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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman
Autoren: Deborah Crombie
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Auto; er erkannte es von gestern wieder. Und auf dem Dachgepäckträger war – in eine Plane gehüllt, aber dank seiner langen, schlanken Form unverkennbar – ein Skiff festgemacht.
    Freddie ging hinaus und kam Kieran am Gartentor entgegen.
    »Ich dachte mir, dass ich Sie hier antreffen würde«, sagte Kieran. Er schien sich zu freuen, und es war das erste Mal, dass Freddie ihn lächeln sah. Sein hageres Gesicht war dadurch wie verwandelt, und Freddie glaubte etwas von dem Mann zu sehen, den Becca gekannt hatte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er. »Was macht Finn?«
    »Sie haben ihn genäht und verbunden, und er ist ein bisschen benommen von den Schmerzmitteln. Aber der Tierarzt sagt, er wird wieder. Wir müssen nur aufpassen, dass er sich nicht überanstrengt, bis alles verheilt ist. Tavie ist zu Hause und wacht mit Argusaugen über ihn.«
    Den letzten Satz sprach er mit einer Gelassenheit aus, die Freddie vermuten ließ, dass Kieran den Bootsschuppen so bald nicht zum Wohnen brauchen würde. Er freute sich für ihn, und er war auch ein bisschen neidisch.
    »Ich habe den Schuppen aufgeräumt«, fuhr Kieran fort, »und geschaut, was noch zu retten ist. Und ich dachte mir« – er deutete auf den Dachgepäckträger – »da es wie durch ein Wunder heil geblieben ist, wäre es vielleicht an der Zeit, dass jemand mit dem Boot eine Probefahrt macht.«
    Er ging um den Land Rover herum und zog die Plane ab. Der polierte Mahagonirumpf des Boots glänzte in der Sonne, und Freddie stockte der Atem.
    »Helfen Sie mir, es abzuladen?«, fragte Kieran. »Ich denke, Beccas Nachbarn werden nichts dagegen haben, wenn wir es von ihrem Anleger zu Wasser lassen.«
    Kieran nahm ein Paar Skulls von der Ladefläche des Land Rover. Dann hoben sie gemeinsam das Skiff herunter und trugen es zum Wasser. Das Boot kam Freddie federleicht vor, und das Holz war warm wie die Haut einer Frau.
    »Ich habe die Trimmung ein bisschen verändert«, erklärte Kieran, als sie das Boot umdrehten und es vorsichtig neben dem kleinen Schwimmsteg aufs Wasser setzten. Kieran legte ein Ruder quer über die Mitte des Skiffs, um es zu stabilisieren, und sah dann zu Freddie auf. »Sie ziehen besser die Schuhe aus. Ich habe ein Paar Turnschuhe von mir am Stemmbrett festgemacht. Die müssten Ihnen eigentlich passen.«
    Freddie starrte ihn an. »Sie wollen, dass ich es einweihe? Aber –«
    »Wer sonst?«, entgegnete Kieran. »Und ich würde gerne Ihre Meinung hören. Ich muss wissen, ob das Ganze nicht eine völlige Schnapsidee war.«
    »Aber ich bin schon ewig nicht mehr ge…«
    »Keine Sorge. So was verlernt man nicht.«
    Freddie sah das Skiff an, dann die Themse, die glitzernd vor ihm lag, still wie ein See.
    Wortlos zog er seine Schuhe aus und stieg ins Boot. Er steckte die Füße in die Turnschuhe und stellte fest, dass sie ihm tatsächlich passten. Nachdem Kieran ihm das zweite Skull gereicht hatte, fixierte er beide Ruder in den Dollen und schob dann den Sitz ein paar Mal vor und zurück, um die Mechanik der Rollschienen zu testen.
    Dann stieß Kieran ihn ab, die Strömung erfasste das Boot, und es glitt flussabwärts. Die Rudergriffe lagen wie angegossen in seinen Händen, und als er in die Auslage ging und die Blätter ins Wasser griffen, spürte er, wie das Boot sich anhob.
    Dann übernahm sein motorisches Gedächtnis die Kontrolle. Zug, Freilauf, Zug, Freilauf, und er war eins mit dem Boot, das surrend durchs Wasser glitt.
    Kleine Tröpfchen spritzten ihm ins Gesicht, wenn er die Blätter herauszog, und das Wasser war frisch und kühl, ein Segen. Ein Gefühl reiner Freude weitete seine Brust, und ihm wurde bewusst, dass er seit seiner Kindheit nicht mehr rein zum Vergnügen gerudert war.
    Und dann erkannte er, dass es doch noch etwas gab, wo seine Fähigkeiten zu etwas nütze sein könnten. Er hatte noch den alten Bauernhof, direkt am Fluss gelegen, ein Objekt, aus dem sich etwas weitaus Sinnvolleres machen ließe als irgendwelche Luxusapartments. Denn es wäre der ideale Standort für eine Bootswerkstatt.
    Er hatte Jahre damit zugebracht, Investoren zum Kauf von Immobilien zu überreden. Warum sollte er nicht ruderbegeisterte Zeitgenossen dazu bringen können, mit ihrem Geld etwas viel Nützlicheres zu unterstützen: den Bau von wunderschönen, einzigartigen Ruderbooten? Und den Mann, der sie baute.
    Vorausgesetzt, Kieran wollte ihn als Partner haben.
    Am frühen Sonntagabend ging es in dem Haus in Notting Hill zu wie in einem Bienenstock, nur
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