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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers
Autoren: Carrie Vaughn
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»Sonst halten wir den Verkehr auf.«
    Wie viele Leute heirateten denn jeden Tag im Drive- Through? Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte.
    Ich hatte bereits die Nummer meiner Mutter gewählt. »Kitty?«. sagte sie, als sie an den Apparat ging. »Wo bist du? Wir wollten gerade zum Brunch rausgehen, und wenn du und Ben mitkommen ...«
    Ich schaltete den Lautsprecher ein. »Hallo Mom, tut mir leid, dass wir euch nicht früher Bescheid geben konnten. Aber es ist alles drunter und drüber gegangen.« Ach, wirklich? »Hört einfach zu.«
    »Kitty!«, widersprach sie.
    Papiere wurden ausgehändigt und zurückgegeben, ein Foto zum Andenken geschossen. Ich hielt das Handy hoch, während Elvis die Trauung vornahm.
    »Wollen Sie, Benjamin O’Farrell, diese Frau zu Ihrer rechtmäßigen Ehefrau nehmen?«
    »Ja, ich will.« Er griff nach meiner Hand und drückte sie fest.
    »Und wollen Sie, Katherine Norville, diesen Mann zu Ihrem rechtmäßigen Ehemann nehmen?«
    »Ja, ich will.«
    »Dann erkläre ich Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen. Vielendankundtschüss.«
    Ich warf mich auf Ben, gleich dort in dem Wagen. Na ja, ich sprang ihm vielleicht nicht direkt auf den Schoß, aber ich schlang die Arme um ihn und küsste ihn mit all der Leidenschaft, die ich aufbrachte. Er erwiderte meine Umarmung, seine Hände massierten mich, sein Kuss war genauso intensiv wie meiner - wenn nicht sogar noch intensiver. Als hätten wir es darauf angelegt, einander zu überbieten. Ich hätte den ganzen Tag so weitermachen können.
    Da erklang Moms Stimme aus dem Lautsprecher: »Kitty? Was geht da vor sich? Ist es das, was ich glaube?« Ben nahm mir das Handy aus der Hand und klappte es zusammen.
    »Hey«, sagte Elvis. »Ihr Kätzchen müsst weiterfahren. Nehmt euch gefälligst ein Hotelzimmer.«
    Ich sah zu ihm auf, mit einem wilden Grinsen und Raubtierblick. »Wir sind keine Katzen. Wir sind Wölfe.«
    Ben stahl mir einen letzten innigen Kuss, bevor er sich von mir losmachte, um weiterzufahren. »Komm schon, kratzen wir die Kurve.«
    Reifen quietschten, als er mit dem Wagen aus der Auffahrt schoss. Wir fädelten uns in den völlig zum Erliegen gekommenen Verkehr auf dem Strip ein. Saßen einfach nur da, Arm in Arm, und betrachteten das Sonnenlicht, das von den hoch emporragenden Schildern und Gebäuden um uns strahlte.
    »Und wohin jetzt?«, fragte Ben. »Ich habe den Wagen noch fünf Stunden.«
    »Wir müssen wohl einen Sonnenuntergang finden, in den wir fahren können.«
    »Amen.«
    Er bog um die erste Ecke, die wir erreichten, und jagte den Motor hoch. Dann fuhren wir davon. Aus der Stadt und dem Chaos in die Wüste, Richtung Westen.

Epilog
    Letztlich verzieh Mom mir, dass ich ohne sie geheiratet hatte. Doch nicht, ohne sich ein wenig an mir zu rächen. Ein paar Tage, nachdem wir alle nach Hause zurückgekehrt waren, rief sie bei mir an.
    Nach den gewöhnlichen Nettigkeiten verkündete sie: »Ich hoffe, dass du es mir nachsehen wirst, aber ich organisiere eine kleine Runde. Bloß eine kleine Feier. Ich möchte dich und Ben meinen Freunden vorstellen.«
    »Was für eine Runde?«, sagte ich misstrauisch. Ein Wolf, der an einen Bären geriet.
    »Ach, bloß ein Mittagessen drüben im Country Club.«
    Ich willigte ein, obwohl ich wusste, dass ich in der Falle saß.
    Der Frau gelang es, binnen zwei Wochen eine ausgewachsene Hochzeitsfeier zu organisieren. Ich wollte gar nicht wissen, wen sie alles um einen Gefallen gebeten hatte, um das zu bewerkstelligen. Sogar Champagner und Tanz gab es. Es machte Mom glücklich; wieso sollte ich mich also beklagen?
    Selbst wenn ich es mit ein paar von Moms ahnungslosen Freundinnen zu tun bekam, wie einer ehemaligen PTA-Kollegin, die mich schwärmerisch fragte: »Wollt ihr gleich Kinder kriegen?«
    Man hatte mich gewarnt, dass diese Frage gestellt werden würde. Oft. Ich hatte eine höfliche Antwort vorbereitet sowie eine, die tiefe Schuldgefühle hervorrufen sollte. Letzterer bediente ich mich bei Mrs Anderson.
    Ich setzte eine überaus traurige Miene auf, mein schmales Lächeln war edel und geduldig leidend. »Leider kann ich keine Kinder bekommen.« Eine Schwangerschaft ließ sich nicht mit der Verwandlung vereinbaren. Ich versuchte, mir die Sache nicht allzu nahegehen zu lassen.
    Eigentlich hätte sie zerknirscht aussehen und sich ausgiebig entschuldigen sollen. Stattdessen schwärmte sie weiter: »Ach, was soll’s, ihr könnt welche adoptieren! Wie
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