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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige
Autoren: John Maddox Roberts
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Gedanke verlieh ihm Mut.
    Nach und nach gewann er an Selbstsicherheit. Mehr als einmal sah er sich Wegelagerern gegenüber. Sie hatten den grimmig blickenden Reiter und seine Waffen gemustert und beschlossen, ihr Glück anderweitig zu versuchen. Wie Ansa vorausgesagt hatte, sicherte ihm ein gewisses Maß an Arroganz häufig das Entgegenkommen anderer Leute. Dieses Benehmen lag eigentlich nicht in seiner Natur, aber er gewöhnte sich bald daran.
    Jetzt hockte er in einer Stadt namens Lehmboden, die Spur des Vaters war erkaltet, und vor ihm lag ein so breiter Fluss, dass ihn der bloße Anblick beunruhigte. Gleichzeitig faszinierte ihn der Strom und zog ihn mehr an als alles, was er in seinem jungen Leben bisher gesehen hatte. Er wollte mehr darüber wissen.
    Nach dem Frühstück ging Kairn hinaus, um sich vom Wohlergehen des Cabos zu überzeugen. Mit gesenktem Kopf stand das Tier über dem Heuhaufen und schlief. Zufrieden schlenderte er geraume Zeit durch den Ort, der sich aber als so langweilig erwies, wie der erste Eindruck verheißen hatte.
    Kairn kletterte auf den Deich und bemerkte, dass die Sonne die letzten Nebelschwaden vertrieben hatte und den breiten Fluss in seiner ganzen Schönheit enthüllte. Er zog eine seiner größten Kostbarkeiten aus der Gürteltasche: ein Fernrohr. Das wertvolle Instrument bestand aus Holz, Messing und Glas. Die Linsen hatten die unvergleichlichen Handwerker aus Neva hergestellt.
    Er zog das Fernrohr auseinander und betrachtete die Boote und Flöße. Am häufigsten sah er die kleinsten Gefährte: Kanus aus Leder und Holz, Einbäume und winzige Flöße, die nicht mehr als drei Personen trugen. Danach kamen größere Boote wie jenes, das am Steg vertäut war. Auf manchen tummelten sich bis zu einem Dutzend Männer. Hin und wieder gehörten auch Frauen und Kinder zur Besatzung, und er nahm an, dass es sich um die Familienboote handelte, von denen Gelber Vogel erzählt hatte.
    Einmal erblickte er ein riesiges Floß aus Baumstämmen, das mindestens hundert Schritte lang war. Er versuchte auszurechnen, aus wie vielen Stämmen es bestand, gab aber schnell wieder auf, da die Stämme unterschiedlich lang und in ungleichmäßigen Reihen zusammengebunden waren.
    Am beeindruckendsten jedoch waren die wirklich großen Boote, die gegen die Strömung ankämpften oder gemächlich flussabwärts trieben. Jene wurden von Männern mit geschorenen Köpfen gerudert, die zu jeweils fünfzehn oder zwanzig auf jeder Seite an den langen Rudern standen. Außerdem besaßen die Boote Segel, die bei günstigem Wind für ein schnelleres Vorankommen sorgten, heute aber schlaff herabhingen. Die mit der Strömung treibenden Boote lagen tief im Wasser, als wären sie schwer beladen, obwohl sich höchstens ein Dutzend Männer an Deck aufhielt. Er fragte sich, wohin die Ruderer verschwanden, wenn die Boote die Heimreise antraten.
    Jedes dieser großen Gefährte war zwanzig bis fünfzig Schritte lang. Mittschiffs standen ansehnliche Kabinen, die manchmal sogar zwei Stockwerke besaßen. Sie waren bunt bemalt und oft mit Tierhörnern und Geweihen geschmückt. Auf einer Kabine hockte ein großer Vogel mit langem Schnabel, der eine dünne Kette am Bein trug. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Haustier oder ein Maskottchen. Auf anderen Booten standen bemalte Statuen an Bug und Heck. Kairn verspürte den übermächtigen Wunsch zu erleben, wie es war, auf so einem Boot auf dem Fluss zu leben.
    Bei dem Gedanken, ein solches Boot zu betreten, unter dem sich nichts als Wasser befand, wurde ihm flau im Magen. Dennoch reizte ihn die Vorstellung, sich von allen Fesseln des Landes zu befreien und dem Fluss zu gestatten, ihn davonzutragen.
    Den größten Teil des Tages verbrachte er auf dem Deich, saß im Gras und beobachtete das Treiben auf dem Fluss mit dem Fernrohr oder dem bloßen Auge. Die reichhaltige Fauna entlang des Ufers war beinahe so interessant wie das Tun der Menschen. Kairn war an die riesigen Herden der heimatlichen Steppe gewöhnt, die sich über Meilen dahinzogen und Staubwolken aufwirbelten, die man schon Stunden vor dem Auftauchen der Tiere sah. Das Leben am Fluss war anders, aber auf seine Art nicht weniger beeindruckend.
    Einmal flog ein Vogelschwarm herbei und landete auf dem Wasser. Die Tiere hatten rote Federn, flache, breite Schnäbel und Flossenfüße. Hin und wieder tauchten sie unter und schnappten nach Beute. Mehr als eine Stunde verbrachten sie mit der Suche nach Nahrung, bis sie alle gleichzeitig
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