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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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men. Das Gegenteil war der Fall. Die jetzigen Krisenländer wuch sen, wie im nächsten Kapitel diskutiert wird, recht stürmisch, aber Deutschland, Europas größtes Land, kam in die Flaute. Im gewichteten Durchschnitt ergab sich dadurch das mick rige Wachstum, das in der Abbildung dargestellt ist.
    Und es kam noch schlimmer, als die Finanzkrise im Jahr 2007 zunächst die USA ergriff und dann im folgenden Jahr mit voller Wucht nach Europa herü berschwappte. Während sich Deutschland nach der Krise rasch erholte, kamen viele Länder derEurozone ernsthaft ins Straucheln. Der Süden Europas steckt heute in einer tief greifenden Wirtschaftskrise. In Spanien ist insgesamt jeder Vierte arbeitslos und bei den Jungen gar jeder Zweite. In Griechenland ist die Situation ähnlich. Die griechische Wirtschaft befindet sich im freien Fall. Im Jahr 2011 schrumpfte das Land um 7 %, und für das Jahr 2012 wird eine Schrumpfung um 5 % erwartet. Italien, Portugal und Frankreich zittern. Viele Euroländer stecken in einer wirtschaftlichen Rezession oder gar Depression. Im Jahr 2011 stieg die Wirtschaftsleistung der Eurozone ohne Deutschland, Österreich und die Niederlande nur um 0,8 %, und für 2012 erwartet die EU-Kommission für diese Teilmenge der Eurozone eine Schrumpfung von 0,7 %. Selbst Frankreich bekommt seine Arbeitslosigkeit nicht in den Griff. Die französische Arbeitslosenquote ist derzeit doppelt so hoch wie die deutsche.
    Abbildung 1.1:
Wachstumsraten in ausgewählten Ländern und Regionen (2000–2011)

    * Wachstum 2000 – 2010.
    ** Inklusive der ehemals kommunistischen Gebiete Mitteleuropas.
    Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook , April 2012; Berechnungen des ifo Instituts.
    Aus manchen der genannten Länder fliehen die Anleger in hellen Scharen. Allein aus Italien und Spanien sind von der Jahresmitte 2011 bis zur Jahresmitte 2012 etwa 640 Milliarden Euro an liquiden Geldern abgeflossen.
    Um die Katastrophe einzudämmen, wurden riesige Rettungspakete geschnürt, aber sie helfen wenig. Die Krise geht immer weiter und verschärft sich noch. Mit den Wunschbildern der Lissabon-Agenda hat das alles sehr wenig zu tun. Einiges ist offenbar schiefgelaufen in Europa.

DIE VORTEILE DES EURO FÜR DEN HANDEL UND DEN KAPITALVERKEHR
    Das alles heißt nun nicht, dass Deutschland den Euro heute ohne Weiteres aufgeben sollte, denn was geschehen ist, ist geschehen. Man kann aus vielen Zutaten einen Kuchen backen, aber man kann aus dem Kuchen die Zutaten nicht wieder zurückgewinnen, jedenfalls nicht auf einfache Weise. Die Finanzsysteme der Eurozone sind so stark miteinander verwoben, dass eine Rückrechnung der Schuldkontrakte auf alte Währungen nicht einfach ist. Außerdem hat der Euro so viel Symbolkraft für die weitere politische Integration des Kontinents, dass man nur hoffen kann, dass man ihn zu vernünftigen Bedingungen wird erhalten können. Das Diktum der Kanzlerin » Wenn der Euro scheitert, scheitert Europa « ist zwar maßlos übertrieben, doch ein Körnchen Wahrheit steckt selbst in dieser Aussage. Der Euro ist aus ökonomischer Sicht nur ein Verrechnungssystem für den Austausch von Waren. Aber politisch steht er für eine ambitionierte Phase der historischen Entwicklung in Europa, die hoffentlich noch ein gutes Ende finden wird.
    Reformen und eine Adjustierung des Euroraumes an seinen Rändern, eine Konzentration auf die Länder, die innerhalb des Eurosystems funktionsfähig sind, könnten aber trotz aller Schwierigkeiten nötig werden. Warum das so ist und wie solch eine Reform aussehen könnte, die insbesondere auch für temporär austretende Länder attraktiv sein könnte, wird in den Kapiteln 4 und 12 diskutiert werden.
    Damit soll aber der Euro nicht zur Disposition gestellt, sondern gerettet werden. Der Euro hat ja tatsächlich Vorteile allgemeiner Art, von denen alle Länder profitieren. Insofern hatte Helmut Kohl schon recht, und deshalb stellt dieses Buch auch den Verbleib Deutschlands in der Eurozone nicht grundsätzlich infrage, so schonungslos die Bestandsaufnahme auch ausfällt. Die Kritik an den Details liefert die Basis für Reformvorschläge, die den europäischen Gedanken stärken und mithelfen sollen, Kohls Ziele zu erreichen.
    Offenkundig positiv ist die Senkung der Geldwechselkosten, die jeder Tourist als Vorteil sofort verspürt. Früher verloren die im Handel stehenden Parteien bei einem Export-Import-Geschäft im Wert von 1.000 D-Mark etwa 15 D-Mark.
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