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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers
Autoren: Cristen Marie
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selbständiger burgundischer Staat, den er mit Hilfe der Wirtschaftskraft Flanderns finanzieren wollte.
    Er starb am 27. April 1404 im Alter von dreiundsechzig Jahren und hinterließ seine lebenslange Geldnot. Herzogin Margarete wusste sich nach seinem Tod gegen das Drängen der Gläubiger nur zu helfen, indem sie mit einer spektakulären Geste auf die Gütergemeinschaft verzichtete. Sie legte zum Zeichen des Verzichts ihre Börse, ihren Schlüsselbund und ihren Gürtel auf seinen Sarg. Nach dem Ende der Zeremonien mussten die Söhne des Herzogs sein Silberzeug versetzen, um wenigstens die Bestattungskosten aufzubringen.
    Margarete überlebte ihren Mann nur um ein knappes Jahr. Sie starb im März 1405 und wurde an seiner Seite in Champmol bei Dijon in einem der prunkvollsten Grabmäler aller Zeiten beigesetzt. Das Meisterwerk von Bildhauer Claus Slute hat das Paar in Lebensgröße für immer festgehalten und kann noch heute im Museum der Schönen Künste in Dijon besichtigt werden.
    Der Bankenplatz Brügge
    Brügge beherbergte zu Zeiten Philipps des Kühnen die bedeutendsten Banken Nordeuropas. In erster Linie handelte es sich dabei um Filialen der großen italienischen Bankhäuser. Die Gallerani und Bonsignori aus Siena waren ebenso vertreten wie die Bardi und Perrugia aus Florenz und viele andere. Als die Banken der Florentiner Mitte des 14. Jahrhunderts bankrott gingen, weil man sich bei der Kreditvergabe an den englischen König verschätzt hatte, nahmen die Bankiers aus Lucca ihren Platz ein. Dino Rappoldi verfügte beispielsweise über eine solche Finanzkraft, dass es ihm möglich war, dem Enkel Philipps des Kühnen die stattliche Summe von zweihunderttausend Gulden zu leihen.
    Das Bankensystem hatte seinen Ursprung im 13. Jahrhundert in Venedig. Dort sammelte sich so viel ungemünztes Silber an, dass es üblich wurde, den Gegenwert des Silbers, das ein Kaufmann erwirtschaftet hatte, einem Konto gutzuschreiben. Von diesem Konto bezahlte der Händler dann per Anweisung seine Warenkäufe und tätigte Zahlungsanweisungen. Die Banken erfreuten sich zunehmender Beliebtheit. Im Brügge des 14. Jahrhunderts, so nimmt man an, besaß jeder zehnte männliche Einwohner ein Bankkonto.
    Italienische Kaufleute in Brügge
    Eine ganze Reihe italienischer Kaufleute fand so viel Gefallen an Brügge, dass sie sich für immer dort niederließen. Die Adornes aus Genua gewannen dabei so viel Einfluss, dass ihr Name bis zum heutigen Tag in den Geschichtsbüchern zu finden ist.
    Anselm Adorne (1424-1483) war sowohl Handelsherr wie Magistrat mit besten Verbindungen zu den Mächtigen seiner Zeit. Er war mit Margarethe van der Bank verheiratet, die ihm nicht weniger als sechzehn Kinder schenkte. Das Grabmal des Ehepaares kann in der Brügger Jerusalemkirche besichtigt werden. Die Privatkirche der Adornes ist noch heute die einzige Privatkirche Belgiens. Sie zeigt die ältesten und schönsten Glasfenster von ganz Brügge aus dem Jahr 1500.
    Das Haus Cornelis
    Die Familie Cornelis ist Fiktion. Ebenso die Personen und deren Schicksale. Den Handelsplatz Brügge zur Zeit des 14. Jahrhunderts und das Leben zur damaligen Zeit treffend zu beschreiben ist hoffentlich gelungen. Es gab im 14. Jahrhundert eine ganze Reihe von Kaufleuten, die nicht nur wirtschaftlich erfolgreich waren, sondern die auch auf höchster politischer Ebene Einfluss nahmen und in den Hochadel einheirateten. Die Familien van der Aa und Gruuthuse gingen beispielsweise bei Hof ein und aus. Sie stehen beispielgebend für die Familie Cornelis.
    Noch heute kann man sich einen Eindruck davon verschaffen, wie sie gelebt haben. Das Palais der Herren von Gruuthuse, dessen Erbauer sich ihren Reichtum mit der Herstellung von gruut verdient haben, einer Kräutermischung, die dem Bier zur besseren Bekömmlichkeit beigesetzt wurde, sucht seinesgleichen. Es ist nicht nur das am besten erhaltene gotische Wohngebäude der südlichen Niederlande, es verfügt auch über den Luxus eines eigenen Zugangs zur Liebfrauenkirche. Aus ihrer Privatkapelle konnten die Damen und Herren Gruuthuse direkt in den Chor der Liebfrauenkirche blicken und an der Messe teilnehmen, ohne einen Schritt aus dem eigenen Haus tun zu müssen.

Dank
    Mein Dank gilt nicht nur den vielen Historikern, die über diese Epoche der flämischen Geschichte ausführlich berichtet haben (Peter Spufford hat beispielsweise mit ›Handel, Macht und Reichtum‹ ein äußerst informatives Buch über die Kaufleute im Mittelalter
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