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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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tritt
    De unsere Döchter vergewaltign.
    Imam : tritt
    Von vorn und von hint.
    Sie stiefeln ihn nieder.
    Jeder Gedanke ein Tritt.
    Der Asiate robbt, stürzt und fliegt durch die Szenerie.
    Imam : Und Pestizide …
    Leihnazi : … in de Paradeiser, und koane Fülter …
    Imam : … im Mitsubishi.
    Der Asiate bewegt sich nicht mehr.
    Der Leihnazi und der Imam erwachen aus dem Gewaltrausch.
    Betreten starren sie auf den Regungslosen.
    Imam : entsetzt
    Sog amoi, spinnst du!?
    Der Leihnazi ringt nach Worten.
    Er weiß nicht, ob er flüchten oder helfen soll.
    Leihnazi : ein Rechtfertigungsrest
    Er hod owa a so gschaut.
    Plötzlich springt der Asiate auf,
    schlägt aus dem Stand einen Salto,
    grinst und begrüßt den Imam aufs Überschwänglichste.
    Asiat : mit Akzent
    Sigi,
    du oide Wulschthaut.
    Imam : erklärend
    Des is da Rawalpindi.
    Leihnazi : ungläubig
    Owa ned d e r Rawalpindi?
    Imam : Freilich.
    Hahib Rawalpindi.
    Da größte Stuntman aller Zeiten.
    Leihnazi : grinst erleichtert und überwältigt
    Da Rawalpindi.
    Asiat : ebenfalls ergriffen
    Del Hadel.
    Leihnazi : deutet Huscher an
    Und!?
    Asiat : Nix Vogel.
    Nul albeitslos.
    Scheiß Computelanimation.
    In einer peinlichen Stille gewinnen sie ihre Ruhe zurück.
    Leihnazi : nachsinnend
    Da Rawalpindi.
    Imam : Josef, i muaß!
    Noch eine kleine Pause.
    Der Vorhang öffnet sich.
    Die Totengräber kommen heraus und gehen achselzuckend an den beiden vorbei.
    In der Peepshow ruft der Muezzin.
    Sigi geht durch den Vorhang und dreht sich im Hintergrund auf der Scheibe.
    Ein bayerisch islamistisches Morgengebet anbietend.
    Josef übt im Vordergrund martialische Posen.
    20. LANDSCHAFT Außen/Dämmerung
    Sigi fährt in seinem Friedhofswagen im muslimischen Kostüm über die Hügel wieder nach Hause.
    21. PEEPSHOW Innen/Nacht
    Hände öffnen eine teure Whiskyflasche.
    Sie füllen ein Glas.
    Ein tiefer Schluck.
    Hände trommeln einen Rhythmus.
    Noch ein Glas.
    Noch ein Schluck.
    22. WOHNWAGEN Innen/Nacht
    Sigi im Imamkostüm.
    Er isst eine Schweinsbratensemmel.
    Liest alte Kritiken.
    23. PEEPSHOW Innen/Nacht
    Dunkelheit.
    Schritte.
    Hände schalten die Musikanlage ein.
    Die Lichter gehen an.
    Musik erklingt.
    » New York, New York « .
    Dr. Buse sitzt auf der Scheibe, regungslos und dreht sich im Kreis.
    Die Sichtklappen bewegen sich nicht.
    24. WOHNWAGEN Innen/Nacht
    Sigi knipst das Licht aus.

Coda
    Dieses Drehbuch wurde natürlich auch abgelehnt.
    Aber nicht vor dreißig, nicht vor zwanzig, nicht vor zehn Jahren, sondern vor genau zwei Jahren.
    Und nun wird es schwierig.
    Was kann man diesem Text vorwerfen.
    Antiklerikalismus?
    Beamtendestabilisierung?
    Stille?
    Die Besetzung kann es nicht gewesen sein.
    Josef Hader, die Gruppe Ars Vitalis als Totengräber und Edgar Selge als Dr. Buse.
    Die Begründung war eine andere.
    Die Zuschauer sind zu blöd.
    Eine Erzählung auf drei Ebenen sei für ein einfaches Kabarett- und Comedypublikum nicht nachvollziehbar.
    Es ist also aufgegangen.
    Die Nivellierung des Kabaretts auf seine Sendbarkeit ist zu seiner Definition geworden.
    Es gibt nur noch eine Form.
    Alle aktuellen Kabarettformate schauen sich an, als wären es die » Tagesthemen « .
    Man kann möglicherweise etwas mehr sagen als früher.
    Aber in nur noch einer Form.
    Die formale Zensur hat die inhaltliche abgelöst.
    Die formale Vielfalt der Unterhaltungskünste war vor hundert Jahren größer als heute.
    Es gibt kaum schauspielerisches Kabarett in den Medien, literarisches sowieso nicht und visuelles, bildersprachliches in den seltensten Fällen.
    Und niemand sollte von Redakteuren Mut und Visionen erwarten.
    Das sind Quotenverwalter und keine Selbstmörder.
    Das sind kleine Geister, die nach oben wollen, im Gegensatz zu den Selbstmördern.
    Das sind in der Regel große Geister, die es nach unten zieht.
    Und wenn man dann nicht gleich aufgibt und noch einmal nachhakt, dann bekommt man auch noch die Apotheose aller Argumente zu hören.
    Dann stellt sich der Redakteur, falsch, die Redakteurin stellt sich hin.
    Denn es gibt in den Kabarettredaktionen fast ausschließlich Frauen.
    Die infamste aller Strategien.
    Die Schalthebel der Ironie und des Sarkasmus in die Hände von Müttern und Tanten zu geben.
    Konfliktausgleichend.
    Abwägend.
    Charmierend.
    Valium für die Triebtäter.
    Die Redakteurin also stellt sich hin und verkündet ihrem kleinen aufsässigen Kindergarten:
    » Man kann das Rad doch nicht neu erfinden. «
    Kann man nicht.
    Aber man könnte es wenigstens in
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