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Die Terranauten 015 - Der Clan der Magier

Die Terranauten 015 - Der Clan der Magier

Titel: Die Terranauten 015 - Der Clan der Magier
Autoren: Robert Quint
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werden.
    Finsternis herrschte vor den Augen des großen, hageren Zopten, der alle seine Artgenossen um Kopflänge überragte. Finsternis bedeutete, daß die Sonne, der Wärmespender, für kurze Zeit erloschen war.
    Aber es war nur eine partielle Finsternis, denn die Echoschreie vieler Reisender hingen über der Straße wie ein akustischer Baldachin, ein eng geknüpftes Netz aus Schall, das in Siltrons Ohren klingelte und seinem Bewußtsein ein Bild der Welt vermittelte. Dieses Bild war klarer als ein greller Sommertag.
    Seine Ohren waren Richtantennen, seine Synapsen Myriaden winzige Radarschirme, die sich in seinem Bewußtsein zu einem umfassenden Ganzen zusammensetzten.
    Siltron hörte wie jeder Zopte die Welt durch die reflektierten Schallwellen, den Hall der Echoschreie. Die Welt war ein komplexes Muster hoch- und niederfrequenter akustischer Schwingungen. Es war ein perfektes System, unabhängig vom Licht der grünen Sonne, nach allen Seiten wirkend, so daß Siltron nicht nur alles registrierte, was vor ihm geschah, sondern auch die Umgebung in seinem Rücken hörte und damit deutlicher ›sah‹ als ein Mensch mit seinen Augen.
    »Wirst du wohl, du alte Schindmähre?« erklang Indruls mürrische Stimme. Der Kutscher schlug mit einer dünnen Reitgerte auf die zahmen Smolorch ein und spornte sie zu größerer Eile an.
    Das Getrappel ihrer Hufe und das Poltern des schwerbeladenen Fuhrwerks vermischte sich zu einem monotonen Geräusch, das sanft in Siltron pulsierte.
    Forschend richtete er seine Echoschreie nach rechts und links, auf die Schallsilhouetten zahlloser lederner Zelte. Dort gab es Zopten, die scheinbar ziellos hin und her wimmelten, Essenverkäufer und Wasserträger, Lorische Soldaten und die Werber der Leihmänner, Gaukler und Halsabschneider, Priester und Pilger, Alte und Junge, die aus allen Winkeln Runnevels nach Neuzen Vrest gereist waren, um die Nacht der stillen Wasser gemeinsam zu begehen.
    Über die Straße ergoß sich ein Wurm klappender, polternder Smolorchfuhrwerke. Hier und da rollte einer der modernen Dampfmaschinenwagen, die heiße Wolken ausstießen und pfiffen und zischten. Der Dampf war in Siltrons Bewußtsein eine Dissonanz im Muster der Welt, eine leichte Verzerrung, die ihn die Feuchtigkeit fühlen ließ.
    Und in der Ferne, halb verzerrt, denn nur die lautesten Echoschreie riefen in dieser Entfernung noch Reflexionen hervor, zeichneten sich die Trutzmauern von Neuzen Vrest ab, belagert durch neue Gebäude, die der Enge der Innenstadt entflohen waren und sich immer weiter über die Küstenebene ausbreiteten.
    Siltron aus den Steppen verzog schmerzhaft das Gesicht.
    Neuzen Vrest war ein Ungeheuer, aus dem Schlaf erwacht, hungrig und unersättlich, das das Land auffraß. Neuzen Vrest war ein Geschwür, dessen giftige Wundsäfte die Zopten dahinsiechen ließen.
    Siltron wußte, was sich in den Gassen abspielte, in den Elendsquartieren und Herrenhäusern, den Palästen, Schenken und Kloaken, den Diensthäusern und Kasernen.
    Wenn eine Stadt zu groß wurde, änderten ihre Bewohner den Charakter. Ein Zopte brauchte die Weite der Steppen, nicht endlose Wände aus Stein und Eisen.
    Ein Ellbogen traf ihn schmerzhaft in die Seite und ließ ihn zusammenzucken.
    »Tut das nicht wieder, Herr«, sagte er ernst und tastete den neben ihm sitzenden Zopten mit seinen Echoschreien ab. Der Mann war fett und hatte ihn die ganze Fahrt über mit lautstarken Reden vom Schlafen abgehalten. Eine teure, gegerbte Jacke aus dem Fell der Küstenmarder bewies, daß er wohlhabend war und vielleicht zu den Kaufleuten gehörte: ein fahrender Händler mit Lagerhäusern in den großen Städten. Die meisten von ihnen waren Agenten der Leihmänner.
    Der Zopte wandte langsam den Kopf, bewegte ungläubig die großen Ohrmuscheln und warf dann mit einer grimmigen Gebäude einen halb abgenagten Knochen auf die Straße. Sorgfältig reinigte er seine fettigen Finger mit einem weichen Tuch und ballte unvermittelt vor Siltrons Gesicht seine Faust.
    »Hör zu, du verdammter Strauchdieb, du wildgewordener Bauerntölpel«, brüllte der Fette wütend, »hör gut zu, was Moretak Vromm dir jetzt sagt, ja, du hast richtig verstanden, Moretak Vromm, Kaufmann aus Voosen Vrest, der beste und tüchtigste Tuchhändler von ganz Runnevel, der Mann, der geschworen hat, jedem Großmaul die Faust in den Schlund zu stoßen.«
    Der Fette holte tief Luft, nickte wie zur Bestätigung und wackelte weiter mit seiner haarigen Faust vor Siltrons
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