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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Carrie Ryan
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hämmern.
    Genau in diesem Moment weht eine Brise vomWasser den Nebel weg.
    Dieser Nacken, diese Schultern … alles in mir kommt zum Stillstand.
    Catcher.
    Er sitzt mit dem R ücken zu mir da und schaut über den Strand hinaus aufs Meer.
    Ich brauche eineWeile, bis mir meine Stimme gehorcht. »Wonach hältst du Ausschau?«, rufe ich hoch. Und dann klettere ich nach oben, frische Energie durchströmt mich.
    Catcher zuckt zusammen und muss sich festhalten. Er schaut sich um, und ich merke es sofort, als er mich sieht. Sein Körper regt sich nicht mehr, seine Augen sind weit aufgerissen, und ein Laut erstarrt in seinem geöffneten Mund.
    Ehe ich den höchsten Punkt erreiche, packt er mich schon und zieht mich hoch. Mit den Händen streicht er über meine Arme und Beine, über Schultern und Nacken, bis er am Ende meinen Kopf mit beiden Händen hält.
    Ich ziehe ihn an mich und küsse ihn, schmecke seine Hitze, Feuer undVerlangen.
    »Du lebst«, sagt er.
    »Du bist hier«, erwidere ich.
    »Du bist nicht verletzt oder angesteckt?« Ich sehe das Entsetzen in seinen Augen.
    »Na ja, angesteckt bin ich jedenfalls nicht.« Ich lächele.
    Damit löst sich die Spannung, wir lachen und weinen. Er drückt mich fest an sich, und ich hebe den Kopf und schaue nach oben, wo der Morgenhimmel in hundert Millionen Farben wirbelt, strahlender als je zuvor.
    Mit dem Finger fährt er an meinem Kiefer entlang, seine Hitze ist mir jetzt so vertraut. Sie ist so sehr einTeil von mir geworden. »Meine Annah«, murmelt er und schaut mir in die Augen.
    Ich bin so froh über diesen Augenblick, dass ich nicht weiß, was ich noch sagen oder tun soll. Ich weiß nur, dass ich diesen Mann liebe. Und mehr alles andere will ich mein Leben mit ihm leben – wahrhaftig leben.
    »Mein«, flüstere ich, flechte meine Finger zwischen seine, ziehe ihn näher heran. Das ist es, was Leben bedeutet. Diese Liebe, diesesVerlangen treibt uns an, weiterzumachen, zu kämpfen, zu bauen, wachsen zu lassen. So lange es Hoffnung und Liebe auf dieserWelt gibt, wird es immer Lebende geben.
    In diesem Moment gibt es nur uns beide und den anbrechendenTag, dieVerheißung von etwas Neuem. Wir sitzen eng aneinandergedrückt da und schauen auf den grenzenlosen Horizont.
    »Was nun?«, frage ich.
    Er lächelt mit einem aufgeregten Flackern in den Augen. »Das da«, sagt er, dreht sich um und streckt den Finger aus. Ich folge seinem Blick, schnappe nach Luft und lache. Ein Stück die Küste entlang ragt eine Halbinsel insWasser mit einem eingezäunten Feld, auf dem es von Heißluftballons in allen Farben und Größen wimmelt. Sie sind wie wilde Blumen, die sich im Wind wiegen. Um sie herum scharen sich die Leute in Gruppen, schütteln sich die Hände und umarmen einander.
    »Und da«, sagt er und zeigt aufs seichteWasser, wo ein großes Schiff friedlich liegt, auf dem Deck herrscht regesTreiben, während kleinere Boote zwischen Küste und Schiff hin und her schippern. »Gabry und Elias sind schon an Bord und sorgen dafür, dass genug Platz undVorräte für alle da sind. Erst steuern wir Vista an und dann …« Er verstummt, zieht mich an sich, sodass wir eins werden. »Dann suchen wir nach anderen Überlebenden.Wenn wir überleben konnten, werden andere das auch geschafft haben.«
    Ich schüttele den Kopf, bin nicht bereit, das zu glauben.
    »Du hast es geschafft«, flüstert Catcher mir ins Ohr. Er lässt seine Stirn an meiner ruhen.
    Ich denke an den Augenblick imTunnel, als ich nicht mehr daran glaubte, entkommen zu können . A ls ich mich einfach im Eis zusammenrollen und schlafen wollte – als ich mich von denToten holen lassen wollte, weil es zu schwer war, gegen sie anzukämpfen. »Ich hätte fast aufgegeben«, gestehe ich kraftlos.
    Catcher löst sich von mir, sieht mir ernst in die Augen. Dann verfolgt er mit dem Finger die Spur einerTräne.
    »Aber du hast es nicht getan.«
    Ich schaue an ihm vorbei auf all die Menschen auf dem Feld und die auf dem Boot, die sich beeilenVorräte zu laden. Sie haben auch nicht aufgegeben. Nicht vor den R ekrutern, der R ebellion oder der Horde . A ll diese Funken von Licht, all diese Sterne, die in der Dunkelheit so hell leuchten.
    »Und ich werde es auch in Zukunft nicht tun«, versichere ich ihm, denn im tiefsten Inneren weiß ich, dass das dieWahrheit ist.
    Catcher zieht mich an sich, sein Herzschlag durchdringt mich und passt sich dem Rhythmus meines eigenen Herzens an. Ich schließe die Augen, lausche dem Meer, denWellen, die
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