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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod
Autoren: Andrea Schacht
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müssen.«
    Almut hatte sich vor gut vier Jahren, nachdem ihr betagter Gatte seiner Krankheit erlegen war, einem Beginen-Konvent angeschlossen, was ihr Vater, der Baumeister Conrad Bertholf, missbilligte. Er hätte seine verwitwete Tochter gerne wieder mit einem Berufskollegen verheiratet. Aber Almut, und das gestand er sich selber ein, war schon als Kind willensstark, manchmal sogar ausgesprochen widersetzlich gewesen, und insgeheim nötigte sie ihm damit einen gewissen Respekt ab. So waren denn seine Versuche, sie über seine zweite Frau zu einer Rückkehr in das weltliche Leben zu überreden, auch eher halbherzig.
    »Widernatürlich!«, murrte Frau Barbara. »Trotzdem widernatürlich, diese Vorliebe für graue Kittel und die einfachen weißen Gebände. Ihr seid doch keine Nonnen! «
    »Nein, Frau Barbara, gewiss nicht. Aber die Kleidung ist praktisch bei den Arbeiten, die wir verrichten, und sie flößt den Leuten Achtung ein.« Heimlich schmunzelte Almut über ihre Stiefmutter, deren gelegentliche Anfälle von Eitelkeit sie schon mal zu einem exzentrischen Aufputz verleiteten, wie etwa die doppelhörnige Haube, die sie heute unter ihrem gekräuselten Schleier trug.
    »Ach, was soll ich mit dir darüber disputieren. Du tust ja doch, was du willst, Almut.«
    »Richtig, Frau Barbara. Ganz so wie Ihr auch!«
    In tiefem gegenseitigen Verständnis sahen sich die
    beiden Frauen in der hereinbrechenden Dämmerung an. »Ich zünde die Kerzen an, denke ich. Es wird selbst
    zum Spinnen zu dunkel.«
    Frau Barbara stand vom Spinnrad auf und nahm zwei Kerzenhalter vom Tisch, um die Kerzen mit einem Span am Kamin anzuzünden. Das lebendige Licht erfüllte den Raum mit goldenem Schein, und der Teppich an der weiß gekalkten Wand glühte in seinen prächtigen Farben auf.
    »Mir scheint, meine Schwester hat Euch einen Besuch abgestattet!«, bemerkte Almut und wies auf den kunstvollen Wandbehang. »Ich meine mich erinnern zu können, dieses Werk bei seiner Erstehung gesehen zu haben.«
    »O ja, Aziza hat deinem Vater ihre Aufwartung vor einigen Tagen gemacht.« Frau Barbara kicherte leise in sich hinein. »Ich finde, sie ist eine anmutige und unterhaltsame junge Frau mit einem erlesenen Geschmack. Aber dein Vater wurde rot bis zu den Ohrenspitzen, als er sie bei mir sitzen sah, und fand außer einem heftigen Räuspern keine rechten Worte. Dabei habe ich es ihm nie zum Vorwurf gemacht, dass er sich in der Zeit nachdem Tod deiner Mutter der Gesellschaft einer Konkubine erfreut hat.«
    »Ich denke, er hält Frauen manchmal für recht mysteriöse Wesen. Wir sind eben nicht so einfach zu behandeln wie seine Steinmetze und Maurer. Er erwartet immer das Schlimmste und ist dann überrascht, wenn es nicht zu tränenreichen Ausbrüchen kommt.«
    »Aber er ist ein guter Mann, Almut. Wenn ich ehrlich sein soll, dann wünsche ich wirklich, du würdest dich wieder mit einem Gatten verbinden.«
    »Nicht jeder ist wie mein Vater – großherzig, gütig und einfach zu lenken. Warum soll ich mich unter die Munt eines Mannes stellen, der mir weniger Freiheiten erlaubt als die Regeln meines Konvents?«
    »Nun, da wäre noch die Frage der Zuneigung...«
    Ja, die wäre da noch, dachte Almut. Und ihr kam ein Mann in den Sinn, der ebenfalls großherzig und gütig, keinesfalls jedoch leicht zu lenken war. Für ihn empfand sie Zuneigung, nur... Sie schüttelte leicht den Kopf. Unerreichbar war er natürlich auch.
    Frau Barbara bemerkte diese Reaktion, war aber klug genug, das Thema zu wechseln: »Erzähl mir, Almut, wie ihr mit der Lage derzeit zurechtkommt. Leidet ihr irgendeinen Mangel?«
    Eine berechtigte Frage, denn seit dem vierten Dezember war Köln in Acht und Bann. Der Rat der Stadt hatte vor zwei Jahren den Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden beleidigt, worauf dieser mitsamt der ihm unterstehenden hohen Gerichtsbarkeit schmollend in Bonn Zuflucht genommen hatte. Kurz darauf hatte er bei Kaiser Karl IV. mit seiner Klage gegen den Rat Erfolg gehabt, und so war Köln zunächst in die Reichsacht genommen worden. Seit diesem Monat nun war die Stadt auchnoch aller Privilegien verlustig erklärt worden. Hatten die Bürger die Acht noch weitgehend ignorieren können und das Wirtschaftsleben unverdrossen weitergeführt, so war die Situation jetzt doch etwas angespannt. Die auswärtigen Handelspartner hielten sich merklich zurück, und es stand zu befürchten, dass so manche Güter und Waren in den nächsten Wochen bedenklich knapp werden könnten. Und
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