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Die Suessen Kleinen

Die Suessen Kleinen

Titel: Die Suessen Kleinen
Autoren: Ephraim Kishon
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Frau Popper kein Telefon besitzt, lässt sich eine einmal getroffene Vereinbarung nicht mehr rückgängig machen.
    »Übermorgen?« fragte Frau Popper. »Um acht?«
    »Übermorgen ist Mittwoch«, murmelte ich. »Ja, das passt uns sehr gut. Vielleicht gehen wir ins Kino …«
    Der Mensch denkt, und Gott ist dagegen. Mittwoch um sieben Uhr abends begann mein Rücken zu schmerzen. Ein plötzlicher Schweißausbruch warf mich aufs Lager. Kein Zweifel: Ich fieberte. Die beste Ehefrau von allen beugte sich besorgt über mich.
    »Steh auf«, sagte sie und schnippte ungeduldig mit den Fingern. »Die Popper kann jeden Moment hier sein.«
    »Ich kann nicht. Ich bin krank.«
    »Sei nicht so wehleidig, ich bitte dich. Oder willst du riskieren, dass sie uns noch zu Hause trifft und fragt, warum wir sie für nichts und wieder nichts den weiten Weg aus Tel Giborim machen lassen? Komm. Steh auf.«
    »Mir ist schlecht.«
    »Mir auch. Nimm ein Aspirin und komm!«
    Die Schweizer Präzisionsmaschine, die sich unter dem Namen Popper in Israel niedergelassen hat, erschien pünktlich um acht, schwer atmend.
    »Schalom«, zischte sie. »Schon wieder kein…«
    In panischer Hast kleidete ich mich an. Wäre sie mit einem Scherut gekommen, dann hätte man sie vielleicht umstimmen können. So aber, nach einer langen Fahrt im qualvoll heißen Omnibus und einem vermutlich noch längeren Fußmarsch, erstickte ihre bloße Erscheinung jeden Widerstand im Keim. Wir verließen das Haus, so schnell mich meine vom Fieber geschwächten Beine trugen. Draußen musste ich mich sofort an eine Mauer lehnen. Kaum hatte ich den Schwindelanfall überwunden, packte mich ein Schüttelfrost. An den geplanten Kinobesuch war nicht zu denken. Mit Mühe schleppte ich mich am Arm meiner Frau zu unserem Wagen und kroch hinein, um mich ein wenig auszustrecken. Ich bin von eher hohem Wuchs, und unser Wagen ist eher klein.
    »O Herr!«, stöhnte ich. »Warum, o Herr, muss ich mich hier zusammenkrümmen, statt zu Hause im Bett zu liegen?«
    Aber der Herr gab keine Antwort.
    Mein Zustand verschlimmerte sich von Viertelstunde zu Viertelstunde. Ich glaubte, in dem engen, vom langen Parken in der Sonne noch glühendheißen Wagen ersticken zu müssen. Auch die einbrechende Dunkelheit brachte mir keine Linderung.
    »Lass mich heimgehen, Weib«, flüsterte ich.
    »Jetzt?« Unheilverkündend klang die Stimme der besten Ehefrau von allen durch das Dunkel. »Nach knappen eineinhalb Stunden? Glaubst du, Regine Popper kommt wegen eineinhalb Stunden eigens aus Tel Giborim?«
    »Ich glaube gar nichts. Ich will nicht sterben für Regine Popper. Ich bin noch jung, und das Leben ist schön. Ich will leben. Ich gehe nach Hause.«
    »Warte noch zwanzig Minuten. Oder wenigstens dreißig.«
    »Nein. Nicht einmal eine halbe Stunde. Ich bin am Ende. Ich gehe.«
    »Weißt du was?« Knapp vor dem Haustor fing sie mich ab. »Wir schlüpfen heimlich ins Haus, so dass sie uns nicht hört, setzen uns still ins Schlafzimmer und warten …«
    Das klang halbwegs vernünftig. Ich stimmte zu. Behutsam öffneten wir die Haustür und schlichen uns ein. Aus meinem Arbeitszimmer drang ein Lichtstrahl. Dort also hatte Frau Popper sich eingenistet. Interessant. Wir setzten unseren Weg auf Zehenspitzen fort, wobei uns die Kenntnis des Terrains sehr zustatten kam. Aber kurz vor dem Ziel verriet uns ein Knarren der Holzdiele.
    »Wer ist da?«, röhrte es aus dem Arbeitszimmer.
    »Wir sind’s!« Rasch knipste meine Frau das Licht an und schob mich durch die Tür. »Ephraim hat das Geschenk vergessen.«
    Welches Geschenk? Wie kam sie darauf? Was meinte sie damit? Aber da war, mit einem giftigen Seitenblick nach mir, die beste Ehefrau von allen schon an das nächste Bücherregal herangetreten und entnahm ihm die »Geschichte des englischen Theaters seit Shakespeare«, einen schweren Band im Lexikonformat, den sie mir sofort in die zittrigen Arme legte. Dann, nachdem wir uns bei Frau Popper für die Störung entschuldigt hatten, gingen wir wieder.
    Draußen brach ich endgültig zusammen. Von meiner Stirn rann in unregelmäßigen Bächen der Schweiß, und vor meinen Augen sah ich zum ersten Mal im Leben kleine rote Punkte flimmern. Bisher hatte ich das immer für ein billiges Klischee gehalten, aber es gibt sie wirklich, die kleinen roten Punkte. Und sie flimmern wirklich vor den Augen. Besonders wenn man unter einem Haustor sitzt und weint.
    Die beste Ehefrau von allen legte mir ihre kühlenden Hände auf die
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