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Die Stunde der toten Augen

Die Stunde der toten Augen

Titel: Die Stunde der toten Augen
Autoren: Harry Thürk
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verloren. Er hat auch keine Zeit, jetzt die Karte zu betrachten. Er ist auf der Spur. Die anderen folgen ihm in langen Abständen. In den Bergen darf man nicht zu dicht beieinander sein.
    Unten, an der verlassenen Wasserstelle, hatten sie die Corned-beefBüchsen gefunden, und ein Stück weiter westlich, im Gestrüpp zwischen den Oliven, das Motorrad. Die Büchsen waren leer gewesen, und im Tank des Motorrades war kein Benzin mehr. Timm wußte genau, daß er die beiden Engländer, denen das Motorrad gehörte, heute noch ausfindig machen würde.
    Er hatte keinen Anhaltspunkt, wohin sie sich gewandt haben konnten. Überall waren die Felsen glatt, es gab keine Spuren, nichts. Aber Timm brauchte keine Spuren. Zwei Männer, die sich verstecken müssen, wählen dafür die günstigste Möglichkeit. Und Timm tat weiter nichts, als sich vorzustellen, daß auch er sich verstecken müsse.
    Zwei Stunden später fiel der erste Schuß. Er kam aus einem Gewirr von Geröll und halbhohem Krüppelholz. Er traf niemand. Timm ließ sich sofort zu Boden gleiten und blieb regungslos auf dem heißen Gestein liegen. Der Schuß hatte nicht ihm gegolten, sondern einem Soldaten seiner Gruppe, der weiter links ging. Nun lauerte Timm. Er lag hinter einem Felsbrocken und schob die Maschinenpistole langsam nach vorn. Er lehnte sie seitlich an den Felsen und legte zwei Handgranaten daneben. Einer von den anderen kam zu ihm herangekrochen. Es war Zado. Er war braungebrannt. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn. „Zurück", fragte er, „und dann vielleicht um dieses Geröllfeld herum?"
    Timm schüttelte den Kopf. Leute wie diese beiden Engländer mußte man belagern, bis ihnen die Nerven ausgingen. Man mußte sie im unklaren lassen über das, was man tat.
    Das Geröllfeld, das vor ihm lag, stieg steil an. Irgendwo dort mußten sie liegen. Sie überblickten den Abhang, aber sie waren eingeklemmt zwischen den Verfolgern und der steilen, nackten Wand, die über ihnen lag. Die Wand war der eine Tod, die Verfolger waren der andere. Timm grinste. „Nimm dir zwei Mann", sagte er zu Zado, „geht zurück und raucht eine Zigarette. Laßt euch Zeit. Dann steigt ihr seitwärts von dieser Geröllhalde so hoch, bis ihr über der Wand seid. Ihr könnt dann hin unter sehen, denn wenn sie nach euch schießen wollen, müssen sie aus der Deckung, und dann erwischen wir sie. Seht euch genau an, wo sie liegen, und dann laßt Handgranaten hinunterrollen."
    „In Ordnung", sagte Zado. Ein zweiter Schuß bellte im Geröll auf. Das
    Geschoß klatschte weit hinten gegen einen Stein, hinter dem einer der Jäger lag. Es traf nicht.
    Zado rollte sich seitwärts und kroch zurück. Er suchte sich zwei andere, und sie klommen, nachdem sie sich ausgeruht hatten, an der Seite der Wand aufwärts. Timm verlor sie aus den Augen. Er legte das Kinn auf die verschränkten Hände und gähnte. Er war müde von der Hitze, und die Augen schmerzten ihm von dem grellen Licht.
    Einer von seinen Leuten schoß in das Geröll. Das Geschoß prallte ab und sirrte mit hellem Ton davon. Ein paar Sekunden später kam die Antwort. Es war ein einzelner Schuß, aber der Schütze hatte gute Augen, und er schoß dem letzten Mann der Gruppe in den Ellbogen. Timm beobachtete mit verkniffenem Gesicht, wie zwei andere ihn nach hinten schleppten. Dann entsicherte er die Maschinenpistole und sah auf die Uhr.
    Als eine Stunde vergangen war, hatten Zado und die zwei anderen sich hinaufgearbeitet. Sie tauchten mit einemmal sehr weit oben auf, und Timm konnte sehen, wie sie einander Zeichen gaben. Sie konnten sich frei bewegen, denn die beiden Engländer durften es nicht wagen, sich aufzurichten und nach ihnen zu schießen.
    Zado rief sie von oben an. Er erinnerte sich an ein paar Brocken Englisch und forderte sie auf, sich zu ergeben. Er bekam keine Antwort. Timm lag mit der Maschinenpistole im Anschlag. Jetzt wußte er, wo die beiden versteckt waren. Zado zeigte es ihm mit dem ausgestreckten Arm. Es waren zwei große Geröllbrocken vor einem struppigen Busch, dessen Zweige verdorrt herabhingen. Zado ließ drei Handgranaten hinabrollen. Sie rollten über die Felswand und hüpften auf die beiden Geröllbrocken zu. Eine blieb unterwegs hängen und explodierte, ohne Schaden anzurichten. Die beiden anderen krepierten ein paar Meter über dem verdorrten Busch. Vor dort kamen schnell hintereinander noch ein paar Schüsse, denn einer von Timms Leuten hatte sich aufgerichtet und war ein paar Schritte nach vorn gesprungen.
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