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Die Skelettbande

Die Skelettbande

Titel: Die Skelettbande
Autoren: Stefan Wolf
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freute sich und lächelte. Auf seine Freunde konnte er sich
verlassen.

 
     
    Der Vollmond tauchte die
Vierstein-Villa in ein sil bernes
Licht. Plötzlich kam Wind auf, der erst sanft und dann immer heftiger durch die
Kronen der Bäume rauschte. Die Luft roch modrig und nass und kündigte das
Unwetter an, das von Westen aufzog. Dunkle Wolken schoben sich wie eine
undurchdringliche Wand heran.
    Es war schon weit nach
Mitternacht, aber Karl konnte einfach nicht schlafen. Durch das Fenster
beobachtete er das Naturschauspiel. Ihn beschäftigte immer noch die
Beziehungskrise seiner Eltern. Was würde mit ihm passieren, wenn sie sich
scheiden ließen? Er versuchte diesen Gedanken zu verdrängen, aber er kam immer
wieder in ihm hoch. So weit war es längst noch nicht, redete er sich zu, um
sich nicht vollends verrückt zu machen.
    Plötzlich wurde seine
Aufmerksamkeit auf etwas ganz anderes gelenkt. Stand dort etwa jemand im
Garten? Dort hinter dem Baum? Oder war das nur eine Sinnestäuschung, ein
Schatten vielleicht? Karl rieb sich die Augen und setzte seine Brille auf, die
er immer auf den Nachttisch neben sein Bett legte, wenn er schlafen ging.
    Mittlerweile hatte heftiger
Regen eingesetzt. Dicke Tropfen prasselten gegen die Scheiben. Der Wind hatte
Orkanstärke erreicht, so wie es die Nachrichten am Abend angekündigt hatten.
Ein Stuhl im Garten kippte um und wurde davongetragen. Dabei überschlug er sich
mehrmals und blieb schließlich am Gartenzaun liegen. Die Hollywoodschaukel, die
in der Nähe des kleinen Gartenteiches stand, schwang heftig quietschend auf und
ab. Blätter trudelten durch die Luft und klatschten auf die nasse Scheibe, wo
sie kleben blieben.
    Da — war das nicht ein Klirren
gewesen? Für einen kurzen Moment herrschte Stille, dann klirrte es wieder, wenn
auch etwas leiser.
    Das kommt von unten aus dem
Wohnzimmer, dachte Karl. Vielleicht hatte der Wind etwas gegen das Fenster
geschleudert, sodass die Scheibe zerbrochen war. Oder waren es Einbrecher? Bei
dem Gedanken schnürte sich ihm die Kehle zu.
    Bevor er seine Freunde weckte,
wollte er erst einmal alleine nachschauen. Die hölzernen Stufen der alten
Treppe knarrten, als er auf leisen Sohlen nach unten schlich. Aus dem Zimmer,
in dem Tim und Klößchen schliefen, war lautes Schnarchen zu hören.
    Hatten die beiden nichts
gehört? Hatte er das alles nur geträumt? Da — wieder ein Geräusch. Ein dumpfes
Poltern, so als ob Bücher aus einem Regal gefallen waren.
    Da war jemand!
    Karls Herz begann laut zu
pochen und seine Hände wurden klamm. Er presste vorsichtig sein Ohr an die
großen weißen Flügeltüren, die ins Wohnzimmer führten. Doch er konnte nichts
hören als den Wind, der ums Haus heulte. Behutsam drückte er den Griff nach unten
und öffnete die Tür.
    Sofort spürte er den Luftzug,
der durch das Loch in der Scheibe der Terrassentür kam. Glassplitter lagen
verstreut auf dem schweren Perserteppich. Jemand hatte von außen das Fenster
eingeschlagen! Vor dem hohen Regal lagen Bücher auf dem Boden.
    Karls Nackenhaare sträubten
sich vor Anspannung. Ob sich der Einbrecher noch irgendwo im Zimmer versteckte?
Bewegte sich etwas hinter dem zugezogenen Vorhang am kaputten Fenster? Nein!
Erleichtert atmete er auf. Es war nur der Wind, der den Saum des schweren
Samtstoffes sanft hin und her bewegte.
    Was suchte der Verbrecher
überhaupt hier? Die Villa war ein Schmuckstück voller schöner antiker Möbel,
aber besonders wertvolle Stücke wie etwa teure Gemälde oder Tafelsilber hatten
die Viersteins nicht. Karls Eltern legten auf materielle Dinge keinen
besonderen Wert.
    Karl tastete vorsichtig nach
dem Lichtschalter. Doch noch bevor er ihn drücken konnte, sprang jemand aus der
Dunkelheit auf ihn zu und umklammerte sein Handgelenk. Karl wurde brutal herumgeschleudert
und zur Seite gestoßen. Er knallte gegen die Wand und flog unsanft mit dem
Gesicht voran auf das Eichenparkett. Seine Brille rutschte von der Nase und
eines der Gläser zerbrach unter dem Stoß. Mühsam stützte er sich auf den linken
Ellenbogen und drehte sich auf den Rücken.
    Der Unbekannte hatte sich
bedrohlich vor ihm aufgebaut. Karl starrte in die dunklen Augenhöhlen eines
aufgemalten Totenschädels, der neongelb leuchtete und den er nur verschwommen
wahrnahm. Aus der Ameisenperspektive sah die Gestalt aus wie ein Riese, der ihn
gleich zerquetschen würde. Sonst konnte er nichts erkennen, weil der Unbekannte
von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet war.

    Der Totenschädel
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