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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
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das auch noch mitten im kalten Winter und zu der Weihnachtszeit!
    Almut nahm einen Schluck von dem warmen Würzwein und schüttelte den Kopf.
    »Nein, Frau Barbara, wir leiden keinen Mangel. Unsere Meisterin hat Kaufmannsblut in den Adern, und sie wirtschaftet gut mit den Einnahmen aus den Stiftungen und unseren Arbeiten. Ich habe selbst einige Zeit ihre Aufzeichnungen geführt, als sie vor drei Monaten von diesem Dummkopf von Vizevogt eingekerkert worden ist. Selbst wenn manche Dinge teuer werden sollten, kommen wir zurecht. Außerdem habe ich gehört, vor zwei Tagen sei endlich ein Waffenstillstand vereinbart worden.«
    »Ja, die Gerüchte sind auch an meine Ohren gedrungen. Aber die Verhandlungen können sich hinziehen. Ich halte den Erzbischof Friedrich nicht für besonders weitsichtig in solchen Dingen. Er ist mit seinen achtundzwanzig Jahren einfach zu jung auf den Thron gekommen.«
    »Er ist genauso alt wie ich, Frau Barbara.«
    »Ja, wenn du in seiner Position wärst...!«
    Almut kicherte. »Was für eine Vorstellung – eine Erzbischöfin. Das ist genauso grotesk wie die Vorstellung, eine Frau würde zur Dombaumeisterin ernannt!«
    Beide lachten noch über diese verrückten Ideen, alsder Hausherr mit kräftigem Schritt zur Tür hineinpolterte. Conrad Bertholf war ein rüstiger Mann mit rötlichem Haar und wettergegerbtem Gesicht. Der Baumeister verbrachte viel Zeit bei seinen Gewerken und scheute sich nie, auch Hand mit anzulegen.
    »Nun, meine Tochter, es ist schön von dir, Frau Barbara zu besuchen. Ich sehe, ihr plaudert über vergnügliche Themen.«
    »Nicht so sehr vergnüglich, sieht man von einer kleinen Absurdität ab, die uns eben eingefallen ist. Wir sprachen über die Lage der Stadt in diesem leidigen Schöffenstreit, Herr Vater.«
    Conrad Bertholf starrte seine Tochter und sein Weib irritiert an und meinte dann: »Äh...«
    Dass Frauen sich über etwas anderes unterhalten könnten als die allfälligen Fragen von Haushalt, Putz und gesellschaftlichem Klatsch, erstaunte ihn immer wieder. Aber er fasste sich, als er sich den belustigten Gesichtern der beiden gegenübersah.
    »Eine leidige Sache, wohl wahr. Hätte der Erzbischof nicht im Herbst letzten Jahres den heimtückischen Angriff auf die Stadt geplant, hätte man sicher schon früher zu einer Einigung kommen können.«
    »Seine beiden Handlanger sind aber noch immer in Haft, nicht wahr?«
    Die verräterischen Kanoniker von Wevelinghoven und Kelz waren zum Glück kurz vor dem geplanten Anschlag gefangen genommen worden. Sie hatten aber, soweit Almut wusste, nicht preisgegeben, wer sie beauftragt hatte. Es war der Wendepunkt in der gesamten Auseinandersetzung, die zunächst nur wie eine begrenzte Krise ausgesehen hatte. Mit der Festsetzung der Geistlichen und dem missglückten Überfall aber begannder Krieg zwischen der Stadt Köln und den Anhängern des Erzbischofs, der nun schon seit über einem Jahr für Unannehmlichkeiten sorgte. Gelegentliche Überfälle und Brandschatzungen waren die Folgen. Vor den Stadtmauern hatten sich Heerlager von Söldnern gebildet, der Rhein war verpfählt und Deutz mehrfach niedergebrannt worden. Und wegen des Interdikts hätten auch eigentlich keine Messen mehr gelesen werden, keine Taufen, Hochzeiten und Beerdingungen stattfinden dürfen. Doch der Rat hatte die Geistlichen gebeten, nicht dem Erzbischof zu folgen, sondern unter seinem Schutz in der Stadt zu bleiben und weiter für ihre Gemeinden zu sorgen. Es hätte auch kein Handel mehr getrieben, keine Verträge und keine Bündnisse geschlossen, keine Sicherheiten und Gelöbnisse gegeben werden dürfen. Doch daran hielt sich niemand so genau. Nur die hohe Gerichtsbarkeit – der Vogt und die Schöffen – war mit Friedrich nach Bonn gezogen, und das war misslich, da Gewaltverbrecher nun nicht mehr ordentlich verfolgt und verurteilt werden konnten.
    »Von Wevelinghoven und Kelz sind noch im Kerker der Stadt, obwohl der Erzbischof mit Femegerichten gegen Kölner Bürger darauf reagiert hat.« Almuts Vater schnaubte verächtlich. »Er behauptet ja starrsinnig, die beiden hätten nicht in seinem Auftrag gehandelt.«
    Das üble Komplott war aufgedeckt worden, bevor der Anschlag durchgeführt werden konnte. Wie sich herausgestellt hatte, waren von den besagten zwei Kanonikern Vorbereitungen getroffen worden, um den Truppen des Erzbischofs mit einer heimtückischen List den Zugang zur Stadt zu ermöglichen. Es misslang, und es wurde nur geringer Schaden angerichtet,
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