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Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)

Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)

Titel: Die soziale Eroberung der Erde: Eine biologische Geschichte des Menschen (German Edition)
Autoren: Edward O. Wilson
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neigen scheinen, so werden wir am Ende beide verlieren. Bis vor Kurzem gab es noch viele Vogelarten, die wir nie wieder werden fliegen sehen. Es ist aus mit Fröschen, die wir nie wieder in warmen Regennächten werden quaken hören. Und es ist aus mit Fischen, die Silberstreifen in unsere verarmten Seen und Flüsse zeichneten.
    Ein genauerer Blick auf Wissenschaft und Religion wird sich lohnen, wenn wir verstehen wollen, wie die Suche nach der objektiven Wahrheit wirklich beschaffen ist. Die Naturwissenschaft ist nicht einfach ein Betrieb wie Medizin oder Maschinenbau oder Theologie. Die Naturwissenschaft ist der Ursprung all unseres Wissens über die reale Welt, das überprüfbar ist und sich in das bestehende Wissen einpassen lässt. Sie bildet das Arsenal, mit dessen Hilfe die Technologien und die Inferenzstatistik Wahr und Falsch unterscheiden können. Sie formuliert die Prinzipien und Formeln, die dieses gesamte Wissen zusammenhalten. Die Naturwissenschaft gehört allen. Ihre Grundbestandteile kann jeder auf der Welt in Frage stellen, der über genügend Information verfügt, um das zu leisten. Sie ist nicht nur «eine andere Form des Wissens», wie oft postuliert wird, um sie mit religiösem Glauben gleichzusetzen. Der Konflikt zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und den Lehren der organisierten Religionen ist unlösbar. Die Kluft wird immer größer werden und für nie endende Kontroversen sorgen, solange religiöse Führer weiter unhaltbare Behauptungen über übernatürliche Ursachen der Realität aufstellen.
    Ein weiteres Prinzip, das sich meines Erachtens durch die bisherige naturwissenschaftliche Erkenntnis rechtfertigen lässt, lautet, dass niemand je von diesem Planet auswandern wird. Im kleinen Maßstab – also innerhalb des Sonnensystems – ist es kaum sinnvoll, zur weiteren Erforschung Menschen auf den Mond zu schicken, noch weniger auf den Mars und darüber hinaus in Sphären, in denen einfaches außerirdisches Leben vernünftigerweise zu suchen wäre – auf Europa, dem vereisten Jupiter-Mond, und auf dem feurigen Saturn-Mond Enceladus. Weitaus billiger und ohne Risiko für menschliches Leben lässt sich der Weltraum mit Robotern erforschen. Die Technologie dafür – Raketenantrieb, Robotertechnik, Fernanalyse und Informationsübermittlung – ist auf gutem Wege. Roboter können sehr viel mehr erreichen als ein menschlicher Besucher, selbst wenn es um sofort zu treffende Entscheidungen geht und sowieso bei dem Vorhaben, Bilder und Daten in höchstmöglicher Qualität zurück auf die Erde zu übermitteln. Natürlich ist es eine erhebende Vorstellung, ein Mensch – einer von uns – würde über einen Himmelskörper schreiten wie einst die Entdecker über unerforschte Kontinente. Wirklich spannend aber wird es, wenn wir genau erfahren, was da draußen ist, wenn wir selbst bis ins Detail scharf sehen, wie es in zwei Meter Entfernung zu unseren virtuellen Füßen aussieht, wenn wir mit unseren virtuellen Händen Gestein und womöglich Organismen aufheben und analysieren können. All das können wir erreichen, und zwar bald. Wenn wir aber statt Robotern Menschen schicken, würde das unglaublich teuer, riskant und ineffizient – im Ganzen nur eine Art Zirkuskunststück.
    An derselben kosmischen Kurzsichtigkeit krankt, wer heute von der Kolonisierung anderer Sternensysteme träumt. Es ist eine besonders gefährliche Illusion, die Emigration in den Weltraum als Patentlösung für den Moment anzusehen, wenn wir diesen Planeten verbraucht haben werden. Es ist Zeit, ernsthaft nachzufragen, warum in den 3,5 Milliarden Jahren Geschichte der Biosphäre unser Planet noch nie von Außerirdischen besucht wurde (außer vielleicht in verschwommenen UFO-Lichtern am Himmel und in Wachträumen von Besuchern am Bettrand). Und warum hat die Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI) auch nach jahrelangen Bemühungen noch nie eine Botschaft aus dem All empfangen? Theoretisch ist so ein Kontakt denkbar und sollte auch weiter angestrebt werden. Aber stellen wir uns vor, auf einem der Milliarden Sterne im bewohnbaren Teil der Galaxie wäre eine Zivilisation entstanden, die sich entschieden hat, andere Sternensysteme zu erobern, um ihren galaktischen Lebensraum zu erweitern. Dazu hätte es sehr gut schon vor einer Milliarde Jahre kommen können. Wenn ein solcher Eroberungszyklus eine Million Jahre benötigte, bis ein anderer brauchbarer Planet erreicht war, und nach der ausführlichen Erforschung eine weitere
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