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Die Tagebücher (German Edition)

Die Tagebücher (German Edition)

Titel: Die Tagebücher (German Edition)
Autoren: Richard Burton
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südwalisischen Bergwerksgemeinde. Es gab einen Pub (Miner’s Arms), einen Genossenschaftsladen, eine Grundschule, eine anglikanische Kirche (St. John’s) und zwei nicht-anglikanische Kirchen. Die Jenkins-Familie ging in die Bethel Welsh Baptist Church. In Burtons Familie wurde zu Hause Walisisch gesprochen, alle bis auf die jüngsten Kinder beherrschten jedoch auch fließend Englisch.
    1925 hatte der südwalisische Kohlebergbau seine besten Tage hinter sich. Die Kohle des Reviers war immer hochwertig, aber auch, hauptsächlich aufgrund geologischer Faktoren, teuer gewesen. Viele ihrer bevorzugten Exportmärkte waren im Ersten Weltkrieg verloren gegangen oder wurden nun von Konkurrenten bedroht, die zu günstigeren Preisen liefern konnten. Langwährende strukturelle Schwierigkeiten wurden 1925 durch die Rückkehr zum Goldstandard verschärft, was den Export verteuerte, durch die Deutschland eingeräumte Vergünstigung, seine Reparationen gemäß dem Versailler Vertrag zum Teil in Form von Kohle abzugelten, sowie durch eine Reihe von Streiks, darunter eine dreimonatige Arbeitsniederlegung 1921. Eine große Auseinandersetzung wurde 1925 mit knapper Not vertagt, doch erschien eine letzte Machtprobe zwischen den notorisch unnachgiebigen Arbeitgebern der Kohleindustrie und den ebenso widerborstigen Gewerkschaften unausweichlich.
    Die Krise des Kohlebergbaus hatte für Familie Jenkins nachhaltige Folgen, denn nicht nur Richard senior arbeitete unter Tage, auch seine Söhne Tom, Ivor, Will, David und Verdun waren Bergleute geworden. 1926, das Jahr nach Richards Geburt, erwies sich für die Kohleindustrie als traumatisch. Ein siebenmonatiger Streik hatte verheerende Auswirkungen auf das südwalisische Kohlerevier und stürzte viele Familien in Elend und Schulden. Die Zeche von Richard Jenkins senior wurde genau wie die meisten anderen in unmittelbarer Nachbarschaft geschlossen, sodass er gezwungen war, eine Reihe von Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.
    Doch so groß das Elend im Kohlerevier auch war, im Jahr 1927 ereilte Familie Jenkins ein noch schlimmeres Unheil. Am 25. Oktober gebar Richards Mutter Edith ihr dreizehntes Kind, Graham. Sechs Tage später erlag sie im Alter von 44 einer Sepsis.
    An der Reaktion der Jenkins-Familie auf diesen Schicksalsschlag offenbarten sich sowohl ihre Stärken wie ihre Schwächen. Richard senior – von jeher ein schwerer Trinker und Spieler, der seine Ausgaben nicht im Griffhatte – fehlte offenbar das nötige Verantwortungsgefühl. Zum Glück galt das nicht für seine älteren Kinder, und so kam der neugeborene Graham ein paar Kilometer entfernt bei Bruder Tom und dessen Frau Cassie in Cwmafan in Pflege. Der zweijährige Richard wurde noch weiter fortgeschickt: nach Taibach, ein Bezirk von Port Talbot an der Küste, wo er bei Schwester Cecilia (»Cis« oder »Cissie«) und ihrem Ehemann Elfed James unterkam.
    Cis war 20 Jahre älter als ihr Bruder. Sie war alt genug, um seine Mutter zu sein und übernahm diese Rolle in vieler Hinsicht. Sie und Elfed waren beim Tod Ediths erst seit vier Monaten verheiratet und lebten in einem Reihenhaus in der Caradog Street in Taibach. Elfed James war, wie so viele andere, Bergmann und fuhr täglich in die Zeche Goitre gleich nördlich von Taibach ein. Er und Cis hatten sich in der (kongregationalistischen) Gemeinde der Gibeon Welsh Independent Chapel kennengelernt, wo Elfeds Vater Diakon war. Elfed war zwar des Walisischen mächtig, fühlte sich aber anscheinend im Englischen am wohlsten, und so sprach man im James-Haushalt wie im Großteil von Taibach und Port Talbot Englisch. Ein Jahr, nachdem sie Richard zu sich genommen hatte, kam im November 1928 Marian zur Welt, Cis’ und Elfeds erstes eigenes Kind. Eine zweite Tochter, Rhianon, folgte im Dezember 1931.
    Im Alter von fünf kam Richard auf die Eastern Primary School, mit acht wechselte er auf die Eastern Boys’ School. Er war ein begabter, wenn nicht herausragender Schüler mit einem starken Interesse an Sport (besonders Rugby) und Büchern. Er nutzte ausgiebig die örtliche Leihbibliothek an der Station Road. Richards Neigungen wurden von Meredith Jones, einer seiner Lehrerinnen an der Boys’ School, gefördert, und im Juni 1937 bestand er die Prüfung für ein Stipendium an der Port Talbot Secondary School, eine von zwei Oberschulen der Stadt. Das war eine beachtliche Leistung: Die meisten Jungen besonders aus der Arbeiterklasse, wie Richard es eindeutig war, gingen diesen Schritt nicht,
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