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Die Spur des Tieres

Die Spur des Tieres

Titel: Die Spur des Tieres
Autoren: Vampira VA
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beschienene Mimik waren ein einziger Hilfeschrei. Sie zog ihre Hand zurück - aber nur, um den Arm um Tobias zu legen. Er lehnte sich an sie, schmiegte seine Wange gegen ihre Schulter und richtete den Blick in die wabernde Glut unter dem übereinandergeschichte-ten Brennholz.
    Auch ihm stand der Sinn nach nichts anderem als Nähe.
    Halt. Er suchte Halt. Der Stamm, auf dem sie saßen, war ein in finsterster Nacht durch einen unermeßlichen Ozeans treibendes Boot mit zwei vom Zufall zusammengewürfelten wildfremden Menschen an Bord. Menschen, die sich kennenlernen und verstehen mußten, wenn sie je wieder Land sehen und Boden unter die Füße bekommen wollten .
    Liliths Herzschlag beschleunigte sich.
    »Ich habe sehr viel erlebt, ja«, sagte sie. »Manchmal denke ich, zuviel.«
    Tobias hob den Kopf und sah sie unverwandt an, als hätte ein kurzer Moment größtmöglicher Nähe genügt, das Zutrauen zu fassen, das bisher gefehlt hatte. »Wo kommst du her? Wie bist du zu - ihnen gekommen?«
    Er meinte die Bruderschaft, die Salvat um sich geschart hatte und die im Moment der ersten ernsthaften Bewährungsprobe doch geradezu läppisch versagt hatte. Vielleicht hatte er auf die Falschen gesetzt und zu sehr auf den >wahren Glauben< gesetzt. Möglicherweise würde er in Zukunft umdenken müssen und seine Anhänger nach anderen Kriterien auswählen. Nach Begabung. Nach Fähigkeiten, wie sie unter Millionen vielleicht nur ein einziger besaß .
    Lilith kappte den Fluß solcher gegenwärtig mehr als müßigen Gedanken.
    »Der Zufall führte mich mit ihnen zusammen«, sagte sie. Es war die Wahrheit. »Und meine Herkunft ... das ist eine lange Geschichte, die ich dir erzählen werde, wenn wir das hier überstanden haben.«
    »Du glaubst, daß wir es schaffen können?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Was wirst du von dem, der uns aussandte, verlangen, wenn wir erfolgreich waren?«
    Lilith lächelte versonnen. »Daß er mir ein Tor öffnet.«
    »Ein Tor?«
    Ihr Lächeln wurde bitter. »Ich weiß nicht einmal, ob er den Schlüssel besitzt. Und wenn, ob er sein Versprechen halten wird. Aber eine andere Hoffnung als ihn habe ich momentan nicht, je wieder zurückkehren zu können.«
    »Wohin?«
    »Nach Hause.« Auch das klang bitter, weil sie im Grunde nirgends zu Hause war.
    Tobias rückte plötzlich und ohne ersichtlichen Grund ein wenig von ihr ab. »Ich will nicht, daß du denkst, ich wollte nur ...«
    Sie preßte einen Finger gegen ihre Lippen und brachte ihn mit einem leisen »Schsch!« zum Schweigen, bevor er allzu großen Unsinn verzapfen konnte.
    »Es wäre dumm«, sagte sie, »nur auf ein Feuer zu vertrauen, wenn es uns nach Wärme verlangt. Komm wieder her! Mich friert genauso wie dir. Und vielleicht haben wir nicht mehr allzuviele Gelegenheiten, Partner kennenzulernen .«
    *
    In dieser Nacht, es war die achte, seit sie Heidelberg verlassen hatten, schliefen sie nicht miteinander, teilten aber dennoch das Lager wie zwei Liebende und schenkten sich die Zärtlichkeit, nach der sie beide hungerten.
    Lilith war berauscht von Tobias' Küssen und von der behutsam fordernden Art seiner Streicheleien. Auch sie liebkoste mit Händen, Lippen und Zunge. Aber weder sie noch er verlangte es nach dem letzten, gerade so, als hätten sie Angst, damit das zarte Pflänzchen zu zertreten, das gerade am Aufblühen war.
    Lena hatte anders geformte Brüste als Lilith - aber als Tobias sie massierte, fand Lilith in der Lust, die sie durchflutete, keine Unterschiede. Am meisten verblüffte sie aber etwas anderes: Wie selbstverständlich Tobias auch die Monstrosität akzeptierte, in die ihr linker Arm mündete. Die Hand, die der Teufel dem Auer geschenkt und die ihren Vorbesitzer umgebracht hatte!
    Wenn Salvats Behauptung zu trauen war, hatte er das Böse daraus vertrieben. Fest stand für Lilith auf jeden Fall, daß er ihr diese lebende Prothese nicht ohne Hintergedanken angepriesen hatte.
    Hing Tobias' Akzeptanz dieses Dings, das ihn zuvor spürbar das Grauen gelehrt hatte, möglicherweise auch mit dem Blitz zusammen, mit dem Salvat sie in die Lage versetzt hatte, dem Gestank des Satans zu folgen?
    Hatte er mehr in ihnen verändert als angekündigt? Ihre Persönlichkeiten .?
    Nein, beruhigte sich Lilith, so mächtig war er nicht mehr, als er uns verließ. Er hat etwas in uns gesehen, wovon er meinte, es könnte genügen, das fleischgewordene Böse einzuholen und ihm den Todesstoß zu versetzen. Es wird sich zeigen, ob er recht behält.
    Sie hörte auf,
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