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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector
Autoren: Meg Gardiner
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aufmachen wollte, klackerte der Flaschenöffner gegen das Glas. Vielleicht war es der große Chevy-Motor, der so vibrierte. Nein, eher nicht.
    In weitem Bogen lenkte Captain Wally das Boot zur Flussmitte. Von einer Insel weiter vorn flogen Reiher auf, die sich blendend weiß von dem violetten Wasser und dem grünen Ufer abhoben. Der Himmel über ihm war keramikblau.
    Hier wurden die meisten Touristen vollgeschwafelt: Schauen Sie, ein Nilpferd. Sehen Sie den Baumstamm da drüben? Das ist kein Baumstamm, sondern ein Krokodil. Aber Lesniak hatte darauf bestanden, nicht angesprochen zu werden. Dafür hatte er bezahlt.
    Und noch etwas draufgelegt für den kleinen Zwischenstopp. Wieder schielte er auf die Uhr. In zwei Minuten sollten sie die Grenze nach Simbabwe überqueren. Er trank die Flasche halb leer und machte sich bereit.
    Ja, er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Diese Sache war wichtig. Letzte Chance.
    Während sie über das Wasser schnellten, glitt sein Blick über dichtes Gras, Akazienbäume und einen dünnen Sandstreifen am Ufer. Flussabwärts raste ein anderes Jetboot in ihre Richtung.
    Eigentlich sogar direkt auf sie zu. Captain Wally ging vom Gas.
    Mit einem Stirnrunzeln schaute Lesniak über die Schulter. »Was ist los?«
    Captain Wally lächelte. »Mein Cousin. Er hat sich letzte Woche sechzig Liter Sprit geborgt. Die will er mir jetzt zurückgeben.«

    Das andere Boot beschrieb eine lange Kurve und zog eine weiße Rinne über den Fluss. Dann drosselte es seine Fahrt und legte sich tief ins Wasser. Der Skipper winkte träge. Im Bug hockte ein Passagier mit Baseballmütze, die Arme verschränkt, eine Angel an der Seite. Er spähte zum südlichen Ufer, ohne sich von dieser Unterbrechung stören zu lassen. Ganz nach dem Motto: Wir sind hier in Afrika, da muss man sich anpassen. Das Boot schob sich längsseits, und der Skipper rief etwas auf Tonga. Captain Wally lachte. Lesniak nahm das Fernglas hoch und suchte wieder das Ufer ab. Wo blieb sein Kontaktmann?
    Das Boot schaukelte, und aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Captain Wallys erster Offizier aufs andere Boot sprang, um die Benzinkanister zu holen. Er drehte an der Einstellung des Fernglases. Da - ein Stück weiter vorn schob sich ein Nissan Pathfinder hinunter zum Wasser. Sein Herz begann zu hämmern wie ein Schlagbohrer.
    Der Pathfinder war schlammverschmiert und hatte simbabwische Nummernschilder. Enttäuschung beschlich ihn. Aber was hatte er denn erwartet? Diplomatenkennzeichen? Einen Plüschwürfel mit Geheimdienstlogo, der am Rückspiegel baumelte?
    Irgendwas. Er hatte sich einen Hinweis darauf erhofft, für wen sein Kontaktmann arbeitete. Amerikaner, Europäer, Israelis oder Leute aus dem Osten.
    Wieder schwankte das Boot und erzitterte, als Füße auf dem Deck landeten. Die Tonga-Unterhaltung wurde fortgesetzt. Vergiss den Familientratsch, Skipper. Wir müssen weiter.
    Schließlich heulte der Motor auf, und der Bug hob sich,
als sich das Boot rasch von Captain Wallys Cousin entfernte. Es fuhr direkt in der Mitte des gewaltigen Flusses.
    Lesniak wandte sich um. »Steuern Sie zum Ufer, da wo der …«
    Knatternd zerrte der Wind an Lesniaks Hemd. Der Motor knurrte tief und schmutzig. Das Boot hüpfte übers Wasser.
    Captain Wally war nicht mehr am Steuer. Er war überhaupt nicht mehr an Bord. Er und sein Offizier befanden sich auf dem Jetboot des Cousins, das schon fast in der Ferne verschwunden war.
    Am Steuer stand der Passagier des Cousins.
    Lesniak umklammerte sein Bier. Die Flasche war klebrig. Seine ganze Hand klebte.
    »Sie?«
    Der Mann trug Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine noch schwärzere Sonnenbrille. Im blendenden Licht des Sonnenuntergangs war nicht zu erkennen, wohin er schaute. Oder ob er überhaupt Augen hatte. Er war hager und fit, der Mund lief als grimmiger Strich quer über das sonnenverbrannte Gesicht. Er hatte die Baseballmütze abgenommen, und sein Haar glitzerte kupferfarben.
    Wie ein Pfeil schoss das Boot über den angeschwollenen Fluss. Wind und Gischt ließen den Schweiß auf Lesniaks Rücken erkalten. Das südliche Ufer wich immer weiter zurück. Der Nissan Pathfinder sauste vorbei. Letzte Chance.
    »Wo wollen Sie hin?«, fragte Lesniak.
    Der Mann hielt den Gashebel gleichmäßig gedrückt. Langsam wandte er den Kopf, bis die Sonnenbrille auf eine Stelle zwischen Lesniaks Augen zu zielen schien.

    Die Bierflasche entglitt Lesniaks Fingern und rollte klirrend über das Deck. »Ich kann alles erklären.«
    Der
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