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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Transaktionsvolumen kleinen Gewinnmargen sind Kreditkontrakte von der Wechselkursunsicherheit besonders betroffen. Vergab der Gläubiger einen Kredit in heimischer Währung, lag das Risiko der Rückzahlung beim Schuldner. Viele Schuldner in Osteuropa, die vor Jahren Kredite in Euro oder Schweizer Franken aufgenommen hatten, leiden heute darunter, dass ihre Währungen abgewertet haben und sie den Schuldendienst kaum noch leisten können. So war es früher auch zwischen den westeuropäischen Ländern. Und wenn die Kredite in fremder Währung vergeben wurden, dann wusste der Gläubiger nicht, worauf er sich einließ. So oder so wurden die internationalen Kreditverhältnisse behindert.
    Die Beseitigung dieser Art von Unsicherheit hat, wie in Kapitel 2 ausführlich erörtert wird, einen sehr viel stärkeren Einfluss auf das Geschehen in der Eurozone gehabt als die Beseitigung der Unsicherheit beim Warenhandel, denn sie führte zu einer dramatischen Konvergenz der Zinsen für Kredite, die in jeweils heimischer Währung aufgenommen wurden. Vor dem Euro wollten die Anleger aus anderen Ländern hohe Risikoaufschläge im Zins, um für den Fall einer Abwertung der Anlagewährung während der Laufzeit kompensiert zu werden. Schon nach der Ankündigung des Euro verschwanden diese Aufschläge und leiteten damit eine Divergenz in der europäischen Wirtschaftsentwicklung ein, die die heutige Krise maßgeblich erklärt.
    Obwohl Europa von ähnlichen Währungsschwankungen verschont geblieben war, wie sie zwischen dem Dollar und der D-Mark stattgefunden hatten, litten die Kapitalmärkte doch auch immer wieder unter Wechselkursanpassungen einzelner Länder. So hat Italien seineLira in der Nachkriegszeit fünfmal abgewertet, Spanien seine Peseta siebenmal und selbst Frankreich seinen Franc ebenfalls siebenmal,  30 bis es sich unter seinem Zentralbankchef Trichet im Jahr 1993 zu einer » Francfort « -Politik verpflichtete, was » starker Franken « heißt, aber eine offensichtliche Anspielung auf den Sitz der Bundesbank war. Die Francfort-Politik war eine Anti-Inflationspolitik mit dem Ziel, die Abwertungen des französischen Franc im Vergleich zur D-Mark zu vermeiden.  31

2 Die deutsche Eurokrise
    Eurogewinner Deutschland? — Die deutsche Standortkrise — Massenarbeitslosigkeit in Deutschland — Die Agenda 2010 — Bauboom im Heimathafen — Der europäische Tango: Fehlinterpretation der Leistungsbilanzsalden

DIE DEUTSCHE STANDORTKRISE
    Die ersten Jahre des Euro waren für Deutschland extrem schwierig, weil ein immer größerer Teil seiner Ersparnisse ins Ausland floss. Deutschland wurde zum weltweit größten Kapitalexporteur hinter China und hatte seine Standortdebatte, die von Hans-Olaf Henkel,dem Sachverständigenrat und anderen geführt wurde.  10 Auch das ifo Institut hat sich daran in den Jahren 2002 und 2003 mit Vorschlägen zur aktivierenden Sozialhilfe und dem Buch Ist Deutschland noch zu retten? beteiligt.  11 Dass die Löhne der deutschen Industriearbeiter damals die höchsten der Welt waren, passte nicht mehr zur wachsenden Standortkonkurrenz, die die Globalisierung, der Fall des Eisernen Vorhangs, die Osterweiterung der EU und nicht zuletzt die Einführung des Euro bedeutet hatten. Der Euro legte die fehlende Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Arbeitnehmer schonungslos offen und erhöhte den Wettbewerbsdruck, dem sie ausgesetzt waren, weil er Transparenz bei den Preisen und Löhnen schuf, vor allem aber, weil er die Wechselkursunsicherheit beseitigte, die die Unternehmen bislang noch daran gehindert hatte, die Lohnkostenvorteile durch Standortverlagerungen auszunutzen. Die Behinderung des freien Kapitalverkehrs durch die Wechselkursunsicherheit abzuschaffen, war ja, wie im ersten Kapitel erläutert wurde, eines der treibenden politischen Motive für die Einführung des Euro. Nach der Einführung des Euro trauten sich die Unternehmen mit ihren Investitionen viel eher in die Niedriglohnländer der Eurozone, und mit ihnen wanderten auch mehr und mehr deutsche Ersparnisse ins Ausland, weil die deutschen Banken und Versicherungen ausländische Finanzanlagen, von denen sie vorher die Finger gelassen hatten, als attraktive Alternativen zu einem Verleih der Mittel in Deutschland ansahen.
    Deutschland war in dieser Situation zu lohnsenkenden Reformen gezwungen, um zu verhindern, dass die Industrie Schaden nehmen würde und das Land sich zu einer Basarökonomie entwickelte, die unter Verlust von Arbeitsplätzen in den
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