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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition)
Autoren: James Grenton
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ist.«
    »Genau deshalb sollten wir ihm helfen«, sagte Jim.
    »Tut mir leid.« Nasir ging zurück zum Wagen.
    »Wir können ihn nicht einfach hier liegen lassen«, rief Jim ihm nach. »Der Mann braucht unbedingt einen Arzt.«
    Nasir ließ den Motor an. Jim sprang hinüber und baute sich vor dem Fahrzeug auf.
    »Du willst doch wohl nicht ohne mich los?«, rief er. Nasir lehnte sich aus dem Fenster.
    »Steig ein, Jim. Das hier geht uns nichts an.«
    »Ohne den Mann da komm ich nicht mit.«
    Nasir brachte den Motor auf Touren. Jim bewegte sich nicht. Einige Augenblicke funkelten sie einander an wie zwei wilde Tiere. Dann warf Nasir brummend die Hände in die Luft. Er stellte den Motor ab und stieg wieder aus.
    »Wie du willst, Jim. Aber ich halte das für einen großen Fehler.«
    »Einen Mann sterben zu lassen?«
    »Sich in anderer Leute Angelegenheiten einzumischen.«
    »Das hier ist meine Angelegenheit.«
    Sie gingen zurück zu dem Mann, der jetzt bewusstlos dalag. Jim bückte sich.
    »Fass du unter den Armen an«, sagte er. »Ich nehm die Beine.« Sie hoben den Mann auf, trugen ihn zum Land Rover und legten ihn in stabiler Seitenlage auf den Rücksitz. Nasir sah sich rasch um, leuchtete mit der Taschenlampe in die Dunkelheit der Wüste zu beiden Seiten der Straße. Jim warf einen Blick in den Außenspiegel des Wagens: aus einem scharf geschnittenen, sonnengebräunten Gesicht starrten ihm zwei dunkle, müde Augen entgegen. Er fuhr sich mit einer Hand durch das kurze braune Haar und stellte fest, dass er immer noch blutete. Das Blut lief ihm seitwärts von der Stirn. Er versuchte es abzuwischen.
    Im Innern des Wagens stöhnte der Verletzte.
    Jim wollte eben wieder einsteigen, als er aus dem Augenwinkel ein Licht blitzen sah. Es kam aus der Richtung, aus der sie gekommen waren. Jim kniff die Augen zusammen. Das Licht verschwand.
    »Beeil dich«, sagte Nasir vom Fahrersitz her.
    »Okay, sorry.« Jim griff nach der Türklinke, um sich in den Wagen zu ziehen.
    »Warte.« Er hielt inne. Das Licht war wieder aufgeblitzt. »Da hinten kommt was.«
    Nasir beugte sich aus dem Fenster und spähte die Straße zurück. Das Licht war jetzt stabil, wie die Scheinwerfer eines Fahrzeugs, das sich näherte.
    »Könnte von der NRO sein«, sagte Nasir.
    »Oder Milizen.« Jim sprang hinten in den Wagen und knallte die Tür zu. »Fahr besser zurück nach Hargeysa.« Nasir ließ den Motor an und raste los, als ginge es um sein Leben. Jim setzte sich neben den Verletzten. Als Nasir sich nach hinten beugte, um ihm die Taschenlampe und den Erste-Hilfe-Kasten zu reichen, spürte Jim eine Bewegung neben sich. Eine Hand griff nach der seinen und drückte sie. Jim blickte dem verletzten Mann ins Gesicht. Er versuchte etwas zu sagen. Jim beugte sich vor.
    »Sie… müssen… helfen…«
    »Wir sind ja schon dabei«, sagte Jim. »Wir bringen Sie nach Hargeysa ins Krankenhaus.«
    Nach einer langen Pause bewegten die Lippen des Mannes sich wieder.
    »Nicht mir… helfen Sie ihnen…«
    Der Mann musste im Delirium sein.
    »Wer sind die?«, fragte Jim.
    »Sie müssen ihnen helfen… allen…«
    Seine ohnehin schon kraftlose Stimme wurde noch schwächer. Jim tat sich schwer, ihn über den Motorenlärm hinweg zu verstehen. Fast berührte sein Ohr die Lippen des Mannes.
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Halten Sie sie auf… trauen Sie keinem…«
    Der Atem des Mannes ging flacher und schneller. Seine Haut war kalt und klamm. Blut sickerte aus den Wunden im Gesicht und landete auf dem Sitz. Jim tippte Nasir auf die Schulter.
    »Er hat einen Schock erlitten«, rief er. »Wie weit noch bis Hargeysa?«
    »Anderthalb Stunden.«
    »Ich weiß nicht, ob der das schafft.« Jim beugte sich vor. »Ist der Wagen noch hinter uns.«
    Nasir warf einen Blick in den Seitenspiegel. »Er kommt näher.«
    Da das Rückfenster getönt war, kurbelte Jim das Fenster auf der Beifahrerseite hinunter und spähte hinaus. Das Fahrzeug hinter ihnen hatte nur einen funktionierenden Scheinwerfer, holte aber rasch auf. Es hatte definitiv einen stärkeren Motor als sie. Es kam auf etwa dreißig Meter heran, blieb dann aber gerade weit genug zurück, damit die Insassen für sie nicht zu sehen waren.
    »Wer, meinst du, sind die?«, fragte Jim.
    Nasir sagte nichts. Er spähte mit zusammengezogenen Brauen in den Außenspiegel.
    »Kannst du jemanden erkennen?«, fragte Jim.
    »Keine Ahnung, aber mir schmeckt das nicht. Wenn die’s so eilig haben, sollten sie überholen.«
    Wieder umfasste
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