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Die Suessen Kleinen

Die Suessen Kleinen

Titel: Die Suessen Kleinen
Autoren: Ephraim Kishon
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nassen Straßenpflaster kniete.
    Der Portier machte bei meinem Anblick schon von weitem die arrogante Gebärde des halben Kopfschüttelns.
    Mit gewaltigem Anlauf warf ich mich gegen das Gittertor, das krachend aufsprang, rollte auf die Milchglastür zu, kam hoch, hörte das Monstrum hinter mir brüllen … brüll du nur, du Schandfleck des Jahrhunderts … wer mich jetzt aufzuhalten versucht, ist selbst an seinem Untergang schuld …
    »Doktor! Doktor!« Meine Stimme hallte schaurig durch die nachtdunklen Korridore. Und da kam auch schon der Arzt herangerast.
    »Wenn ich Sie noch einmal hier sehe, lasse ich Sie von der Feuerwehr retten! Sie sollten sich schämen! Nehmen Sie ein Beruhigungsmittel, wenn Sie hysterisch sind!«
    Hysterisch? Ich hysterisch? Der Kerl soll seinem guten Stern danken, dass ich mein Taschenmesser kurz nach der Bar-Mizwa verloren habe, sonst würde ich ihm jetzt die Kehle aufschlitzen. Und so etwas nennt sich Arzt. Ein Wegelagerer in weißem Kittel. Ein getarnter Mörder, nichts anderes. Ich werde an die Regierung einen Brief schreiben, den sie sich hinter den Spiegel stecken wird. Und von dieser Bank bei der Portiersloge weiche ich keinen Zoll, ehe man mir nicht mein Kind ausliefert. Hat jemand von den Herren vielleicht eine Zigarette? Beim Portier kann ich keine mehr kaufen, er verfällt in nervöse Zuckungen, wenn er mich nur sieht. Na wennschon! Natürlich bin ich aufgeregt. Wer wäre das in meiner Lage nicht. Schließlich ist heute der Geburtstag meines Sohnes. Auch wenn die Halle sich noch so rasend dreht und das Summen in meinem Hinterkopf nicht und nicht aufhören will …
    Es geht auf Mitternacht und noch immer nichts. Wie glücklich ist doch meine Frau, dass ihr diese Aufregung erspart bleibt. Guter Gott – und jetzt haben sie womöglich entdeckt, dass sie gar nicht schwanger ist, sondern nur einen aufgeblähten Magen hat vom vielen Popcorn. Diese Schwindler. Nein, Rafael wird nicht die Diplomatenlaufbahn ergreifen. Das Mädel soll Kindergärtnerin werden. Oder ich schicke die beiden in einen Kibbuz. Mein Sohn wird für meine Sünden büßen, ich sehe es kommen. Ich würde ja selbst in einen Kibbuz gehen, um das zu verhindern, aber ich habe keine Zigaretten mehr. Bitte um eine Zigarette, meine Herren, eine letzte Zigarette.
    Es ist vorüber. Etwas Fürchterliches ist geschehen. Ich spüre es. Mein Instinkt hat mich noch nie betrogen. Das Ende ist da …
    Auf allen vieren schleppte ich mich zur Portiersloge. Ich brachte kein Wort hervor. Ich sah meinen Feind aus flehentlich aufgerissenen Augen an.
    »Ja«, sagte er. »Ein Junge.«
    »Was?«, sagte ich. »Wo?«
    »Ein Junge«, sagte er. »Dreieinhalb Kilo.«
    »Wieso?«, sagte ich. »Wozu?«
    »Hören Sie«, sagte er. »Heißen Sie Ephraim Kishon?«
    »Einen Augenblick«, sagte ich. »Ich weiß es nicht genau.«
    Ich zog meinen Personalausweis heraus und sah nach. Tatsächlich: Es sprach alles dafür, dass ich Ephraim Kishon hieß.
    »Bitte?«, sagte ich. »Was kann ich für Sie tun, gnädige Frau?«
    »Sie haben einen Sohn!«, röhrte der Portier. »Dreieinhalb Kilo! Einen Sohn! Verstehen Sie? Einen Sohn von dreieinhalb Kilo …«
    Ich schlang meine Arme um ihn und versuchte sein überirdisch schönes Antlitz zu küssen. Der Kampf dauerte eine Weile und endete unentschieden. Dann entrang sich meiner Kehle ein fistelndes Stöhnen. Ich stürzte hinaus.
    Natürlich kein Mensch auf der Straße. Gerade jetzt, wo man jemanden brauchen würde, ist niemand da.
    Wer hätte gedacht, dass ein Mann meines Alters noch Purzelbäume schlagen kann.
    Ein Polizist erschien und warnte mich vor einer Fortsetzung der nächtlichen Ruhestörung. Rasch umarmte ich ihn und küsste ihn auf beide Backen.
    »Dreieinhalb Kilo«, brüllte ich ihm ins Ohr. »Dreieinhalb Kilo!«
    »Maseltow!«, rief der Polizist. »Gratuliere!«
    Und er zeigte mir ein Foto seiner kleinen Tochter.

Kleine Beinchen, trippel-trapp
    Eines Abends besuchte mich das Ehepaar Steiner, zwei nette Leute mittleren Alters. Herr Steiner ist ein ruhiger, bescheidener Mann mit guten Manieren, Frau Steiner ist ein wenig schüchtern und hält sich gern im Hintergrund, zumal wenn dieser mit der Küche identisch ist. Kurzum, ein Paar, dem man sein stilles Lebensglück schon von weitem ansieht.
    »Es ist wahr«, ließ sich Herr Steiner vernehmen, nachdem wir uns gemütlich niedergelassen hatten. »Wir dürfen zufrieden sein, meine Frau und ich. Wir erfreuen uns bester Gesundheit, sind einander herzlich
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