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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder
Autoren: Hanna Winter
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sich seine Dienstwaffe zurück, als sein Blick erneut gefror. Unter einer im Wind flatternden Abdeckplane erspähte ereinen weißen Lieferwagen mit einem Ein-Herz-für-Kinder-Aufkleber am Heck.
    In Windeseile lief Karstens zurück zum Ufer und machte den Kahn los.
    Das zweite Paddel, Herrgott noch mal, wo war das zweite Paddel abgeblieben?
    Panisch blickte sich Karstens am Ufer um, als ihn plötzlich ein heftiger Schlag auf den Hinterkopf traf.
    ***
    (In Berlin)
    »Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«, erkundigte sich ein Ober mit weißem Hemd und Krawatte, während Frauke Behrendt appetitlos in ihren getrüffelten Ravioli herumstocherte.
    »Ja, ja, danke«, fertigte sie den Ober mit aufgesetztem Lächeln ab.
    »Da siehst du’s«, schmollte Astrid, ein zierliches Persönchen mit androgynem Haarschnitt, »sogar dem Ober ist deine miese Laune schon aufgefallen.«
    Behrendt nestelte an der Tischdekoration. »Tut mir leid, du hast ja recht«, räumte sie ein. »Aber die Sache heute geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich hätte wirklich nicht auf diesen Brommer schießen dürfen. Das verzeih ich mir nie.«
    Astridgriff nach Behrendts Hand. »Frauke, lass gut sein. Woher hättest du aus so einer Entfernung denn wissen sollen, dass das keine Waffe war, was der da in der Hand hatte?«
    »Meine Beförderung kann ich mir jetzt jedenfalls sonst wohin stecken.« Abwesend starrte sie auf ihre Pasta. »Entschuldige, ich wollte dir wirklich nicht deinen Geburtstag vermiesen. Lass uns von was anderem reden.« Sie streckte ihre Hand nach Astrids Wange aus. Erst jetzt bemerkte sie, dass Astrid zur Feier des Tages Make-up aufgelegt hatte. Es war eine der wenigen Male, die sie zusammen ausgingen, und wenn Behrendt eins nicht wollte, dann war es, Astrid wieder einmal zu enttäuschen. Wortlos blickten sie einander eine Weile lang an, als das Handy in Behrendts Hosentasche vibrierte und in ansteigender Lautstärke auf sich aufmerksam machte.
    Sichtlich angesäuert, lehnte Astrid sich zurück. »Das kann doch echt nicht wahr sein, jetzt schalte dieses blöde Ding doch wenigstens an meinem Geburtstag aus!«, schnaufte sie und zerteilte wütend ihre Dorade.
    »Ist ja gut«, murmelte Behrendt und stellte ihr Telefon auf lautlos. »Na komm, auf dich, Astrid«, sagte sie versöhnlich und hob ihr Rotweinglas, während es in ihrer Hosentasche weiter vibrierte.
    »Auf uns«, prostete Astrid und schien zu lächeln, als der Ober zurück an den Tisch kam und sich zu Behrendtherunterbeugte. »Verzeihung, Frau Behrendt?«
    »Ja, die bin ich.«
    »Da ist ein Anruf von einer Frau Kobayashi für Sie. Es sei wohl dringend«, erklärte er und reichte ihr ein Telefon.
    »Danke«, knurrte Behrendt und nahm das Telefon mit einem reuigen Blick zu Astrid entgegen. »Kikki, was gibt’s denn so Dringendes?«, sagte sie mit gereiztem Unterton. »Wer? Hannes Jäger? Na toll, dieser selbsternannte Spreewald-Kojack hat mir gerade noch gefehlt … was wollte der denn? … Was?« Behrendts Miene erstarrte. »Verdammte Scheiße!«, fluchte sie so lautstark, dass der Ober beschämt die Brauen hob. Und mit den Worten »In Ordnung, bis gleich« gab sie ihm das Telefon zurück.
    »Was ist es dieses Mal?«, stöhnte Astrid.
    Behrendt holte tief Luft und erzählte mit gesenkter Stimme: »Wir sind doch an dieser Sache mit den entführten Kindern dran, und der Wagen von einer der Mütter, die wohl meint, ihr eigenes Ding durchziehen zu müssen, wurde nur wenige Kilometer von Brommers Bungalow entfernt gefunden. Von ihr selbst fehlt jede Spur – und von Piet inzwischen auch. Außerdem«, es fiel ihr schwer, die nachfolgenden Worte über die Lippen zu bringen, »ein Kollege aus dem Spreewald hat auf dem Heimweg den Schuh von Piet in einem abgetriebenenKahn gefunden«, brach es aus ihr heraus. »Tut mir leid. Aber ich muss noch mal los.«
    Astrid musterte sie sprachlos. Dann riss sie beleidigt die Hände hoch. »Na bravo, ich habe nichts anderes von dir erwartet. Immer geht es nur um dich! Dich! Dich! Und um deinen verdammten Job!«, brüllte Astrid mit hochrotem Kopf, warf ihre Serviette auf den Teller und sprang auf. »Weißt du was? Ich feiere ohne dich – du kannst mir gestohlen bleiben, und zwar nicht nur an meinem Geburtstag!« Astrid rauschte davon.
    Frauke Behrendt blickte in die verstohlenen Gesichter der umliegenden Tische. »Was gibt’s denn da zu glotzen!«
    ***

Mittwoch,1. Juli
    (Spreewald, kurz nach Mitternacht)
    Als sich die Tür zum Keller öffnete, erkannte
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