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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition)
Autoren: James Grenton
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ihn. Ihrer Gestik nach zu urteilen, stritten sie sich.
    Relat hämmerte erneut an die Tür. Noch immer keine Reaktion.
    Relat gab Jim Zeichen, Maxine und Fabienne folgten ihm. Er hatte eben die Hand an den Griff der Tür zum Passagierraum gelegt, als der Pilot das Fenster öffnete und schrie: »Nein! Nicht!«
    Relat öffnete die Tür. Als sie hineinspähten bot sich ihrem Blick eine Szene wie aus einem Horrorfilm. Auf dem Boden lag eine völlig entstellte Leiche, in deren Gesicht ein langes Messer stak. Der Torso war praktisch in Stücke gehackt. Quer über die Sitze lag eine zweite Leiche, mit hängendem Kopf, die Zunge stand ihr aus dem Mund. In einer Ecke kauerte ein völlig abgezehrter Somalier, die Arme um die Knie geschlungen, und starrte sie an.
    Der Pilot sprang aus der vorderen Tür und rief ihnen etwas zu. Relat hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Maxine und Fabienne waren ein paar Schritte zurückgetreten und senkten den Blick.
    Jim biss die Zähne zusammen. »Sie müssen Abdi sein«, sagte er zu dem Somalier.
    Er stieg in das Flugzeug und hielt dem Mann seine Hand hin. Abdis Augen stellten sich auf ihn ein. Jim half dem gebrechlichen Mann auf die Beine.
    Nicolas wies auf die beiden Leichen. »Sieht ganz so aus, als hätte MainShield seinen Teil der Vereinbarung nicht erfüllt.«

Epilog
    London, England
13. Oktober 2003
    Zwei Wochen später saß Jim in einem Apartment in der Upper Street im Londoner Bezirk Islington vor einer geistlosen Realityshow im TV. Nachdem sie auf Lesleys Beerdigung in Cambridge gewesen waren, hatten Jim und Maxine sich entschlossen, nach London zu gehen, um auszuspannen, zu trauern, sich zu entscheiden, wie es weitergehen sollte. Jim setzte sich auf dem Sofa zurück. Er hatte nach wie vor Schmerzen nach allem, was er durchgemacht hatte. Die Narbe auf der Backe würde ihm bleiben; das Essen fiel ihm immer noch schwer.
    Maxine war in der Küche und kochte. Der Duft gedünsteter Pilze und geschmolzenen Käses lag in der Luft. Gelangweilt blätterte Jim in einer Zeitung, die neben ihm auf dem Sofa lag. Die Hungersnot in Somalia war aus den Schlagzeilen verschwunden; es hieß nur noch, dass die Hilfe die hungernde Bevölkerung zu erreichen begann. Über Universal Actions interne Probleme hatte man kaum geschrieben abgesehen von einigen Spekulationen über den Mord an Edward Ostely. Über Harry Steeler oder MainShield brachte man nichts.
    Schon interessant, dass die Medien ihre Fehler nie eingestanden. Weder ein Sender noch eine Zeitung berichtete darüber, wie man sich hatte manipulieren lassen. Falls ihnen das überhaupt klar geworden war, versteht sich. Womöglich hatte Interpol die Story so effektiv unterdrückt, dass kein Mensch erfuhr, was da wirklich geschehen war.
    Auf Seite acht fiel ihm eine Schlagzeile auf: »Hilfsorganisationen drängen auf bewaffnete Intervention angesichts drohender Hungersnot im Sudan«. Der Artikel las sich vertraut: Die Kämpfe rivalisierender Gruppen hatten im Sudan einen Zusammenbruch der Nahrungsmittelversorgung zur Folge gehabt und damit die Voraussetzungen für eine Hungersnot »von biblischem Ausmaß« geschaffen. Die geradezu horrend übertreibenden Appelle und Presseverlautbarungen der üblichen Hilfsorganisationen sprachen von »Millionen unmittelbar vom Hungertod bedrohten« Menschen und riefen nach einer bewaffneten Intervention zur »Wiederherstellung der Ordnung und zum Schutz der Hilfslieferungen«.
    Etwa in der Mitte des Artikels fand sich ein Vorschlag eines ranghohen Vertreters der US-Regierung, »im Gefolge von Universal Actions erfolgreicher militärischer Intervention in Somaliland« Hilfsorganisationen in höherem Maße eigene Streitkräfte zuzugestehen.
    Angewidert warf Jim die Zeitung beiseite. Sie zerfiel im Flug und die Seiten landeten zerstreut auf dem Boden. Es sah ganz danach aus, als hätte Harry eine Debatte entfacht, die sich so bald nicht wieder legen würde.
    Maxine kam ins Wohnzimmer. Sie trug ein Tablett mit zwei Tellern dampfender Pasta in Pilzsoße. Sie setzte es auf dem Couchtisch ab und ließ sich neben ihm nieder. Er legte den Arm um sie. Die Wange an seiner Brust, schmiegte sie sich an ihn.
    Sein Blick fiel auf den Fernseher. Man zeigte eben den Abspann der Realityshow. Auf diesen folgte die dramatische Erkennungsmelodie von BBCs 10-Uhr-News. Jim wandte sich wieder Maxine zu und küsste sie.
    Der Nachrichtensprecher begann mit den Schlagzeilen: »Inmitten von Vorwürfen der Korruption und des
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