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Die Sturmrufer

Die Sturmrufer

Titel: Die Sturmrufer
Autoren: blazon
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Verschlag nicht bezeichnet. Aber immerhin hatte der Bootsmacher die meisten Trümmer wieder zusammengetragen: die Holzklötze zum Aufbocken der Rümpfe, einige Eimer, an deren Rändern eingetrocknetes Pech klebte, und viele Planken und Holzstücke. Stimmen erklangen hinter einer Seitenwand, eine von ihnen gehörte einem älteren Mann.
    »Warte hier«, sagte Inu. »Ich muss noch… Bescheid sagen, dass wir dich als neuen Ruderer mitnehmen.«
    Er verschwand um die Ecke und wurde von einer leisen Stimme begrüßt. Die Worte gingen in dem Geräusch der Wellen unter, doch Amber hörte zumindest heraus, dass eine heftige Diskussion einsetzte. Inu redete mit einer Frau und eine weitere Stimme mischte sich ein. Amber betrachtete ausgiebig das Ruderboot, den Himmel und die Straße, dann aber siegte ihre Neugier. Leise trat sie näher und spähte um die Ecke des Verschlags.
    Hellblondes Haar leuchtete vor dem dunklen, nassen Holz einer Bretterwand. Ambers Knie wurden weich. Das war also Inus Auftrag! Sie würden mit der Taucherin hinausrudern! Und zwar zur Sandbank, wo auch immer sie sein mochte. Doch Inu sah wenig glücklich aus. Finster starrte er den Mann an, der neben Sabin stand. Sehr groß war er, größer als Inu und sogar größer als Amber. Ein junger… Navigator? Zumindest trug er einen Lederköcher. Mit seinem blonden Haar hätte er Sabins Bruder sein können, aber bei genauem Hinsehen erkannte sie, dass er hellbraunes Haar hatte, das von der Sonne ausgebleicht war. Inu war auf eine ernste Art gut aussehend, aber nach diesem Navigator drehten sich sicher viel mehr Frauen um. Nun zuckte er mit den Schultern.
    »Ich kann auch wieder gehen«, sagte er zu Inu. »Aber dann verliert Sabin den Auftrag.«
    »Habe ich gesagt, dass du gehen sollst?«, fuhr Inu ihn grob an. Die Taucherin hob beschwichtigend die Hände, doch ihre Augen blitzten. »Es ist ein Auftrag«, sagte sie scharf. »Nichts weiter. Ihr müsst nicht miteinander reden, aber in einem Boot zu sitzen wird doch möglich sein, oder? Es ist nun mal so, dass Ganin nicht zum Treffpunkt gekommen ist. Und ihr könnt mir glauben, dass ich ihm dafür am liebsten die Harpune durch die Hand jagen würde.«
    Deshalb hatte Sabin also nur drei Ruderer! Der vierte war ausgefallen.
    »Wir fahren«, bestimmte der Navigator. »Inu und ich können sehr gut in einem Boot sitzen. Geschäft ist Geschäft. Sobald das Boot…« Er entdeckte Amber und stutzte. Seine Hand, die auf das Wasser deutete, verharrte in der Luft. Zu Ambers Überraschung nickte er ihr zu und lächelte so freundlich, dass sie ganz irritiert war. »Willkommen!«
    Sabin dagegen starrte Amber an, als wüchsen ihr Fischflossen aus den Nasenlöchern.
    »Wo ist Teilig?«, wandte sie sich an Inu.
    Inu räusperte sich und zog Sabin zur Seite. Amber verstand trotzdem, was er ihr zuflüsterte. »Teilig kann auch nicht kommen.«
    »Was?« Die Taucherin schrie fast. »Das ist nicht dein Ernst! Wie sollen wir das schaffen?«
    »Er kann nichts dafür. Seine Werft hat ihn für die Bergung am großen Hafen verpflichtet.«
    »Wann?«
    »Schon gestern Nacht.«
    »Verdammt noch mal, ich kann den Auftrag nicht absagen!«
    Nun hörte Amber die Verzweiflung in der Stimme. Sabin schien Geld zu brauchen. Sehr dringend.
    Inu seufzte und schüttelte den Kopf. »Wir werden fahren«, sagte er. »Du, Tanijen, ich – und sie. Sie springt für Teilig ein.«
    Sabin klappte der Mund auf.
    »Die da?«
    Amber wurde ganz heiß. Das Blut schoss ihr in die Wangen. Sabins fassungsloser Blick war schlimmer als eine von Sebes Ohrfeigen. Und als ihr klar wurde, warum Inu sie gesucht hatte, fühlte sie sich endgültig verraten. Ihr Misstrauen hatte also auch diesmal nicht gelogen.
    »Ich bin also der Ersatz, ja?«, fragte sie laut. »Du hast mich nur deshalb bei Uja abgeholt, weil ein Ruderer ausgefallen ist?«
    »Bei Uja?«, wandte sich Sabin wieder an Inu. »Dort hast du sie gefunden? In der Herberge, in der nur die Leute von außerhalb übernachten? Wo kommt sie her? Hat sie schon einmal ein Schiff geführt?«
    »Sie muss kein Schiff führen, nur rudern«, erwiderte Inu gereizt.
    »Ein Strohhut soll ein Boot zu der Sandbank bringen!«, fuhr Sabin fort. »Wir machen keine Spazierfahrt – es geht um die Kallanera! Es geht um eine Ladung im Wert von fast tausend Dantaren, die verzurrt und auf dem Floß geschleppt werden muss. Da können wir keine Landratten gebrauchen.«
    »Dein Freund hier kann auch kein Schiff führen und springt als Ruderer ein«,
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