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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden
Autoren: Sarah Bryant
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das tue ich«, antwortet Eve mit leidenschaftlicher Überzeugung. Sie lächelt voller Hoffnung und Zuversicht, und nach einem Moment erwidert ihre Schwester das Lächeln, wenn auch nur schwach. »Spiel du deine Rolle«, fährt Eve fort. »Sobald es Mutter besser geht…« Sie zögert, als sie dies sagt, ihre Stimme verliert etwas von ihrer Weichheit. »Wenn es ihr besser geht, dann spüre ich dich auf, und wir erzählen allen die Wahrheit. Bis es so weit
ist … nun, bis dahin hat er meine Beweggründe sicher verstanden. Jetzt komm her und richte mir die Haare.«
    Elizabeth folgt Eve zum Frisiertisch, greift zu einer Bürste und einer Haarsträhne ihrer Schwester, sie steht da und betrachtet beides, als suche sie nach einer Antwort auf eine unausgesprochene Frage.
    »Es ist das Beste für uns«, beharrt Eve. »Das Einzige, was wir…« In diesem Moment löscht ein Windstoß die Kerze aus.
    »Eve!«, schreit Elizabeth auf. Rasch entzündet Eve die Kerze wieder, dann nimmt sie ihrer Schwester die Bürste aus der verkrampften Hand und beginnt damit durch ihr Haar zu fahren. Nach einem Augenblick löst Elizabeth sie ab. Die Mädchen schweigen eine Zeitlang; Eves Blick ist auf ihr Spiegelbild gerichtet, Elizabeths auf das dunkle Haar in ihrer Hand, das sie zu Zöpfen flicht und aufsteckt.
    Auch als sie ihr Werk schon vollendet hat, starrt Eve noch in den Spiegel, als versuche sie zu ergründen, ob etwas nicht stimmt. Endlich stellt sie fest: »Die Ketten.« Sie löst die Goldkette, an der ein Rubin hängt, von ihrem Hals und hält sie Elizabeth hin. Der Stein glitzert im Kerzenschein wie ein Blutstropfen.
    Elizabeth sieht ihn an, dann berührt sie den Diamanten an ihrem eigenen Hals und sagt: »Nein. Du kannst ja behaupten, wir hätten die Ketten getauscht, um ein Erinnerungsstück aneinander zu haben. Sie … sie stehen doch dafür, wer und was wir sind.«
    Eve lacht. »Seit wann bist du abergläubisch?« Als sie den ernsten Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Schwester sieht, erstirbt ihr Lächeln. »Na schön. Wenn du darauf bestehst…«
    Elizabeth beobachtet, wie Eve die Kette wieder umlegt. »So, das wäre es dann«, meint sie, dabei kniet sie sich vor
den Spiegel, sodass ihr Gesicht sich auf derselben Höhe wie das ihrer Schwester befindet.
    »Niemand wird etwas merken«, wiederholt sie entschieden.
    Sie betrachten ihre Gesichter im Spiegel, bis Eve endlich aufsteht und Elizabeth mit sich hochzieht. »Jetzt komm.«
    »Warte.« Elizabeth nimmt ein Bündel vom Bett und schüttelt es aus. Es ist ein Hochzeitskleid mit einem kunstvoll mit Blättern und Schmetterlingen bestickten Mieder. Sie hält es Eve hin, die abwehrend die Hände hebt.
    »Das kann ich nicht annehmen, Lizzie.« Ihre Augen blicken flehend und verraten zum ersten Mal einen Anflug von Unsicherheit.
    »Ich möchte es aber. Wenn ich schon nicht selbst dabei sein kann, dann sollst du wenigstens etwas von mir bei dir haben.«
    »Nein, Elizabeth«, wiederholt Eve. »Ich kann doch nicht dein Hochzeitskleid tragen. Es war für deine Hochzeit bestimmt.«
    »Es wurde für meine Hochzeit mit Louis angefertigt«, erwidert sie, und jetzt schwingt erstmals Autorität in ihrer Stimme mit. »Außerdem wissen wir beide, dass du dir in so kurzer Zeit kein eigenes Kleid schneidern lassen kannst.« Die Mädchen sehen sich einen Augenblick lang an, dann brechen sie beide widersinnigerweise in Gelächter aus.
    Eve nimmt das Kleid und legt es sorgfältig auf das Bett. Sie schließt die darauf stehende Reisetasche und drückt ihrer Schwester die Tragegriffe in die Hand. Dann umarmt sie Elizabeth, ehe sie sie zu der Glastür führt. Wieder zuckt ein Blitz auf und taucht die Bäume und den Garten in ein gespenstisches bläuliches Licht. Kurz darauf folgt Donnergrollen.
    Irgendwo weiter unten im Korridor erklingt ein leises Wimmern. Wieder wechseln die Schwestern einen Blick.
Elizabeth wirkt erneut verängstigt, Eve unvermindert entschlossen. »Du musst jetzt gehen«, sagt sie. Besorgnis glimmt in ihren Augen auf. »Gott sei mit dir.« Sie küsst Elizabeth auf beide Wangen, dann schiebt sie sie durch die Tür in die Nacht hinaus.
    Über das vormals ruhige und gelassene Gesicht der allein im Raum zurückbleibenden Eve huscht nun eine Vielzahl widersprüchliche Gefühle. Gleichzeitig verwandelt sich das körperlose Jammern in ein Wort, einen Namen. »Eliiizabeth!«
    Eve erschauert, bleibt aber noch einen Augenblick reglos stehen, ehe sie sich zusammennimmt und ruft: »Ich komme schon,
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