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Die Suche nach dem Wind

Die Suche nach dem Wind

Titel: Die Suche nach dem Wind
Autoren: Liane Sons
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Glückssträhne reißt heute gar nicht ab. Sieh zu, dass du ins Haus kommst! Da kommt nämlich meine charmante, völlig vorurteilsfreie Traumfrau auf uns zu.«
    »Frag sie mal, ob sie Haare an den Beinen hat«, bat Erik kichernd und rannte unwesentlich später grüßend an Frau Kossolowy vorbei, die gerade von einem Gang durch den Ort zurückkam.
    Die Assistentin war ausgesprochen missgelaunt. Waldsee war wirklich beschaulich mit seinem See und dem Wald, den Alleen und den zum Teil reetgedeckten Einfamilienhäusern. Ein hübsches Örtchen mit fleißigen Bürgern, die ihrer Arbeit nachgingen, im hiesigen Supermarkt einkauften oder Weihnachtsbeleuchtung demontierten.
    Dass viele Rhan, die vielleicht schon in zehnter Generation auf der Erde geboren waren, und deren Magie nicht ausreichte, eine Kerze zu entzünden, mittlerweile an einen fremden Gott glaubten, konnte sie hinnehmen. Dass Lokalpolitik mehr interessierte als die interplanetare Politik des Rhanlords, konnte sie verstehen. Aber stundenlang hatte sie jetzt auch Lobreden über van Rhyn über sich ergehen lassen müssen. Die Bewohner Waldsees schienen nahezu vernarrt zu sein in ihren ruhmreichen und doch so liebenswürdigen und umgänglichen Ringlord. Die älteren Bürger fühlten sich völlig sicher unter seinem Schutz und schätzten seine Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Für die jungen Männer schien er das Idol schlechthin zu sein, und es schien kaum eine Frau unter neunzig zu geben, die ihn nicht anhimmelte.
    Frau Kossolowy hatte ihren Rundgang abgebrochen, bevor sie ihrem immer stärker werdenden Brechreiz über diese Lobhudelei und Schwärmerei erlegen war. Aber zumindest hatte sie erfahren, dass er unlängst einen Jungen in seine Obhut genommen hatte. Es kam ihr seltsam vor, dass van Rhyn sich selbst um ihn kümmern wollte, statt ihn in eine intakte Familie zu geben, von denen es hier nur so wimmelte. Welcher unverheiratete Mann würde so etwas tun? Ihr Gespür für Ungereimtheiten hatte sie dorthin gebracht, wo sie jetzt war. Es würde sie auch weiterbringen. Daher ging sie nun mit schnellen Schritten auf die Ursache ihrer Übelkeit zu.
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«, fragte sie und betrachtete ihn derweil missbilligend von oben nach unten. »Oder komme ich ungelegen?«
    »Niemals! Wenn Sie es eilig haben, schießen Sie los, sonst kommen Sie in einer halben Stunde in mein Büro. Ich glaube, ich könnte eine Dusche vertragen. Kennen Sie Fußball? Ein lustiger Zeitvertreib! Es gibt nur einen Ball für alle ... «
    Die Assistentin hatte verdreckte Jeans und einen Pullover, der jetzt mehr schlammfarben als schwarz war, vor Augen, vergaß ihr eigentliches Anliegen und unterbrach rüde seine Ausführungen: »Denken Sie gelegentlich daran, welche Position sie verkörpern? Sie sind ein Hochlord.«
    »Meine Mannschaft hat ja auch gewonnen«, erklärte er mit einem Lachen in der Stimme. »Ich hab vier Tore geschossen, eigentlich sogar fünf, aber eins soll Abseits gewesen sein. Was immer das auch bedeutet. Habe ...«
    »Ich kann das nicht begreifen«, fuhr sie erneut dazwischen. »Sie bekleiden eines unserer höchsten Ämter und benehmen sich wie ein kleiner Junge.«
    »Wer sagte noch, Mädchen werden erwachsen, Jungen nur größer?«
    »Bei allen Göttern! Sie sind ein Hochlord.«
    »Das erwähnten sie bereits.«
    »Sie scheinen das auch immer wieder zu vergessen. Tragen sie zum Beispiel nie Kleidung, die mehr Respekt fordert?«
    Er kniff verwirrt die Augen zusammen. »Offen gesagt habe ich noch nie darüber nachgedacht, dass einer Hose oder einem Hemd Respekt entgegen gebracht werden könnte. Ich glaubte, der könne nur den Personen darin gelten. Sollte ich da falsch liegen?«
    »Machen Sie sich über mich lustig?« Die Assistentin vergrub mit wütendem Blick ihre Hände in den Manteltaschen.
    »Nein«, lenkte ihr Begleiter ein. »Warum reagieren Sie eigentlich immer feindselig?«
    Sie schien sich nur mühsam beherrschen zu können. »Weil Ihre lässige Art mich anwidert. Für einen Hochwohlgeboren ist alles so einfach und lustig. Was glauben Sie, wieweit ich gekommen wäre, wenn ich mir Ihre Extravaganzen erlaubt hätte? In Schimpf und Schande hätte man mich vom Hof gejagt. Glauben Sie, allein Ihr Name gibt Ihnen das Recht, sich über Konventionen und Regeln hinweg zu setzen?«
    Offensichtlich musste hier jemand gewaltigen Frust abbauen. Aeneas kannte diese Gemütsverfassung nur zu gut, verkniff sich daher jede provokante Bemerkung und erklärte
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