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Die Terranauten 042 - Der Sammler

Die Terranauten 042 - Der Sammler

Titel: Die Terranauten 042 - Der Sammler
Autoren: Harald Münzer
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Windes. Zugleich aber wußte er, daß er sich nicht mehr lange würde halten können – nicht, wenn der Sturm, dessen Vorboten die Böen waren, richtig losbrach! Nichts konnte den Stürmen von Oinjis Welt widerstehen, der Höllenwelt, der die Menschen den Namen Arioch gegeben hatten.
    Mit seinen für einen Menschen völlig unbegreiflichen Sinnen prüfte Oinji die Natur des herannahenden Sturms. Grenzenlose Erleichterung überfiel den Schmarotzer, als er feststellte, daß dieser Sturm ihn endlich – endlich! – wieder in die richtige Richtung tragen würde, hin zu der Quelle aller Freuden, die Oinji noch geblieben waren, nachdem ihn sein Stamm wegen des schwerwiegenden Sakrilegs ausgestoßen hatte, das er nicht nur einmal, sondern wieder und wieder begangen hatte – und das ohne jedes Zeichen von Reue.
    Die Erkenntnis, nun, nach schier endlosen Zeiteinheiten der Verzweiflung und Qual, wieder zur Quelle zurückkehren zu können, ließ die Entzugserscheinungen, unter denen Oinji aufgrund der langen Abwesenheit von der Quelle litt, mit einem Mal noch stärker werden. Blanke Gier beherrschte die Gedanken des PSI-Schmarotzers.
    Langsam zog er die Saugwurzel, durch die er sich mit lebenswichtigen Mineralien und Spurenelementen versorgt hatte, aus dem Felsspalt. Dann lockerte er auch die Klammerwurzeln und wartete.
    Fast augenblicklich brach der Sturm los und wirbelte Oinji davon. Die Sturmfront trug den PSI-Schmarotzer aufwärts, hinein in den tobenden Himmel über der endlosen, von Kristallzyklonen glattgeschliffenen Felseinöde. Oinji drehte sich in einem höllischen Tanz mehrmals um sich selbst und fuhr in einer Reflexreaktion die stahlharten Steuerhäute aus. Jetzt war er nicht mehr ein hilfloser Spielball des Sturms, sondern ritt auf den Böen. Er spürte ein unbeschreibliches Gefühl der Macht, und in seinem Inneren breitete sich ein lange vermißter Friede aus.
    Ich, Oinji, beherrsche die Winde. Der Sturm kann mir nichts anhaben, ich meistere ihn. Die Böen …
    Ein plötzlicher Sog riß den PSI-Schmarotzer nach unten und schleuderte ihn auf eine hoch aufragende, buckelige Felsformation zu. Oinji veränderte mühsam die Stellung seiner Steuerhäute.
    Zu spät. Ein betäubender Schmerz durchzuckte Oinji, als sein aufgedunsener Körper den Felsbuckel streifte, von einer neuerlichen Bö mit grausamer Gewalt über den harten Boden geschleift und dann wieder hinauf in den Himmel gefegt wurde.
    Ich, Oinji, beherrsche die Winde …
    Nein, er beherrschte die Winde schon längst nicht mehr. Er war langsamer geworden, und seine Kräfte hatten erschreckend nachgelassen. Kein Wunder, denn er verbrachte seine Tage nicht beim Spiel mit den Stürmen, sondern in einer sturmgeschützten Nische des seltsamen Berges, in dem sich die Quelle befand, deren Ausstrahlungen er sich so begierig hingab.
    Für einen kurzen Moment vermittelten die Sinnesorgane dem PSI-Schmarotzer überhaupt kein klares Bild seiner Umgebung mehr. Oinji wußte, daß er solchen Wahrnehmungsstörungen völlig hilflos ausgeliefert war. Das war eben der Preis, den er zahlen mußte, wenn er sich zu lange von der Quelle entfernte.
    Entzugserscheinungen!
    Aber manchmal konnte er es eben nicht vermeiden, die Quelle zu verlassen und sich trotz seiner abnehmenden Kräfte in den Orkan hinauszuwagen. Sein Organismus benötigte in regelmäßigen Abständen bestimmte Mineralstoffe, die es in der Nähe der Quelle nicht gab.
    Die Heftigkeit des Sturms ließ plötzlich nach. Der Wind holte Atem für die nächste Attacke auf Oinji.
    Der PSI-Schmarotzer nutzte die kurze Ruhepause, um sich ganz seinen Gedanken hinzugeben.
    Schon die bloße Erinnerung an die Bilder, die er bei den unzähligen Kontakten mit der Quelle gesehen hatte, genügte vollauf, ihn erneut in einen rauschhaften Zustand zu versetzen.
    All diese wunderbaren, unverständlichen Bilder …
    Oinji wußte nicht, was die Quelle ihm da zeigte, denn ihm fehlten ganz einfach die Voraussetzungen, um das, was er sah, auch verarbeiten zu können.
    Aber die Bilder waren schön, unendlich schön. Oinji war süchtig nach ihnen, fieberte mit allen Fasern seines Ichs danach, sich wieder diesem endlosen, betäubenden Strom hinzugeben.
    Und bald würde es wieder soweit sein. Die Geländeformationen unter seinem dahinwirbelnden Körper waren Oinji nur zu gut bekannt. Wie oft hatte er dieses wilde, öde Land schon überflogen? Dort, dieser Vulkan, aus dem jetzt schimmernde Gaskerne in die Höhe stiegen – wie oft hatte er sich
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