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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder
Autoren: Hanna Winter
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in ihrer Handtasche verschwinden und legte eine Visitenkarte auf den Tisch. »Wenn Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte …«
    »Rufen wir Sie selbstverständlich an«, vervollständigte Adrian, ohne dabei aufzusehen.
    Fiona brachte die Beamten zur Tür. Und einen Augenblick lang meinte sie, dem Kommissar anzusehen, dass auch er sie lieber unter anderen Umständen wiedergetroffen hätte.
    Sie wartete, bis die Schritte im Treppenhaus verstummten und die schwere Haustür im Erdgeschoss zufiel, da stürmte Adrian an ihr vorbei.
    »Ich fasse es einfach nicht, dass dieser Kommissar nach zwei Jahren hier wieder auftaucht! Die sollen diesen Dreckskerl, der Sophie …«, er brach ab, »die sollen den endlich ein für alle Mal hinter Gitter bringen, statt unschuldige Leute mit belanglosen Fragen zu quälen.« Er wandte sich um. »Ich geh mir die Füße vertreten. Bin dann später im Laden.«
    Fiona nickte schweigend und sah ihm nach, wie er die Treppen hinunterhastete.
    Warum wurde sie das Gefühl nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte?

Donnerstag,11. Juni
    (In Berlin)
    Die grelle Morgensonne strahlte ihr durch einen Spalt zwischen den Vorhängen ins Gesicht, als Fiona die Bettdecke beiseiteschlug. Sie öffnete das Schlafzimmerfenster und blickte gähnend in den wolkenlosen Himmel.
    Ein strahlend schöner Junitag, belanglos wie jeder andere …
    Alles an diesem Morgen erschien ihr beschwerlich. Die schwüle Hitze lähmte sie, genauso wie der Kater der vergangenen Nacht.
    Gegen halb zwölf erreichte Fiona den Spielplatz. Obwohl sie in den vergangenen zwei Jahren beinahe täglich hier gesessen und die herumtollenden Kinder beobachtet hatte, fiel es ihr heute schwerer als sonst, hierherzukommen. Doch sie konnte nicht anders. Die Spielplatzbesuche waren für Fiona zum Ritual geworden. Warum, wusste sie selbst nichtgenau. Die Vorstellung, tagsüber ganz allein mit sich und ihren Gedanken in der 150-Quadratmeter-Wohnung zu sitzen und den Verstand zu verlieren, machte ihr einfach Angst.
    Als die ersten Mütter ihre Kinder abholten und an Fiona vorbeiliefen, hörten sie schlagartig auf zu reden. Fiona kümmerte das ebenso wenig wie Renate Pohl. Die rundliche Erzieherin Ende vierzig, mit Nickelbrille, lose zusammengezwirbeltem Haar und bunten Birkenstocks, war gerade dabei, vor dem Spiele-Container ein paar Schaufeln und Förmchen an die gierigen kleinen Hände zu verteilen. Als sie Fiona bemerkte, nickte sie ihr lächelnd zu.
    »Timmi! Gib Benjamin sofort den Bagger zurück! Du hast doch gesehen, dass er ihn zuerst hatte«, rief sie plötzlich Richtung Sandkasten.
    Der pausbackige Rotschopf warf trotzig das Spielzeug in den Sand und peilte das Bobby Car eines anderen Jungen an.
    Pohl band der kleinen Luna García die Schuhe, nahm sie an die Hand und kam mit ihr über die Wiese gelaufen.
    »Luna, zeig der Frau Seeberg mal, was wir gestern gebacken haben.«
    Pohl setzte sich neben Fiona auf die Bank und nahm Luna auf den Schoß, woraufhin die Kleine verschämt ihr Gesicht im Dekolleté der Erzieherin vergrub.
    Schmunzelndbetrachtete Fiona das Mädchen. »Du kannst also schon backen, Luna?«
    Die Kleine nickte stolz, bückte sich nach ihrem rosa Barbie-Rucksack und zog einen unförmigen Keks aus einer Butterbrottüte.
    »Ist der für mich?«, tat Fiona überrascht.
    Das Mädchen warf den Kopf von links nach rechts. »Der ist für Mister Brown! Meinen Hamster!« Luna lehnte ihren Kopf an Fionas Schulter, bevor sie aufsah und zur gegenüberliegenden Parkbank hinüberwinkte.
    Renate Pohl schien darüber alles andere als erfreut. »Was macht der denn schon wieder hier!«, zischte sie. »Wehe, dieser Brommer gibt den Kindern noch einmal Bonbons! Dann hat er zum letzten Mal hier gesessen! Mein Gott, wozu predige ich den Kids eigentlich die ganze Zeit, nichts von Fremden anzunehmen, wenn die da hinten ihre Senioren nicht im Griff haben?«
    Die Erzieherin deutete mit dem Kopf zu dem großen Sandsteingebäude hinüber, das an den Spielplatz angrenzte. Fiona betrachtete den kahlköpfigen älteren Mann auf der Parkbank aus schmalen Augen. Er mochte vielleicht Mitte siebzig sein, wirkte jedoch noch recht agil und gut in Form.
    »Seit wann kommt dieser Brommer eigentlich schon her?«, wollte sie wissen.
    Auf den ersten Blick war er ihr wie ein harmloser älterer Herr erschienen, für den das Geschrei tobenderKinder eine willkommene Ablenkung vom ständigen Gejammer über Krankheit und Tod im Seniorenstift war.
    Renate Pohl zuckte die
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