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Die Spur des Dschingis-Khan

Titel: Die Spur des Dschingis-Khan
Autoren: Hans Dominik
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der Zeiger.
    Schon lag in nebliger Ferne der Kessel des Saisan-Nor. Sprunghaft fiel jetzt der Zeiger.
    Ein schwerer Stoß, der das Schiff seitwärts traf, brachte ihn ins Wanken. Er packte den Fenstergriff und hielt sich aufrecht. Das Schiff lag schwer nach Backbord über. Er hörte wie durch Nebel, wie der Kommandant den Befehl gab, höher zu steigen. Er glaubte die Erschütterung des mit äußerster Kraft arbeitenden Triebwerkes zu spüren.
    Dann drehte das Schiff in neuem jähen Ruck ganz nach Backbord um.
    »Volle Kraft rückwärts!«
    Der Befehl des Kommandanten klang an sein Ohr.
    Zu spät!
    Das Schiff gehorchte nicht mehr … weder dem Steuer noch dem Triebwerk. Wie ein Fetzen Papier vom Wirbel gegriffen, wurde es widerstandslos vorwärts gerissen.
    Ein neues fremdartiges Geräusch übertönte das Tosen der Elemente. Starr standen die Insassen. Ihre Hände umklammerten krampfhaft jeden greifbaren Halt.
    Es klang wie das Prasseln von Schrot gegen Stahl. Es klang wie schwerer Hagel, der auf ein Wellblechdach prasselt.
    Es hämmerte auf das Hirn des Toghon-Khan … hämmerte ihm die Gewißheit des unabwendbaren Unterganges ein …
    Mit voller Klarheit übersah er Entstehen und Ende der Katastrophe. Sein geschulter Geist beherrschte auch die physikalischen und technischen Grundbedingungen der Geschehnisse um ihn. Mit Klarheit sah er jetzt alle Handlungen seines Gegners sich in logischer Folge entwickeln.
    Der hatte das Mittel, das dem Dynotherm entgegengesetzt wirkte! Das Mittel, das ebenso ungeheure Energiemengen band, wie das Dynotherm sie freimachte. Der halte dann überall im Zuge des einbrechenden Heeres gestreut, wo immer nur Wasser war.
    So entstanden jene Kältepole, die infolge der Zusammenziehung der darüber lagernden Luft barometrische Minima ergaben, denen die entfernte Luft von allen Seiten zuströmen mußte. Dabei gab es eine Ausdehnung der zuströmenden Winde, die naturnotwendig eine Abkühlung verursachte.
    So kamen jene Schneefälle zustande. So ergab sich jener Maischnee in Peking. So der Schneesturm des vorgestrigen Tages. So die Kälte.
    Das unaufhörliche Fallen des Thermometers, das jetzt auf 170 Grad unter Null stand, bewies ihm überzeugend, daß das Schiff einem dieser extremen Kältepole zugerissen wurde. Der große Saisan-See mußte in der Tat nach Einstreuung dieses Mittels einen Kältepol von ungeheuerster Stärke ergeben.
    Dieser unwiderstehliche rasende Luftstrom gab ihm die Gewißheit. Es war soweit!
    Hier stürzte die Atmosphäre selbst verflüssigt zu Boden, Hier drang von allen Seiten her die Luft mit Riesengewalt wie in einen luftleeren Raum ein und riß jeden Körper, der sich in ihr befand, bis zum Kältepol hin.
    Mit vollkommener Klarheit des Geistes erwartete ToghonKhan das Ende.
    Das Schiff stellte sich auf den Kopf und stürzte mit rasender Wucht auf das Eismassiv des bis zum Grund gefrorenen Sees. Tief drang sein metallener Sporn ein. Ein Funkenstrom umsprühte das einhauende Metall. Der Zünder für die fürchterliche Fackel, die im selben Augenblick gegen den Himmel stand. Sprühend verbrannte das Metall des Schiffsrumpfes im flüssigen Sauerstoff … Verbrannte das Schiff mit allem an und in ihm in Sekunden zu nichts …
    Dann ging die Natur ihren Gang weiter, bis der Tag sich neigte … und die Nacht die Fesseln löste.
    Linder wurde der Frost. Die Macht des Sturmes ließ nach. Dichte Nebel krochen über die eisbedeckte Erde … und sie hoben sich und fanden milde Südwinde und fielen nieder in warmen Tropfen und weckten das tote Land.
    Der Schnee schmolz. Von den Bergen schossen die Wasser. Immer stärker wurde das Wehen des Südwindes, immer größer seine Wärme. Wie im Spiel zerbrach er die Decke des SaisanSees. Wo lebendige Wesen noch ihr Leben bewahrt, frohlockten die Herzen.
    Der Morgen kam und mit ihm die Sonne.
    Das Siedlerland war gerettet, das Abendland vom Untergang bewahrt. Mit Sturmesschnelle eilte die Kunde von der Katastrophe im Herzen Asiens über die ganze Welt hin.
    Verhältnismäßig lange blieb man in Peking selbst über das Schicksal der großen dsungarischen Armee im Ungewissen. Im tödlichen Frost waren auch die Formationen der Nachrichtentruppen zugrunde gegangen, die sonst wohl jene Schreckenskunde in den Äther gefunkt hätten. Und die es sonst noch wußten, die der Katastrophe entronnen waren, die wollten nicht, daß die schlimme Botschaft früher als sie selbst in das Gelbe Reich kam.
    Als Toghon-Khan in jenen letzten Stunden rastlos
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