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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers
Autoren: Cristen Marie
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Fürsorge und erwiderte seinen Kuss. »Und beuge deinen stolzen Nacken, wie es sich gehört. Du weißt, der Herzog legt Wert darauf.«
    Der Herzog war längst nicht mehr verschnupft wegen der heimlichen Heirat. Er war ihm dankbar für seine Vermittlung im Friedensprozess mit den Engländern. Als Bankier und Handelsherr war Contarini ein zuverlässiger Geschäftspartner und als inzwischen einflussreicher Bürger von Brügge einer seiner künftigen Untertanen. Da Domenico seinen eigenen Wert kannte, buhlte er nicht wie andere um die Gunst des Herzogs. Philipp der Kühne schwankte oft zwischen Anerkennung und Verärgerung ob dieser Stärke.
    »Ich werde dir Ehre machen, meine Liebe«, erwiderte Domenico lachend.
    »Spötter. Der Herzog ist uns zu Dank verpflichtet, aber lass ihn das nicht spüren. Er wird es nicht vergessen haben, dass wir ihm einen Teil der Kosten für seine verschwenderische Hofhaltung in Brügge vorgestreckt haben. Außerdem ist er mit seiner uniformierten Truppe sehr zufrieden.«
    »Es wäre erfreulich, wenn sein Schatzmeister uns das Darlehen beizeiten zurückerstatten würde.«
    »Mahne ihn nicht, uns geht es gut. Was mich am meisten freut, ist der große Erfolg unserer Kleiderfabrikation. Brügger Kniebundhosen sind ein Begriff geworden.«
    »Schluss mit allen Geschäften. Achte auf dich und versprich mir, augenblicklich einen Boten in den Palast zu schicken, wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt.«
    »Es wird nichts Unvorhergesehenes eintreten«, sagte sie fest. »Und nun geh zu diesem Bankett, von dem alle Welt schon seit Tagen spricht. Ich bin mit meinen Gedanken bei dir.«
    Sie schob ihn fast gewaltsam aus dem Raum, und erst als sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, stützte sie mit den Händen ihren schmerzenden Rücken. Sie war froh, dass die Schmerzen sie nicht übermannt hatten, solange Domenico in der Nähe war. Sie wollte ihn nicht unnötig beunruhigen.
    »Eure Gemahlin ist nicht mitgekommen?«
    Die Herzogin von Burgund sah über Domenicos Schulter, als könne sie Aimée vielleicht doch noch unter den Gästen finden, die sich zum Empfang des Herzogs eingefunden hatten.
    »Sie bittet, sie zu entschuldigen, Euer Gnaden. Ihre Niederkunft steht unmittelbar bevor. Der Empfang und das Bankett wären zu anstrengend gewesen.«
    »Ist es schon so weit?« Die Herzogin, selbst Mutter von mittlerweile vier Kindern, wusste von Aimées Schwangerschaft. »Es ist ihr erstes Kind, nicht wahr? Ich werde für sie beten.«
    Domenico bejahte die Frage mit einem Nicken, aber seine angespannte Miene verriet der Herzogin seine Sorge um Aimée. Mit fünfundzwanzig Jahren war sie nach herkömmlicher Meinung schon zu alt für das erste Kind, und von ihrer Fehlgeburt nach Rubens Tod wusste nur die Familie. Die Gefahr, dass es zu Komplikationen kommen konnte, hatte sogar die beste Wehmutter Brügges nicht ausgeschlossen, die seit einer Woche im Hause Cornelis Quartier genommen hatte. Auch die Tatsache, dass es drei lange Jahre gedauert hatte, bis Aimée empfangen hatte, trug zur Anspannung bei.
    »Sorgt Euch nicht«, riet sie Domenico dennoch und durchbrach das strenge Hofzeremoniell, indem sie ihm mütterlich die Hand auf die Schulter legte. »Aimée ist eine starke Frau. Sie wird auch diese Herausforderung bestehen.«
    »Gebe Gott, dass Ihr recht behaltet, Euer Gnaden.« Domenico konnte den besorgten Unterton in seiner Stimme nicht verbergen.
    Er war während des ganzen Festmahles nicht richtig bei der Sache. Weder die Köstlichkeiten der Tafel noch die öffentliche Verkündigung der Einzelheiten des Friedensschlusses lenkten seine Gedanken von Aimée ab. Er hatte schon einmal eine Frau im Kindbett verloren. Seit ihm Aimée mitgeteilt hatte, dass sie schwanger war, lebte er mit dieser ständig wachsenden Furcht.
    Das Bankett zur Feier des Waffenstillstandes von Brügge, ein Ereignis, das das ganze Königreich Frankreich und seine Vasallen aufatmen ließ, war für ihn nur ein lästiges Ereignis, das ihn davon abhielt, sich um das Wohlergehen seiner Gemahlin zu kümmern. Auch die unerwartete Ehre, dass er zu den Bürgern von Brügge zählte, denen der Herzog von Burgund zugestand, seine Farben zu tragen, änderte nichts daran.
    Da bis tief in die Nacht hinein getafelt und gefeiert wurde, rechnete er nicht damit, das Haus beleuchtet und den Haushalt auf den Beinen vorzufinden, als er schließlich zurückkam. Die Tatsache, dass Licht aus fast allen Fenstern drang und sich in der großen Halle Freunde und Gesinde
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