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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ich mit ihr. Oder wir ziehen nach San Francisco. Tante Wang hat mir erzählt, dass es dir dort sehr gut gefallen hat!«
    Betty lachte und er drückte sie glücklich an sich. »Mir war sie, ehrlich gesagt, ziemlich unheimlich«, gab sie zu.
    »Wenn du darauf bestehst, wäre ich sogar bereit, in Emden zu leben.«
    Dayun, der die Einheimischen mithilfe einiger Goldstücke dazu gebracht hatte, die Teepakete ordentlich aufzustapeln, trat nun unruhig von einem Bein aufs andere.
    Betty schüttelte den Kopf. »Nach Emden möchte ich erst recht nicht. Ich weiß ja, dass mein Vater nicht mehr lebt. Am liebsten möchte ich mit dir nach Darjeeling zurückgehen. Und ich werde auch nicht wieder abreisen, ohne dir eine Nachricht zu hinterlassen. Aber zuvor habe ich noch zwei Dinge zu erledigen. Das Wichtigste ist, dass ich Frau von Mux ein Kistchen von unserem Tee nach Emden schicken muss. Sie wird begeistert davon sein.«

    Francis blieb stehen. »Du wirst sie in Emden nicht mehr finden.«
    »Ist sie…? Ich meine, sie ist doch nicht...« Betty spürte, dass sie einen Kloß in der Kehle hatte.
    Francis strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Nein, sie lebt und es geht ihr sehr gut. Ich habe ihr bereits mehr als nur ein Kistchen besten Tee zukommen lassen, und sie war davon so angetan, dass sie sich zu einer großen Reise aufgemacht hat. Wenn ich richtig informiert bin, muss sie vor einigen Tagen in Darjeeling angekommen sein. Ich habe ihr angeboten, dass sie das Haus der schlafenden Prinzessin bewohnen kann, solange du fort bist. Ich hoffe, das ist dir recht?« Er sah sie fragend an. »Ich mache mir große Hoffnungen, dass du künftig bei mir im Palast leben wirst und dass du dann kein eigenes Schlafzimmer mehr benötigst!« Er war schon wieder stehen geblieben, um Betty zu umarmen. »Aber vorher werden wir die größte und schönste Hochzeit feiern, die Darjeeling je gesehen hat.«
    Dayun, der hinter ihnen lief und eine lange Kette von Insulanern befehligte, die jeder eine Teekiste trugen, hustete vernehmlich. »Wenn ich die Herrschaften darauf aufmerksam machen darf, dass Sie selbst zwar winterliche Kleidung tragen, dass ich aber, als Ihr treuer Diener, in dünner und der Kälte durchaus nicht angemessenen Kleidung herumlaufe?«
    Francis lachte. »Du kannst dich beruhigen. Wir sind bald wieder in Darjeeling. Ich fürchte nur, meine zukünftige Gemahlin hat vorher noch etwas in einer kalten Stadt am Meer zu erledigen.«

9
    In Hamburg war es Mai geworden. Die Bäume an der Alster waren von einem grünen Hauch überzogen und auf den Alsterwiesen wurden bereits wieder die ersten Partien Kricket gespielt. Innerhalb einer Woche waren sie von dem kleinen Küstenort, dem die Insel, auf der Betty gestrandet war, vorgelagert war, über Hannover bis nach Hamburg gefahren. Nun hielt die große Kutsche vor dem Portal eines Grandhotels. Betty zog den Vorhang zur Seite und blickte neugierig aus dem Fenster der Kutsche. Dort hinten lag das Haus der Remburgs, in dem sie so unglücklich gewesen war. Hier war die Wiese, auf der sie Anton wiedergetroffen hatte. Und da hinten, in dem Café, hatten die remburgschen Frauen gesessen und sich über ihr Kleid gewundert und darüber, dass sie Anton kannte. Was wohl aus ihm geworden war? Francis hatte Informationen über ihn, das gab er zu, aber er meinte, es sei besser, wenn sie selbst sähe, was unterdessen aus ihren damaligen Bekannten geworden war.
    Das Haus der Remburgs lag an diesem Tag im Schatten. Das Haus der Tollhoffs indes war außer Sichtweite, und Francis hatte versprochen, dass sie keine Sekunde in seine Nähe kommen würden.
    Vor dem Hotel hatten die Dienstmädchen in einer Reihe Aufstellung genommen. Als die Kutsche hielt, begannen die ersten von ihnen zu knicksen. Hinter ihnen standen bereits die Laufburschen der Teehändler, alle in die Hausfarben ihrer Auftraggeber gewandet, um den beiden sehnsüchtig erwarteten Neuankömmlingen Begrüßungsgeschenke zu überreichen.
    Der Tee, den Betty um die halbe Welt gebracht hatte, war ihr seit Kalkutta mit seinem Ruf vorausgeeilt, die kostbaren Blätter
aus dem Garten der schlafenden Prinzessin galten bereits als Legende.
    Auf einer Versteigerung in London sollte eine Halbpfundschachtel aus dem Besitz von Mister Tiliri die Rekordsumme von viertausend Pfund erlöst haben. Wie man hörte, war die Ware an den Hof der Königin Viktoria gegangen, und ihre Majestät hatte sich bereits erkundigt, was es mit dem Tee auf sich habe.
    »Hast du das geahnt?«
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