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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers
Autoren: Carrie Vaughn
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ihn, so dass ihre Knöchel weiß hervorstanden, und Blut sickerte aus einer Wunde an ihrem Hals.
    Er leckte das Blut auf, küsste die Stelle, und schob sich dann vorsichtig unter ihr hervor, wobei er sie kaum bewegte. Sie blieb benommen auf dem Sofa liegen, die Augen geschlossen. Dom schob ihr ein Kissen unter den Kopf und strich dann ihr Kleid glatt, so dass es wenigstens entfernt sittsam aussah.
    Bisher hatte ich nicht den Mumm gehabt, einen Vampir zu fragen, ob Blut besser schmeckte, wenn es all diese Sexualhormone enthielt. Wahrscheinlich war dem wohl so, denn sie schienen die Sache mit dem Blut immer mit Sex zu verknüpfen. Ich war mir nicht sicher, ob Vampire tatsächlich im herkömmlichen Sinne Sex hatten. Aber sie waren auf jeden Fall gut darin, Blutspendern einen Orgasmus zu verschaffen. Auf eigenartige Weise ergab es symbiotischen Sinn.
    Dom stand vor uns, die Hände hinter dem Rücken, höflich wie eh und je, und leckte sich über die Lippen, bevor er sagte: »Es ist wirklich zu schade, dass man nur Vampire zu sich einladen muss.«
    »Ja, tja, das habt ihr davon, dass ihr an der Spitze der Nahrungskette steht. Wir übrigen brauchen schließlich so etwas wie eine reelle Chance.«
    »Warum bist du hergekommen, Kitty?«
    »Du bist nicht der älteste Vampir in der Stadt. Wer ist diese Frau aus Balthasars Show, diese knackige Priesterin?«
    »Hat sie ein Auge auf dich geworfen, ja? Ich habe so etwas geahnt.«
    »Und du hast mich nicht gewarnt? Du hast nichts dagegen unternommen?«
    »Tut mir leid. Ich dachte, du könntest selbst auf dich aufpassen. Aber wenn sie entschieden hat, dass sie dich will, könnte ich ohnehin nicht viel tun.«
    Ich schluckte ein Knurren hinunter. Doch meine Krallen pressten gegen die Innenseite meiner Haut. Ben legte mir eine Hand auf die Schulter. Die Berührung ließ mich ruhiger werden.
    »Wie bist du entkommen?«, fuhr er fort. »Gewöhnlich lässt sie sich niemanden durch die Finger gehen.«
    »Ich hatte Hilfe«, sagte ich zornig. Doch ich konnte mich nicht abreagieren. Durfte nicht die Kontrolle verlieren. Hier hatte ich keine Macht. »Aber das bedeutet wohl, dass du noch nicht gehört hast, was heute Nacht dort drüben passiert ist? Die Polizei ist immer noch damit beschäftigt, die Leichen abzutransportieren.«
    Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ich weiß, was ich wissen muss.«
    »Und wo ist sie jetzt? Was geschieht jetzt mit ihr?«
    »Wenn sie tatsächlich so alt ist, wie du glaubst, wie kommst du dann darauf, dass überhaupt etwas mit ihr geschieht? Was glaubst du, kannst du oder irgendeiner von uns schon groß unternehmen?«
    »Ist das hier deine Stadt oder nicht? Bist du der Gebieter oder nicht?«
    Er trat ein paar Schritte nach vorn und drehte sich um, um auf die Stadt hinauszublicken. Seine Lippen umspielte ein rätselhaftes Lächeln, als lache er mich aus. Ich kam nicht dahinter, was so komisch sein sollte.
    Ich erkannte langsam, wie er tickte: Er genoss sämtliche Privilegien, ohne die geringste Verantwortung zu tragen. Er erweckte den Anschein, die Kontrolle auszuüben, mit dem glanzvollen Casino, der Penthousesuite und den schönen Frauen, denen auf seinem Sofa die Sinne schwanden. Er war nichts als Image. Und es machte ihm nichts aus.
    »Weiß Rick davon?«, fragte ich. »Wissen irgendwelche anderen Vampire davon?«
    Sein Mund verzog sich halb zu einem Lächeln, halb zu einem höhnischen Feixen. »Und was willst du ihnen erzählen? Meinst du etwa, sie würden dir glauben?«
    Ich machte den Mund auf, wollte etwas von wegen Wahrheit und Gerechtigkeit sagen, doch er brachte mich mit einem Blick zum Schweigen.
    »Diese ganze Stadt ist eine einzige Show, Kitty. Ist dir das nicht aufgefallen? Man soll die Requisiten und Ge-
    rätschaften hinter den Kulissen eigentlich nicht sehen. Warum klatschst du also nicht brav am Ende der Vorstellung Beifall und gehst nach Hause, wie jeder andere auch?«
    Ich starrte ihn an. »Das war’s also. Nichts passiert.«
    »Kitty, komm schon«, sagte Ben an meinem Ohr und küsste mich dann auf die Wange. Ich spürte es kaum. Seine Hand auf meinem Arm, drängte er mich zur Eingangshalle zurück.
    Ich blieb noch einen Augenblick und nickte zu der Frau auf dem Sofa. »Ist sie in Ordnung?«
    »Ich kümmere mich um meine Leute, Kitty. Ihr geht es gut.«
    Seltsamerweise glaubte ich ihm. Auf diese Weise gelang es Vampiren, unbemerkt zu bleiben, so hatten sie seit Jahrhunderten höchstens in Form von Legenden und Gerüchten existiert. Wie
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