Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
Mann warf das Steuer herum und hielt auf eine Gruppe kleiner Inseln zu. Sie ließen den offenen Strom hinter sich und glitten in einen schmalen Kanal zwischen Inseln mit dichten Bäumen. Wie riesige Blüten hingen die Reiher in den Ästen. Der Mann schaltete den Motor herunter, und das Boot legte sich tiefer ins Wasser.
    Er starrte Lesniak an. »Geben Sie es mir.«
    Lesniak schnaufte schwer. Von allen Seiten rückten weiße Flügel in sein Blickfeld. Der Gestank nach Vogelkot traf ihn mit solcher Wucht, dass er würgen musste. »Keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Geben Sie’s mir.«
    Lesniak wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. Er spürte, wie ihn Mut und Selbstvertrauen verließen.
    Er hatte sich nie die Mühe gemacht, nach dem Namen dieses Mannes zu fragen. Er kannte ihn einfach nur als Rusty - wegen der roten Haare. So nannten ihn alle: Rusty, der Schäferhund. Der Aufpasser. Der Babysitter. Ein besserer Laufbursche, der immer aufkreuzte, wenn die hohen Tiere kamen. Der nichtsnutzige Verwandte von irgendjemandem, der als Betreuer von Managern und Technikfuzzis bei Firmenrundreisen eine ruhige Kugel schob. Jedenfalls hatte Lesniak das gehört.
    Irrtum. Dieser Typ war kein Kindermädchen. Warum war Lesniak nie aufgefallen, dass das ein total abgebrühter Scheißkerl war? »Ich hab es nicht.«

    »Der Wachmann im Labor hat geredet. Ich weiß, dass Sie es genommen haben.«
    Das Boot schwankte in der Strömung. Rusty der Schäferhund drehte am Rad, damit das Boot weiter flussabwärts steuerte.
    »Wer hat Sie geschickt?«
    In den Bäumen plusterten sich die Vögel auf. Überall weiße Flügel, leere Augen, immer auf der Hut, ohne ihn anzuschauen. Zu seinem Entsetzen bemerkte Lesniak, dass sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. Schluss damit. Du siehst aus wie ein Trottel. Reflexartig fuhr seine linke Hand zur Tasche seiner Khakihose und befühlte die Konturen der Flasche. Er konnte nicht aufhören zu grinsen. Hätte er aufgehört, wäre er in Tränen ausgebrochen.
    Das war seine Chance. Nur dank seiner Anstrengungen hatte er es mit dem Stoff hierhergeschafft. Er hatte sich was einfallen lassen und war das Risiko eingegangen. Da konnte er jetzt nicht einfach klein beigeben.
    Das Boot schlüpfte unter gierigen Ästen hindurch. Die Luft war schwül, es roch furchtbar. Durch das Dröhnen des Chevy-Motors hörte er ein Rauschen. Vielleicht sein eigenes Blut, das versuchte, aus den Adern zu flüchten.
    »Wer ist Ihr Auftraggeber?«, fragte der Schäferhund.
    Hier war Umsicht geboten. Er räusperte sich. »Machen Sie mir ein Angebot.«
    Rustys Brille spiegelte den Sonnenuntergang nicht wider. Sie war völlig dunkel, kohlschwarz, zwei Löcher ins Nichts. Er sprach betont langsam. »Sie haben mir großes Leid zugefügt. Also sagen Sie mir einfach, wer Ihr Auftraggeber ist, und geben Sie es mir.«

    »Was?« Lesniak stutzte. Großes Leid? So verhandelte man doch nicht. »Im Ernst, machen Sie mir ein Angebot. Ich bin flexibel.«
    Rusty gab wieder Gas und drehte das Steuer gemächlich nach rechts. Sie ließen die Vogelinseln hinter sich und schoben sich wieder hinaus in die Flussmitte. O Gott. In den Touristenprospekten konnte man lesen, dass der Sambesi an dieser Stelle eineinhalb Kilometer breit war, aber er hatte sich nicht vorstellen können, was das bedeutete. Das Rauschen war noch lauter geworden. Und es war definitiv nicht sein Blut. Es waren Millionen Tonnen von Wasser, die weiter vorn nach einer Biegung über die Felsen donnerten.
    Der Wind scheuerte wie eine Käsereibe über Lesniaks Gesicht. Er wischte sich über die Oberlippe. »Ein Angebot. Ich bin ganz offen. Was ich habe, ist unvermischt. Rein. Beste Qualität …«
    Rusty beugte sich vor. Griff er nach einem Bier? Vielleicht war das alles nur ein Witz.
    Als er wieder auftauchte, hatte er ein Jagdgewehr in der Hand.
    Natürlich. Im Hotel posierten Mädels im Bikini am Pool, und beflissene Kellner servierten den Gästen Drinks mit rosa Schirmchen. Aber hier draußen hatte jeder Fremdenführer und jede Großmutter ein Jagdgewehr dabei, weil sie mitten durch den afrikanischen Busch fuhren und auf beiden Uferseiten ein gottverdammter Wildpark begann.
    Wieso musste ausgerechnet ihm so was passieren? Er war ein Spitzentechniker mit einem erstklassigen Abschluss an der DeVry University. Er spielte im Softballteam der Firma. Er war ein ganz normaler Kalifornier, der nichts weiter
wollte als einen BMW, ein Haus in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher