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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin
Autoren: Tanja Kinkel
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recht; er war, was sie aus ihm gemacht hatte, und in der reglosen Gestalt neben Ilian erkannte er ihr Spiegelbild. Ulsna sang, während das ausgedörrte Gras, das Romulus zwischen die Holzscheite gelegt hatte, und die Zipfel des Umhangs, den er über seinen Bruder gebreitet hatte, Feuer fingen. Einen Moment lang schien es, als griffen die Flammen auf die Umstehenden über, und Ulsna sah sie alle drei im Feuer: Ilian und ihre beiden Söhne. Dann kniff er im aufsteigenden Rauch die Augen zusammen, und die Lebenden trennten sich wieder von den Toten.

NACHWORT
    Zwillinge, so habe ich den Eindruck, verfolgen mich, vor allem Zwillinge mit zwiespältigen Geburtsumständen. Nach Layla und Tariq in meinem Roman Mondlaub , die halb maurischer, halb kastilischer Abstammung sind, machte ich einen Ausflug ins Kinderbuchgenre und schrieb über das Prinzenpaar Tonio und Claudio, das vor dem Problem steht, um den Thron zu wetteifern. Carla und Robert in Unter dem Zwillingsstern sind zwar keine Geschwister, aber Zwillingsseelen. Schon seit Jahren, genauer gesagt, seit ich die etruskischen Gräber in Tarquinia während meines Italienaufenthalts besuchte, beschlich mich immer wieder der Wunsch, über den Gründungsmythos von Rom zu schreiben, der (gewaltsamen) Geburt einer Kultur aus einer anderen. Was mich lange davon zurückhielt, war schlicht und einfach, daß es sich bei Romulus und Remus schon wieder um Zwillinge handeln würde. Dann kam mir auf einer weiteren Reise der Einfall, der mich das gesamte Thema unter einem neuen Aspekt betrachten ließ: Was, wenn nicht die Zwillinge, sondern ihre Mutter im Mittelpunkt des Romans stünde?

    Das Ergebnis ist die Geschichte, die ich erzählt habe. Noch ein paar Anmerkungen zum Hintergrund: Im allgemeinen gehen die Historiker davon aus, daß es sich bei den ersten vier Königen Roms - Romulus, Numa Pompilius, Tullus Hostilius und Ancus Marcius - um Sagenfiguren handelt, bei den letzten dreien - Tarquinius Priscus, Servius Tullius und Tarquinius Superbus - dagegen um historische Gestalten. Ich nahm mir daher die Freiheit, das in der Sage überlieferte Gründungsdatum Roms (21. April 753 v. Chr.) beiseite zu schieben; die drei letzterwähnten Könige sind ein Jahrhundert später gesichert, und angesichts der damaligen durchschnittlichen Lebensdauer halte ich es für wahrscheinlich, daß auch ihre Vorgänger, soweit vorhanden, im siebten Jahrhundert zu Hause waren. Im übrigen konnte ich die Geschichte so in Einklang mit dem Ende der nubischen Herrschaft in Ägypten, den Einfällen der Assyrer und dem Beginn der 26. Dynastie bringen. Für Interessierte: Ilian und Ulsna kommen um 670 v. Chr. zum ersten Mal nach Sais.
    Die Sage von Romulus und Remus wird uns von mehreren antiken Quellen überliefert, am ausführlichsten bei Plutarch (ca. 50-125 n. Chr.) und Livius (59 v. Chr. - 17 n. Chr.). Zu diesem Zeitpunkt war Rom längst kein Stadtstaat mehr, sondern ein Weltreich, und ein entsprechend grandioser Hintergrund schien geboten; gemessen daran ist es erstaunlich, wie skeptisch beide Schriftsteller die göttliche Herkunft der Zwillinge behandeln. So kann ich mich nicht rühmen, als erste auf die in diesem Roman vorgestellte Lösung gekommen zu sein; Plutarch schlägt denselben Mann als Alternative zu Mars vor.

    Mein Dank gilt vor allem meiner Familie und meinen Freunden, die diesmal mehr Geduld mit mir gehabt haben als bei jedem anderen Buch. Die seelischen Abgründe, in die ich meine Hauptfiguren begleitete, ließen mich mehr als einmal den Weg unterbrechen. Jedes der Bücher, die ich in meiner Bibliographie aufzähle, war eine große Hilfe sowie eines, das gesondert erwähnt werden muß, hat es doch nichts mit Etruskern oder Römern zu tun, sehr viel jedoch mit der eindrucksvollen Erzählung einer Sage in Romanform, die dem ursprünglichen Mythos seine archaische Wucht erhält: Der König muß sterben , Mary Renaults Roman über Theseus. Er war eine große Inspiration und Herausforderung zugleich.

BIBLIOGRAPHIE
    Davidson, James: Kurtisanen und Meeresfrüchte. Siedler Verlag, Berlin 1999.
    Holdes-Hoenes, Sigrid: Leben und Tod im alten Ägypten. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991.
    Kracht, Peter: Studien zu den griechisch-etruskischen Handelsbeziehungen vom 7. bis 4. Jahrhundert vor Christus. Brockmeyer Verlag, Bochum 1991.
    Murray, Oswyn: Das frühe Griechenland. dtv, München 1982.
    Onasch, Hans-Ulrich: Die assyrischen Eroberungen Ägyptens. Dissertation Universität
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