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Die Spinnenfrau

Die Spinnenfrau

Titel: Die Spinnenfrau
Autoren: Jason Dark
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stand fest. Er wusste nur nicht, was es gewesen war. Es konnte kein normales Geräusch gewesen sein. Selbst eine Autohupe überschlief er.
    Jetzt lauschte er.
    Es gab den Verkehr, doch Mario Gray hatte gelernt, ihn auszuschalten. Er konzentrierte sich auf andere Geräusche, die er sonst nicht hörte.
    Wie in diesem Fall.
    Da war etwas. Er hörte es genau. Es war ein Schaben und Knistern, das an seine Ohren drang, und es hatte seinen Ursprung dicht über dem Boden.
    Er erhob sich mit mühsamen Bewegungen. Was er da vor sich am Boden sah, das war kaum zu fassen. Er schaute noch zweimal hin und sah trotz der Dunkelheit und auch des recht hohen Grasteppichs, was da geschah.
    Spinnen huschten über den Boden.
    Spinnen, nichts als Spinnen, die auf ihren vielen Beinen rannten und zu einem Punkt gelangen wollten. Es war ungefähr die kahlste Stelle der Insel. Dort wuchs so gut wie kein Gras. Mario Gray wusste auch nicht, weshalb das so war.
    Die Spinnen hatten ein Ziel. Es war genau dieser Fleck. Da musste der heimliche Beobachter keine Angst haben, dass sie ihn überfallen wollten.
    Er war plötzlich neugierig geworden. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Ein Gefühl der Spannung hatte ihn erfasst. Ihm war auch der Gedanke gekommen, dass er hier etwas Einmaliges erlebte, und da sollte er sich nicht getäuscht haben.
    Er hatte den Eindruck, dass die Spinnen etwas vorhatten und sich nicht grundlos hier versammelt hatten.
    Das traf zu.
    Die Körper bewegten sich immer hektischer. Sie fanden zusammen und es bildete sich etwas.
    Der Mund stand dem Zuschauer offen, als er das sah. Die Spinnen türmten sich aufeinander, und so wurde eine Figur aus ihnen.
    Gray lachte. Er kicherte auch. Dann schüttelte er den Kopf, aber er schaute weiter zu, und die Gestalt sah immer mehr wie ein Mensch aus. Wie aus dem Nichts bildete sich eine Haut.
    »Das kann nicht wahr sein«, keuchte Mario. »Das ist doch ein Filmtrick …«
    Es war keiner.
    Immer mehr und immer deutlicher bildete sich der Mensch hervor. Zum Schluss fehlte nur noch das Gesicht. Dort drückten sich die Spinnen zusammen, um sich gegenseitig Halt zu geben.
    Etwas schmiegte sich von der Rückseite um den Kopf herum, und plötzlich waren die Spinnen nicht mehr zu sehen, denn es hatte sich das Gesicht gebildet.
    Ein Frauengesicht.
    Kein Schlimmes, kein verzerrtes, ein völlig normales Gesicht, und doch zuckte er davor zurück. Das konnte nicht sein, da hatte er sich geirrt. Wie konnte aus Spinnen ein Körper entstehen?
    Bisher hatte sich Mario nicht gezeigt. Jetzt wollte er sehen, wie das andere Geschöpf auf ihn reagierte. Es war eine Frau, die nicht mal schlecht aussah.
    Mario meldete sich. »He, was hast du da gemacht? Können wir darüber sprechen?«
    Die Frau gab keine Antwort.
    Mario wusste auch nicht, ob sie ihn gesehen hatte. Immer wieder liefen vor seinem geistigen Auge die Szenen der Verwandlung ab. Er sah die vielen Spinnen und war im Nachhinein froh, sie nicht mehr sehen zu müssen.
    Und so trat er auf die Frau zu.
    Sie sagten beide nichts, sie schauten sich nur an.
    Da merkte der Stromer, dass er auf verlorenem Posten stand.
    »Ich verziehe mich wieder.«
    »Du bleibst!«
    Der Klang der Stimme war wie ein Peitschenknall.
    Mario Gray duckte sich. Er wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort hervor, denn er sah nur die Frau, die nichts anhatte. Sie stand nackt vor ihm.
    »Du hast alles gesehen, nicht?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Dein Pech!«
    »Wieso?«
    »Ich brauche wieder Energie.«
    Gray begriff nicht so recht, was sie damit meinte. Sie ging auf ihn zu, und er traute sich nicht, seinen Körper zur Seite zu drücken und die Flucht zu ergreifen.
    Zwei Hände packten ihn.
    Er wollte sich wehren, brachte es nicht fertig und wirkte so steif wie ein Stück Holz, als an ihm gezerrt wurde und man ihn danach über den Rasen schleifte.
    Dann bekam er einen harten Stoß und fiel zu Boden. Er wollte wieder hochkommen, aber die Frau war schneller und drückte ihm einen nackten Fuß auf die Brust.
    »Energie«, sagte sie mit scharfer Stimme. »Ich brauche deine Lebensenergie.«
    »Wofür denn?«
    »Für ihn!«
    »Wer ist er?«
    »Der Dämon. Der Kraftgeber. Ich gebe ihm Kraft, und er gibt sie mir dann teilweise zurück. Und diese Kraft holen wir uns aus dem Menschen. So sind wir fast mit Vampiren zu vergleichen, nur dass wir kein Blut trinken. Aber wir saugen etwas anderes. Mark aus Knochen. Es ist unser Kraftspender.«
    »Du bist irre!«, keuchte Mario. »Das ist doch
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