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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
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doch der Vorfall verschärfte die Lage nachhaltig – denn letztlich liefes in dem Streit darauf hinaus, wer die Herrschaft über die Stadt hatte.
    Bürger und Rat wünschten sich eine weltliche Oberhoheit, der Erzbischof eine kirchliche. Wesentlich für die ausgeübte Macht war die Gerichtsbarkeit. Derzeit hatte noch immer der Erzbischof das Hohe Gericht mit seinen Schöffen unter sich und erpresste damit die Bürgerschaft.
    Baumeister Bertholfs Miene drückte Besorgnis aus, als er seine Tochter betrachtete.
    »Mir wäre es in diesen unsicheren Zeiten lieber, wenn du bei uns bleiben würdest, Almut. Da draußen am Eigelstein, in diesem ärmlichen Konvent, bist du doch nicht sicher!«
    »Ach, Herr Vater, so ärmlich geht es bei uns nicht zu, und letztlich ist man nirgendwo in der Stadt sicher, wie der Angriff am Severinstor gezeigt hat.«
    »Mh!«, brummte Conrad Bertholf. Das Severinstor lag in der Stadtmauer an der entgegengesetzten Seite vom Eigelstein und bedenklich nahe an seinem eigenen Haus. »Na gut. Braucht ihr irgendwas?«
    Almut lächelte ihn mit großer Freundlichkeit an. »Wenn Ihr eine Ladung Holz übrig hättet...«
    »Ich dachte, du lässt, wie alle vernünftigen Leute, deinen Bau im Winter ruhen.«
    »Natürlich, Herr Vater. Ich widme mich derzeit feinen Handarbeiten. Aber bei einem warmen Kaminfeuer sind die Finger geschmeidiger.«
    »Ah, natürlich. Ich werde dafür sorgen. Sag mir Bescheid, wenn du aufbrichst, ich begleite dich zurück. Es ist nicht gut für eine junge Frau, in der Dunkelheit durch die Straßen zu gehen. Die alte Anne ist kein Schutz für dich.«
    »Danke, Herr Vater. Ihr seid sehr gütig!«
    Er zog sich aus der Stube zurück, und Frau Barbara und Almut wandten sich von der politischen Lage den wesentlich drängenderen Haushaltsproblemen zu.
    »Wisst Ihr, Frau Barbara, wir leiden zwar keinen Mangel in unserem Konvent, aber wir haben mit einem scheußlichen Missstand zu kämpfen. Unsere Köchin ist krank, und Ihr glaubt gar nicht, wie wir ihr Wirken vermissen.«
    »O doch, liebe Almut, das weiß ich nur zu gut. Ich musste selbst vor zwei Wochen unsere Berte aus der Küche werfen. Grundgütige Maria, hat die uns in der letzten Zeit einen Fraß vorgesetzt! Es hat eine Weile gedauert, bis ich dahinter kam, dass es nichts mit den Lebensmitteln zu tun hatte, wie sie uns weismachen wollte. Im Gegenteil, die Qualität war noch immer erstaunlich gut. Aber dieses Weib hat schon in der Früh angefangen, tief in den Metkrug zu schauen. Im Laufe des Tages wurde sie dann so trunken, dass sie nur noch einen Schweinefraß zusammenbrauen konnte. Aber zum Glück habe ich vor wenigen Tagen eine neue Köchin gefunden. Sie stammt zwar nicht von hier, und ich bin mir nicht sicher, ob sie bleiben wird. Aber bei Tisch ist es eine Erleichterung, wieder schmackhaftes Essen in den Schüsseln vorzufinden!«
    »Wie wahr, Frau Barbara!«, seufzte Almut und befreite sich von den liebevoll ausgestreckten Krallen des Katers, der versuchte, ihr den grauen Schleier vom Kopf zu ziehen. »Wir haben unsere Apothekerin gebeten, die Küche mitzubetreuen, aber Elsas Arzneien schmecken schon grauenhaft, und ihre Grütze ist noch entsetzlicher. Mettel, unsere Pförtnerin, hat zwar etwas bessere Ergebnisse erzielt, aber sie muss natürlich weiterhinein Auge auf das Tor haben, und so gab es verkohltes Brot und angebrannte Würste. Clara, unsere Gelehrte, wusste wie immer viele gute Ratschläge, aber als sie den ersten Sack Mehl heben musste, brach sie stöhnend zusammen und jammerte, das vertrage ihre Gesundheit nicht. ›Du weißt doch, mein Rücken!‹«, machte Almut mit einem Grinsen die wehleidige Clara nach. »Rigmundis haben wir gar nicht erst gefragt, sie bekommt schon beim Rühren im Kessel einen verklärten Blick und hat dann wieder Visionen. Schließlich haben Ursula und ich die Sache in die Hand genommen. Na ja, essen kann man das, was wir fabrizieren, aber nach drei Tagen Grütze morgens, Grütze mittags und Grütze zur Vesper steht uns der Sinn doch nach etwas Abwechslung!«
    Frau Barbara lachte mitfühlend, und als ein kühler Luftzug durch den Raum ging, blickte sie auf und nickte der eintretenden Frau zu.
    »Oh, Almut, dies hier ist die Antwort auf unsere Gebete. Maria, unsere neue Köchin!«
    Eine etwa fünfzigjährige, untersetzte Person machte einen höflichen Knicks und stellte den beiden Frauen einen Korb mit Gebäck auf den Tisch. Etwas unzufrieden murrte sie: »Mandelbrötchen, frisch aus dem Ofen.
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