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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger
Autoren: Carrie Vaughn
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Menschen getötet hat. Es ist nur so: Wenn man eine Leiche weit genug von der Hauptstraße entfernt in einen Bergwerksschacht wirft, wird niemand sie je finden. Und niemand sucht nach den Menschen, die er umgebracht hat.«
    Es klang wie das, was Lawrence über Leichen in der Wüste gesagt hatte. Jede Gegend hatte ihr schwarzes Loch, in das Menschen verschwanden, ohne je zurückzukehren. Das machte die Welt zu einem düsteren und unheimlichen Ort.
    Â»So hat sich das Rudel um solche Dinge gekümmert«, sagte ich. »T.J. ist irgendwo in einem Minenschacht gelandet. Ich hasse die Vorstellung.«
    Â»Ich auch.« Er starrte ins Leere. Wahrscheinlich ließ er sich alles durch den Kopf gehen, was wir wussten, alle Leute, mit denen wir gesprochen hatten, jede Tatsache und jedes noch so kleine Beweisstück; auf der Suche nach etwas, das er übersehen hatte, nach dem einen Puzzleteil, das an seinen Platz gleiten musste und alles richten würde. Die Rechnung kam, und ich griff danach – Ben schien es nicht zu bemerken. Ich wollte gerade bezahlen, als er aus heiterem Himmel sagte: »Ich sollte einfach aufhören.«
    Â»Aufhören? Mit was?«
    Â»Anwalt zu sein. Zu kompliziert. Ich sollte Rancher werden wie mein Dad. Kühe und Prärie.«
    Â»Würde dich das glücklich machen?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»Hör nicht auf. Es wird besser werden.«
    Langsam verzog er die Lippen zu einem Lächeln. »Ich werde nicht aufhören, wenn du es auch nicht tust.«

    Â»Aufhören? Mit was?« Jetzt klang ich wirklich dumm.
    Â»Mit deiner Sendung.«
    Ich hatte nicht aufgehört. Ich hatte bloß eine Pause eingelegt, warum begriffen die Leute das nicht?
    Weil es nach außen anders aussah. Weil ich keine Pläne für meine Rückkehr schmiedete. Das bedeutete wohl, dass ich aufgehört hatte.
    Â»Wieso denn nicht?« Mir war widerspenstig zumute. »Sie haben jetzt Ariel, die Priesterin der Nacht. Sie kommt schon damit klar.«
    Â»Es gibt Platz für euch beide. Du liebst deine Sendung, Kitty. Du bist richtig gut.«
    Wir lehnten jetzt beide auf dem Tisch, in Greifweite des anderen, unter dem Tisch berührten sich unsere Füße beinahe. Nähe stellte eigenartige Dinge mit mir an. Schickte eine angenehme Wärme durch meine Eingeweide. Ließ mich wie eine Idiotin lächeln.
    Die Vorstellung, Ben nicht um mich zu haben, fiel mir mittlerweile ziemlich schwer.
    Ich biss mir auf die Lippe und dachte einen Moment nach. Grinsend ging ich ein Risiko ein. »Sei lieber vorsichtig. Wenn du weiter nette Dinge über mich sagst, könnte ich mich noch in dich verlieben.«
    Er zögerte noch nicht einmal. »Außerdem bist du süß, gescheit, witzig, klasse im Bett …«
    Ich trat ihn unter dem Tisch – allerdings sanft. »Schmeichler. «
    Â»Wenn ich dich so dazu bringe, mir nachzulaufen, wenn ich mal wieder den Kopf verliere.«
    Ich berührte seine Hand, die flach auf dem Tisch lag.
Umschloss sie mit meinen Fingern. Er erwiderte den Druck, beinahe verzweifelt. Er hatte immer noch Angst. Zwar wurde er immer besser darin, es zu verbergen, damit fertig zu werden, aber er hatte immer noch Angst – jedenfalls ein wenig.
    Â»Natürlich werde ich das tun. Wir sind ein Rudel.«
    Er nickte, hob meine Hand und führte sie an seine Lippen. Küsste die Finger. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, griff er nach der Rechnung, glitt von der Sitzbank und ging zur Theke um zu zahlen.
    Verwirrt folgte ich ihm.
    Am nächsten Tag in Walsenburg kam Espinoza zu spät zu unserem Termin. Die letzte Besprechung vor der Verhandlung. Die letzte Chance ihn zu überreden, die Anklagepunkte gegen Cormac fallen zu lassen. Ben hatte sich rasiert, war beim Friseur gewesen und sah eleganter aus, als ich ihn je zu Gesicht bekommen hatte. Diesmal trug er seinen besten Anzug. Selbst ich zog eine schicke Hose und Bluse an und steckte mir die Haare hoch. Ben ging in einem Besprechungszimmer im Gerichtsgebäude vor der Wand mit dem Fenster auf und ab. Langsam, gemessenen Schrittes. Kein wütendes, verzweifeltes wölfisches Auf-und-ab-Gehen. Nur etwas Nervosität. Er klopfte sich mit einem Stift gegen die Hand und warf jedes Mal, wenn er am Fenster vorbeikam, einen Blick nach draußen.
    Ich saß in einem Sessel an der Wand und beobachtete ihn. Er war ein gutaussehender, kompetenter, intelligenter, entschlossener Mann. Und dennoch
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