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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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er in der Asche von Dresden gestochert, hätte er ein durchgeschmortes Heizkissen zur Brandursache erklärt. Das reduziert seinen Stress auf ein bisschen Papierkram und eine Zeugenaussage vor Gericht.
    Als Angler ist Bentley okay, als Brandermittler ist er eine Katastrophe.
    »Hey, Jack«, sagt Bentley. Er grinst, aber es ist ein böses Grinsen. » Ich bin wenigstens nicht rausgeflogen.«
    So wie ich, denkt Jack. »Weil kein Schwein mitgekriegt hat, dass du überhaupt da bist.«
    »Fick dich«, sagt Bentley.
    »Du dich auch.«
    Das Grinsen verschwindet aus Bentleys Gesicht. Jetzt wird er richtig ernst.
    »Das Feuer, die Tote, eindeutig ein Unfall«, sagt er. »Rumstochern lohnt nicht.«
    Jack wartet, bis Bentley weg ist, dann steigt er aus.
    Um rumzustochern.

6
    Bevor die Spur kalt wird.
    Und das im wörtlichen Sinn.
    Je kälter der Brandort, um so schlechter die Chance, etwas zu finden.
    Oder H&U zu ermitteln, wie man so schön sagt. Herd und Ursache.
    H&U sind wichtig für die Versicherung, weil es solche und solche Brände gibt. Hat der Versicherte das Feuer fahrlässig verursacht, muss seine Versicherung den ganzen Spaß bezahlen. Aber wenn es wegen einer kaputten Heizdecke brennt oder einem minderwertigen Lichtschalter oder irgendeinem Elektrogerät, das nicht richtig funktioniert, versucht es die Versicherung mit einer Rechtsübertragung, die im Wesentlichen darin besteht, dass sie den Versicherten entschädigt und den Hersteller des fehlerhaften Teils auf Zahlung verklagt.
    Also muss Jack in der Asche stochern. Nicht aus Vergnügen, sondern mit einer bestimmten Absicht.
    Er öffnet den Kofferraum.
    Da drin hat er eine Klappleiter, ein Sortiment Taschenlampen, eine Schaufel, ein robustes Bandmaß, zwei Kleinbild-Minoltas, einen Sony-Camcorder, ein Diktiergerät zum Anstecken, drei Scheinwerfer mit Klappstativ und eine Feuerausrüstung.
    Die Feuerausrüstung besteht aus gelben Gummihandschuhen, einem gelben Schutzhelm und einem weißen Papieroverall, der die Füße bedeckt wie ein zu groß geratener Pyjama.
    Der Kofferraum ist also randvoll.
    Jack schleppt das ganze Zeug mit sich rum, weil er wie ein Dalmatiner ist – wenn es brennt, ist er zur Stelle.
    In dem Overall kommt er sich vor wie in einem billigen SF -Film. Lässt er den Overall weg, versaut ihm der Ruß die Klamotten und bringt seinen ganzen Waschzyklus durcheinander.
    Also steigt er lieber in den Overall.
    Und setzt den Helm auf, den er eigentlich nicht braucht, aber Goddamn Billy (»Ich hafte doch nicht für deine beschissenen Unfälle!«) knöpft ihm hundert Dollar Strafe ab, wenn er ihn ohne Helm erwischt. Jack klemmt sich das Diktaphon unters Hemd – sonst kriegt es Ruß ab, und hinterher kann er es wegwerfen –, hängt die Kameras über die Schulter und geht auf das Haus zu.
    Das im Versicherungsjargon als »Schadensrisiko« bezeichnet wird.
    Aber nur so lange, wie nichts passiert.
    Danach ist es einfach »der Schaden«.
    Wenn das Schadensrisiko zum Schaden wird, wenn tatsächlich eintritt, was vorher nur ein Risiko war, dann tritt Jack in Aktion.
    Das ist sein Job bei der California Fire and Life Mutual Insurance: er ist Schadensregulierer. Seit zwölf Jahren schon reguliert er Schäden, und über die Auftragslage kann er nicht klagen. Er arbeitet meist allein; keiner geht ihm auf den Nerv, solange er seinen Job macht, und er macht immer seinen Job. Mit anderen Worten, es ist ein relativ entspannter Job.
    Manche Regulierer beklagen sich, dass ihnen die Versicherten so viel Ärger machen, aber Jack hat keinen Ärger mit den Versicherten. »Ich sehe das ganz einfach«, sagt er, wenn er ihr Gejammer satt hat. »Die Versicherungspolice ist ein Vertrag. Da drinnen steht genau, wofür gezahlt wird und wofür nicht. Was du zahlen musst, das zahlst du. Und was nicht, das nicht.«
    Es gibt also keinen Grund, Gehässigkeiten einzustecken oder auszuteilen.
    Man wird nicht persönlich, man wird nicht emotional. Egal, was man tut, man lässt sich in nichts reinziehen. Man macht seinen Job, und man geht surfen. Weiter nichts.
    Das ist Jacks Philosophie, und für ihn funktioniert sie. Ebenso für Goddamn Billy. Denn immer, wenn es irgendwo richtig brennt, schickt er Jack los. Und zwar deshalb, weil Jack seinen Jobbei der Polizei gelernt hat. Er war dort Brandermittler – bis sie ihn rauswarfen.
    Jack weiß also, womit er anfangen muss, wenn er einen Gebäudebrand ermittelt. Er muss um das Gebäude herumgehen.
    Das Standardverfahren bei einem
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