichten Tage, war die Hauptwelt des Doppelplanetensystems deutlich zu erkennen. Auf der Oberfläche Ariochs tobten ständig gigantische Gas- und Staubstürme, die ein farbenprächtiges Schauspiel boten. Aufgrund einer seltsamen Laune der Natur formten sich die Wirbel und Strömungszonen der Arioch-Atmosphäre ständig zu bizarren Mustern, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit häßlichen, bedrohlichen Dämonenfratzen besaßen und in einem menschlichen Betrachter archaische Ängste wachriefen.
    Wenn die Menschheit auf Sarym entstanden wäre, überlegte Lyda Mar,
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