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Die Sprache des Feuers - Roman

Die Sprache des Feuers - Roman

Titel: Die Sprache des Feuers - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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brennt in den Augen, in der Kehle. An der Decke züngeln die Flammen.
    »Es geht nicht, Jack.«
    Jack fängt an zu heulen. Verdammt Billy, gleich kommt der Flashover. Erst die tanzenden Feen, dann das Inferno, und alles steht in Flammen.
    »Komm, ich trage dich!«, brüllt er, weil die Flammen einen unglaublichen Lärm machen. Der ausgehungerte Alligator verschlingt den alten Holzbau.
    Billy schüttelt den Kopf. »Ich bin am Ende.«
    »Ich lüge für dich, Billy. Ich sage, du hattest mit all dem nichts zu tun!«
    Winzige Flämmchen tanzen in der Luft.
    Das sind die Feen.
    »Hat keinen Zweck.«
    Wozu streiten, denkt Jack. Ich schlag den Kerl k. o., wenn’s sein muss.
    Er will auf Billy zu, Billy schüttelt den Kopf, zieht seine 44 er und richtet sie auf Jack.
    Dann sagt er: »Gottverdammich!«, hält sich die Pistole an den Kopf und drückt ab.
    Die Feen tanzen.
    Flashover.

132
    Das Feuer breitet sich rasend aus.
    Der Wind greift sich die Flammen und jagt sie über das trockene Gras.
    In die Bäume, über die Dächer.
    Der ganze Himmel ein Flammenmeer.
    Mit dem Feuerball der Sonne darüber.
    Auch der Ozean scheint zu brennen.
    Der rotorange Gluthimmel zieht nordwärts, Richtung Ritz und Monarch Bay.
    Flammen fressen sich durchs Gelände, verschlingen Gras und Sträucher, machen sich über die saftigen Eukalyptusbäume her, die knacken und prasseln wie tausend Knallkörper. Die Flammen erfassen die Bäume am Ritz, kreisen das Hotel ein wie eine feindliche Armee, während das Feuer weiterrast über das Hochufer des Salt Creek Beach und auf Monarch Bay zu.
    Und es wartet nicht, bis der Wachmann das Tor öffnet. Der Wind peitscht die Flammen vorwärts, in die Bäume, in die teuren Gartenanlagen, treibt sie auf die Dächer zu.
    Natalie und Michael stehen am Fenster und sehen, wie sich der Himmel rötet. Der Brandgeruch macht ihnen Angst.
    Mama ist ganz verbrannt.
    Daddy ist schon wieder weg.
    Auch Grandma ist verschwunden.
    Es ist keiner da, nur die Männer, die auf Daddy aufpassen und jetzt Wasser aufs Dach spritzen und sich nicht um sie kümmern, während Sirenen heulen und Leute schreien und Lautsprecherstimmen »Evakuierung« brüllen und Dutzende Stimmen im Chor aufschreien, als ein Schindeldach in Flammen aufgeht. Natalie überlegt noch, was »Evakuierung« bedeutet, als Leo in die Höhe springt, sich im Kreis dreht und bellt und als plötzlich Flammen in den Ästen vorm Fenster prasseln und zischeln wie die Hexen im Traum und Natalie denken muss: So ist Mama verbrannt.
    Letty versucht, in die Siedlung zu kommen, aber ein Polizist stoppt sie am Tor. Keine Zufahrt für Zivilfahrzeuge, sagt er, und sie brüllt zurück: Ich habe Kinder da drinnen! Aber sie kommt nicht durch. Sie lässt das Auto stehen und läuft zu Fuß hinein.
    Zum Haus.
    Sie rennt auf das Haus zu, während die Bäume über ihr prasseln und zischen. Autos und rennende Leute kommen ihr entgegen. Überall brennende Häuser, dicker Rauch, ohne die Flammen wäre es dunkel wie in der Nacht. Dann erreicht sie das Haus.
    Es brennt.
    Die Flammen tanzen auf dem Dach.
    »Natalie! Michael!«
    Ein Feuerwehrmann hält sie fest. Sie schlägt um sich, schreit. »Da drinnen sind zwei Kinder!«
    »Da ist keiner drin.«
    »Da sind zwei Kinder drin!«
    Sie reißt sich los und läuft zur Haustür.
    Drinnen Rauch, Hitze, Finsternis.

133
    Jack kriecht durch die Hölle.
    Dicht am Boden, auf dem Bauch, unter den Flammen durch, tastet sich die Wand entlang, um die Tür zu finden. Der Rauch, der Lärm, die Hitze ...
    Dann eine Tür.
    Es muss eine Tür nach außen sein.
    Wenn nicht, schlagen die Flammen durch und blasen ihn weg, aber er hat keine Wahl, er wirft sich gegen die Tür – und ist draußen.
    Das Gras brennt.
    Alles brennt.
    Ganz Kalifornien scheint in Flammen zu stehen.
    Durch die Rauchschleier sieht er eine Gestalt.
    Es ist Nicky, der zum Ufer hinabrennt.
    Jack rennt ihm nach.
    Keuchend und hustend jagt er ihn den Strand entlang. Er spürt sein Herz pochen, fast im gleichen Rhythmus wie die Brandung. Nicky wird allmählich langsamer, und Jack holt ihn ein.
    Nicky dreht sich auf dem Absatz und zielt mit dem Finger auf Jacks Auge.
    Jack weicht aus, der Finger verletzt ihn neben dem linken Auge, Jack ist geblendet, er springt in die Richtung, wo er Nicky vermutet und wirft ihn in die Brandung.
    Landet auf ihm, packt ihn bei der Kehle und drückt ihn nach unten.
    Ein Brecher wälzt sich schäumend und sprudelnd über sie hinweg, aber Jack lässt nicht los. Nicky
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