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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds
Autoren: Walter Jon Williams
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sah Steward; sie untersagten ihm, Waffen, bestimmte Entspannungsdrogen, namentlich aufgeführte Arten religiöser oder politischer Literatur, verbotene Software und die extremeren Formen von Pornovideos zu besitzen oder weiterzugeben. Es war verboten, sich nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen, Zusammenwohnen war gestattet. Sich Videos oder Kopfvideos auf Kanälen anzusehen, die vom Wohnöko nicht zugelassen waren, führte zum Hinauswurf. Steward bekam einen provisorischen Paß, der sechs Wochen gültig war, und nahm den Aufzug zu Ardalas Wohnung. Sobald er dort angelangt war, lief er von einem kleinen Zimmer zum anderen, nur um sich zu orientieren.
    Die Wohnung hatte alle Kennzeichen der nach oben hin Mobilen: geschmackvolle Möbel, kleine Metall-und-Kristall-Tische, ein Bücherregal voller einförmig schwarzer Patronen mit kleinen weißen Etiketten, einen flachen Flüssigkristall-Videoschirm an der Wand. Abstrakte Wandgemälde, allesamt in Wüstentönen, die es sorgfältig vermieden, irgend etwas auszusagen.
    Die Intention des Dekors – die gründliche Beseitigung jeder Andeutung von Persönlichkeit – wurde achtlos von den Artefakten des Wohnens sabotiert: Ardalas über die Möbel verteilter Wäsche, ein paar der bunten Plastikspielsachen ihrer Nichte, die dort lagen, wo das kleine Mädchen sie liegengelassen hatte, von dem Durcheinander aus vollen Aschenbechern und Feuerzeugen, mit Fingerabdrücken verschmierten Weingläsern, dem cremefarbenen Wirrwarr von Scan-Blätter-Ausdrucken, halb gelösten Kreuzworträtseln und zerfledderten Ausgaben von Magazinen namens Gals und Guys, die sich als Wochenzeitschriften erwiesen, in denen Arbeitslose ihre Fähigkeiten anpriesen. Ein schildkrötenförmiger Staubsauger-Roboter irrte mutlos in dem Trümmerfeld umher. Die einzige fleckenlos saubere Stelle war die Küche, die sie anscheinend nie benutzte. Er warf einen Blick in den Kühlschrank und fand nur Wein und ein bißchen Gemüse.
    Steward erinnerte sich daran, wie er die Wohnung in Kingston eingerichtet hatte, in der er gemeinsam mit Natalie gewohnt hatte – wie sie in fünfzehn Geschäfte gelaufen waren, ehe sie sich auf einen Küchentisch einigen konnten, eine rechteckige Durchsichtigkeit, gestützt von einer einzelnen gewundenen Säule aus Orbitalstahl, die zu dünn zu sein schien, um das Gewicht des Glases zu tragen … Es war das erste Möbelstück gewesen, das Steward je neu gekauft hatte.
    Steward und Natalie hatten ihre aufeinanderfolgenden Wohnungen immer fleckenlos sauber gehalten, und der Glastisch hatte geglänzt. Es war ihnen als eine Art militärischer Tugend erschienen, ihre Einrichtung zu pflegen.
    Tatsächlich hatte er die Unordnung gar nicht bemerkt, als er das erste Mal hergekommen war. Das Licht war aus gewesen, als sie hereinkamen, und tatsächlich nie angeschaltet worden. Beim zweiten Mal hatte sie ihn gestört. Er dachte noch immer wie ein Eisfalke.
    Jetzt machte sie ihm überhaupt nichts aus. Jetzt war er etwas anderes.
    Er ging auf dem Teppich auf und ab. Das Gewebe kratzte an seinen nackten Füßen. Sein Verstand summte, ein Nebel von Ideen, die noch nicht Form angenommen hatten, die ohne bewußtes Zutun aufzuckten, sich sammelten und auflösten und sich dabei vor einem Sternenhintergrund bewegten.
    Er ging einkaufen, wobei er mit den Gedanken ganz woanders war. Er kaufte die Zutaten für Lachs en cro û te sowie zwei Flaschen Champagner, weil ihm nach Feiern war. Es waren keine Gläser mehr da, also machte er den Abwasch.
    Als Ardala nach Hause kam, war ihr Schmetterlingsflügel-Make-up vom Schwitzen verschmiert, und sie hatte dunkle Schweißflecken unter den Armen. Steward goß ihr ein Glas Champagner ein, während sie auf ihren Chef, die Hitzewelle, von der Steward nichts gemerkt hatte, die Menschenmassen nach der Arbeit und die entsetzlich langweiligen Menschen fluchte, denen sie im Fahrstuhl begegnet war. Sie warf ihre Kleider ins Schlafzimmer, ließ sich ein kühles Bad ein und trank den Champagner. Steward folgte ihr mit der Flasche ins Badezimmer. Es roch nach dem Duftöl, das sie ins Wasser getan hatte. Er betrachtete Ardala, als er ihr Champagner einschenkte, die kleinen gebräunten Brüste mit ihren Brustwarzen, die dauernd ins Wasser tauchten und sich wieder heraushoben, die Knie, die wie Inseln hochstiegen, das dunkle Moos ihrer Scham unter Wasser. Er stellte die Flasche ab und zog sein Hemd aus.
    Er erinnerte sich an die Wellen, die an seine Schultern geschlagen hatten, als er
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