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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Autoren: Hans-Werner Sinn
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Geschäftsleute, die viel reisten, hatten ein Dutzend Geldbörsen oder mehr, um die verschiedenen Bargeldreste bis zur nächsten Reise aufzubewahren, und auch als Tourist erinnert man sich an die ausländischen Münzen und Banknoten, von denen man nicht wusste, was man mit ihnen anfangen sollte. Diese Behinderung des freien Austauschs zwischen den Ländern hat der Euro zum Glück überwunden.
    Wichtiger noch ist freilich der Vorteil, dass mit dem Euro die Wechselkursunsicherheit verschwunden ist. Das ständige Auf und Ab der Kurse hatte in der Vor-Euro-Zeit den Handel in Europa immer wieder behindert. Wenn eine Ware mit Lieferfrist verkauft wurde, wussten die Kontraktpartner gar nicht, welchen Preis sie wirklich vereinbart hatten. Wenn man die Währung des Lieferanten als Basis nahm, war der Käufer einem Lotteriespiel ausgesetzt, und wenn in der Währung des Käufers fakturiert wurde, wusste der Verkäufer nicht, was er bekam. Beide konnten sich gegen das Wechselkursrisiko absichern, aber das war teuer und belastete den Warenaustausch.
    Der Euro hat die realen Geschäfte und die Finanzgeschäfte der Euroländer vor den Turbulenzen der flexiblen Wechselkurse geschützt. Bei allem, was man heutzutage Kritisches zum Euro sagen kann: Diese Vorteile sollte man nicht gering schätzen. Die Achterbahnfahrt zwischen Dollar und D-Mark, die nach dem Ende des Bretton-Woods-Festkurssystems um das Jahr 1970 stattfand, blieb dem Euroraum erspart.
    Von 1970 bis 1980 fiel der Wert eines US-Dollar von 4 D-Mark auf nur noch etwa 1,70 D-Mark, dann stieg er bis 1985 wieder auf einen Spitzenwert von etwa 3,50 D-Mark, nur um bis zum Jahr 1995 erneut auf etwa 1,40 D-Mark zu fallen. Im Rhythmus von fünf bis zehn Jahren wurde damals versucht, die amerikanische Exportindustrie an- und wieder auszuknipsen, was ihr bekanntlich nicht gut bekommen ist. Ein Teil der Verschuldungsprobleme der USA und der Ungleichgewichte auf den Kapitalmärkten der Welt kann darauf zurückgeführt werden, dass die USA eines Teils ihrer Exportindustrien verlustig gingen. Der Weltwirtschaft hat das Auf und Ab bestimmt nicht gutgetan.
    Wie stark das Argument der Wechselkursunsicherheit ist, ist freilich debattierbar. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf den abnehmenden Anteil des deutschen Exports in den Euroraum hingewiesen, der in Abbildung 1.2 dargestellt ist. Man sieht, dass 1995, als der Euro verbindlich angekündigt wurde, knapp 47 % der deutschen Warenexporte in die Länder gingen, die heute zum Euroraum gehören, dass aber dieser Anteil im Laufe der Zeit immer weiter fiel und inzwischen unter 40 % liegt. Es hat also nach der Einführung des Euro eine relative Entkoppelung der deutschen Wirtschaft vom Rest der Eurozone stattgefunden.
    Abbildung 1.2: Der Eurozonen-Exportanteil Deutschlands* (1995–2011)

    * Deutscher Warenexport in die Länder, die 2011 zum Euro gehörten.
    Quelle: Statistisches Bundesamt, GENESIS-Online , Tabelle Außenhandel.
    Die Erklärung für dieses Phänomen ist aber nicht, dass die anderen Euroländer nun ihr Interesse an deutschen Waren verloren hätten. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Von 1995 bis 2011 ist der Anteil des BIP, den diese Länder für den Import deutscher Waren ausgaben, sogar noch von 50 % auf 57 % gestiegen, was für einen positiven Effekt des Euro auf den innereuropäischen Handel spricht. Der in der Abbildung gezeigte Abwärtstrend kann deshalb seine Ursache nur in der dynamischen Wirtschaftsentwicklung der anderen Großregionen der Erde haben, die in Abbildung 1.1 aufgezeigt wurde. Da der deutsche Export weltweit breit verteilt ist, profitiert er sehr von der Dynamik der Welt und entwickelt sich somit zwangsläufig schneller dorthin als in die insgesamt langsam wachsende Eurozone.
    Außerdem weiß man natürlich nicht, wie sich der innereuropäische Handel entwickelt hätte, wenn es den Euro nicht gegeben hätte. Auch insofern muss man sich vor einem vorschnellen Urteil hüten. Auch ohne den Euro hätte allein schon der EU-Binnenmarkt für einen florierenden Handel in Europa gesorgt. Der Freihandel ist der eigentliche Motor der Integration und Arbeitsteilung in Europa. Wie viel der Schutz vor Wechselkursschwankungen zusätzlich beiträgt, ist unklar.
    Mit Währungsturbulenzen sind freilich noch mehr schädliche Effekte verbunden als nur die Unterminierung des Güterhandels. Vor allem der freie Kapitalverkehr wird dadurch gestört, denn angesichts ihrer langen Fristen und der im Verhältnis zum
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