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Die Sturmfluten des Frühlings

Die Sturmfluten des Frühlings

Titel: Die Sturmfluten des Frühlings
Autoren: Ernest Hemingway
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mit uns übereinstimmen wirst. Aber um wieder zu unserer Geschichte zurückzukommen. Es ist im besten, freundschaftlichsten Sinn gemeint, wenn ich sage, daß du, lieber Leser, keine Ahnung hast, wie schwierig es sein wird, dieses Kapitel zu schreiben. Tatsächlich, und ich versuche ehrlich in diesen Dingen zu sein, wir wollen vor morgen nicht einmal versuchen, es zu schreiben.

4. Teil
Das Verschwinden
einer Großen Rasse
und der Aufstieg
und Ruin
der Amerikaner

Aber vielleicht kann man mir vorwerfen, daß ich, entgegen meinen eigenen Grundsätzen, Laster, und zwar solche einer abscheulichen Art, in dies Werk eingeführt habe – worauf ich antworten möchte. Erstens, daß es sehr schwierig ist, einer Reihe menschlicher Handlungen nachzugehen und sie zu vermeiden. Zweitens, daß die Laster, die hier vorkommen, eher die zufälligen Folgen irgendeiner menschlichen Schwäche oder eines Versagens sind, als Ursachen, die gemeinhin im Charakter existieren. Drittens, daß sie niemals als Objekte der Komik, sondern immer der Abschreckung auftreten. Viertens, daß sie niemals die Hauptrolle in der jeweiligen Szene spielen, und endlich, daß sie niemals das beabsichtigte Übel hervorbringen.

    Henry Fielding

1
    Yogi Johnson, der die stille Straße entlanggeht, seinen einen Arm um die Schulter des kleinen Indianers gelegt. Der große Indianer, der neben ihm einhergeht. Die kalte Nacht. Die verschlossenen Häuser der Stadt. Der kleine Indianer, der seinen künstlichen Arm verloren hat. Der große Indianer, der auch im Krieg war. Yogi Johnson, der ebenfalls im Krieg war. Die drei, wie sie gehen, gehen, gehen. Wo gingen sie hin? Wo konnten sie hingehen? Was blieb übrig?
    Plötzlich, unter einer Straßenlaterne, die an ihrem schlaffen Draht über einer Straßenecke schaukelte und ihr Licht auf den Schnee warf, blieb der große Indianer stehen. «Gehen führt uns nirgendwo hin», brummte er. «Gehen führt zu nichts. Sprich, weißer Häuptling. Wohin gehen wir, weißer Häuptling?»
    Yogi Johnson wußte es nicht. Ganz offensichtlich war Gehen nicht die Lösung für ihr Problem. Gehen war in seiner Art ganz gut. Coxeys Armee. Eine Horde von Männern, die Arbeit suchten und auf Washington zudrängten. Marschierende Männer, dachte Yogi, die weiter und weiter marschierten, und wo kamen sie damit hin? Nirgends wohin. Yogi wußte es nur zu gut. Nirgends wohin. Zum Teufel, nirgends wohin.
    «Weißer Häuptling soll sprechen», sagte der große Indianer.
    «Ich weiß es nicht», sagte Yogi. «Ich weiß es ganz und gar nicht.» War es dies, wofür sie den Krieg geführt hatten? War es dies, worum sich alles drehte? Es sah so aus. Yogi stand unter der Straßenlaterne. Yogi überlegte und wußte nicht recht. Die beiden Indianer in ihren Mackinaw-Mänteln. Einer der beiden Indianer mit einem leeren Ärmel. Keiner wußte recht.
    «Weißer Häuptling spricht nicht?» fragte der große Indianer.
    «Nein.» Was konnte Yogi sagen? Was war da zu sagen?
    «Soll roter Bruder sprechen?» fragte der Indianer.
    «Leg los», sagte Yogi. Er blickte auf den Schnee nieder. «Ein Mann ist jetzt so gut wie der andere.»
    «Geht weißer Häuptling manchmal zu Browns Bohnenstube?» fragte der große Indianer und blickte Yogi unter der Straßenlaterne in die Augen.
    «Nein.» Yogi fühlte sich völlig erledigt. War dies das Ende? Eine Bohnenstube. Gut, eine Bohnenstube ebensogut wie irgendwo anders. Aber eine Bohnenstube! Na gut, warum nicht? Diese Indianer kannten die Stadt. Sie waren ehemalige Soldaten. Sie hatten sich beide im Krieg sehr hervorgetan. Er wußte das. Aber eine Bohnenstube!
    «Weißer Häuptling, komm mit den roten Brüdern.» Der große Indianer schob seinen Arm unter Yogis Arm. Der kleine Indianer hielt mit ihnen Schritt.
    «Vorwärts zur Bohnenstube.» Yogi sprach mit ruhiger Stimme. Er war ein Weißer, aber er wußte, wann er genug hatte. Schließlich war vielleicht die weiße Rasse nicht immer überlegen. Diese Moslemrevolte. Unruhe im Osten. Schwierigkeiten im Westen. Es sah schwarz aus im Süden. Jetzt diese Zustände im Norden. Wo führte es ihn hin? Wo führte dies alles hin? Würde es ihm dazu verhelfen, eine Frau zu begehren? Würde der Frühling jemals kommen? Lohnte sich das Ganze überhaupt? Er wußte nicht recht.
    Die drei schritten die gefrorenen Straßen von Petoskey entlang. Sie hatten jetzt ein Ziel. En route. Huysmans hatte das geschrieben. Es mußte interessant sein, Französisch zu lesen. Er mußte es mal versuchen. In
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