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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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übersieht, dass Europa in einer inneren Zahlungsbilanzkrise steckt, die der Krise des nach dem Gründungsort Bretton Woods benannten Festkurssystems der Nachkriegszeit sehr ähnlich ist.
    Ich werde mich auch nicht scheuen, die Rechtsverstöße, aus denen die angebliche Rettungspolitik und letztlich auch die Misere der Südländer entstanden ist, zu kritisieren. Die Schuldenschranken und das Beistandsverbot, wie es im Maastrichter Vertrag dargelegt ist, wurden von der Politik missachtet, und dennoch behauptet diePolitik, damit werde das europäische Gebäude stabilisiert. Es fällt mir schwer zu sehen, wie aus dieser Rechtsbeugung das neue Europa entstehen kann. Ohne Recht und Vertragstreue wird Europa nie zusammenfinden.
    München, August 2012
    Hans-Werner Sinn

1 Wunsch und Wirklichkeit
    Euro-Dynamik — Der Euro und der Frieden — Die Vorteile des Euro für den Handel und den Kapitalverkehr — Der Weg zur Währungsunion — Der Preis der Einheit — Transfer- und Schuldenunion

EURO-DYNAMIK
    Wenn man die Wirkungen des Euro beurteilen will, muss man sich fragen, was Europas Politiker von ihm erwartet haben und was der Bevölkerung verkündet wurde. Das ist schon deshalb wichtig, weil auch heute wieder große Dinge verkündet werden, die Erwartungen wecken.
    Besonders große Erwartungen hatte man an die europäische Wirtschaft. Das wird durch kein Zitat so klar belegt wie durch die Schlusserklärung der Lissabon-Agenda vom März 2000:
    »Die Union hat sich heute ein neues strategisches Ziel für das kommende Jahrzehnt gesetzt: das Ziel, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.« 1
    Die Lissabon-Agenda war ein groß angelegtes Programm zur Förderung von Innovation und Wirtschaftswachstum, das als Komplementzum Euro gedacht war und seine Wirkung zeitgleich entfalten sollte. Man wollte mit einem großen Startschuss eine neue Aufbruchsstimmung in Europa erzeugen und dem Kontinent eine neue Blüte verschaffen. Der Euro war ein Jahr zuvor als Verrechnungseinheit für die Banken eingeführt worden, und für das Jahr 2002 stand die physische Einführung an. Mit der Lissabon-Agenda und dem Euro schienen alle Zeichen auf Wachstum und neue Prosperität gestellt zu sein.
    Zum Optimismus trug auch der Konjunkturaufschwung bei, der die Welt und Europa erfasst hatte. Die Länder, die heute zur EU gehören, wuchsen im Jahr 2000 um 3,9 %, was wesentlich mehr als das durchschnittliche Wachstum des vorangegangenen Jahrzehnts war, und die Arbeitslosenzahlen gingen zurück. Es gab allen Grund, an bessere Zeiten zu glauben. Die schöne neue Welt der gemeinsamen Währung würde dem alten Kontinent einen Elan verschaffen, wie man ihn zuletzt in der Nachkriegszeit gekannt hatte. Auch in Deutschland übertrafen sich die Optimisten. » Der Euro verhilft dem Alten Kontinent zu einer Frischzellenkur « , meinte McKinsey-Chef Herbert Henzler  2 , und Martin Hüfner, der Chefökonom der Hypo-Vereinsbank, sah Europa wegen seiner zunehmenden wirtschaftlichen Stärke als die » Macht von morgen « . 3 Solche und ähnliche Stellungnahmen gab es viele.
    Die Realität sah leider anders aus. Der Boom entpuppte sich als Internet-Blase, die schon im Jahr 2001 platzte, und Europa war in der Dekade, auf die sich die Agenda bezieht, nicht etwa die dynamischste Region, sondern die lahme Ente der Welt. Abbildung 1.1 zeigt das sehr deutlich. Von 2000 bis 2010 wuchs die Weltwirtschaft insgesamt um 43 %, doch die EU lag mit einem Wachstum von nur 16 % ganz am Ende der Großregionen der Welt, knapp hinter den USA, und dies auch nur, weil die rasch wachsenden osteuropäischen Länder mitgezählt wurden, die noch viel aufzuholen hatten. Osteuropa, inklusive der ex-kommunistischen Länder Mitteleuropas, wuchs für sich genommen sogar um 45 %. Die heutigen Mitgliedsländer der Eurozone wuchsen aber nur um 12 % und standen weit abgeschlagen am Ende der Wachstumsskala der Welt. China war in der Vergleichsstatistik Spitzenreiter mit 171 % Wachstum, und selbst Subsahara-Afrika wuchs um 75 %. Lateinamerika wuchs um 39 %. Selten lagen Wunsch und Wirklichkeit so weit auseinander, wie es in Europa unter dem Euro der Fall war.
    Das Wachstum war nicht etwa deshalb so niedrig, weil die heutigen Krisenländer nicht vom Fleck ka
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