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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper
Autoren: Andrea Camilleri
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erhitzten Gemüter zu besänftigen als persönlicher Genugtuung wegen, den höheren Weg der Justiz zu beschreiten, und erstattete im vollen Besitz von Beweisen ordnungsgemäß Anzeige gegen den Passerino. Das Amtsgericht in Montelusa verurteilte ihn wegen Verleumdung. Der Vollständigkeit der Berichterstattung halber muß hinzugefügt werden, daß Margherita, die Frau des Passerino, und der kleine Sohn Andrea, Nirìa genannt, bei der Explosion einer Bombe, die der Anarchist bei sich zu Hause herstellen wollte, einen schrecklichen Tod fanden. Auch bei dieser Gelegenheit wurden üble
      Die Auftragnehmer aber kamen ihren vertraglichen Verpflichtungen nach, wenngleich mit einer beträchtlichen Kostensteigerung, die auf die Abwertung der Lira zurückzuführen war. Das Theater konnte mit nur zehnmonatiger Verspätung über den vorgesehenen Abgabetermin hinaus eingeweiht werden.
      Vielfältig und kurios waren die zahlreichen Gerüchte, die wegen der Auswahl der für die Einweihung bestimmten Oper in der Provinz im Umlauf waren. Die Provinz Montelusa wurde in jenen Jahren von zwei herausragenden Staatsdienern regiert. Der erste war Seine Exzellenz der Präfekt Cavaliere Eugenio Bortuzzi aus Florenz; der zweite der Polizeipräsident Cavaliere Everardo Colombo aus Mailand.
    Gleich nach seiner Ankunft in unserer Gegend war Bortuzzi pflichtgetreu bestrebt, sich eine persönliche Kenntnis von Menschen und Dingen anzueignen, die er, wie er es auch tat, edelmütig regieren sollte. Von Carmelo Ferraguto, dem damals fünfzehnjährigen Sohn des verstorbenen Emanuele, von allen vertraulich »Gevatter Memè« genannt, der für die Bedürfnisse seiner Mitmenschen stets ein offenes Ohr gehabt hatte, habe ich erfahren, wie Seine Exzellenz der Präfekt sich dessen Vater geneigt machte, um von ihm ausgiebig über die örtlichen Gegebenheiten unterrichtet zu werden und sich ein möglichst vollständiges Bild über den Zustand unserer Provinz zu verschaffen.
    doch aus Florenz, der Geburtsstätte der Kunst), sah es als seine Pflicht an, die Vigateser in der Kunst zu unterweisen oder vielmehr sie väterlich auf den ersten Schritten hin zum Genuß des Erhabenen zu geleiten.
    Als einfacher Bürger und nicht ob seiner Amtsgewalt tat
    er im Verlauf einer Tafelrunde im Hause eines Freundes gegenüber dem Marchese Pio di Condò, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats des Theaters, seine bescheidene Meinung kund, daß nämlich die Oper Der Bierbrauer von Preston des Komponisten Luigi Ricci einen idealen Gradus ad parnassum für die Vigateser darstellen könnte. Aufgrund dieser Meinungsbekundung, die, das möchten wir wiederholen, in der alleinigen Absicht erfolgte, keine ungünstige Stimmung innerhalb der Bevölkerung aufkommen zu lassen, die gewiß noch nicht in der Lage war, die Schönheit und die Tiefe feinsinniger ausgerichteter Opern mit komplexerem Aufbau vollständig auszukosten, kam ein gefährliches Mißverständnis auf. Einige Mitglieder des Verwaltungsrats sahen oder wollten in der freundschaftlichen Empfehlung Seiner Exzellenz bei Tisch eine Anordnung von Amts wegen sehen, was dem Moralverständnis des Präfekten völlig fernlag. Aufgrund der sich anschließenden lebhaften Auseinandersetzungen sah sich der Marchese Antonino Pio di Condò gezwungen, seinen Rücktritt einzureichen. Nach endlosen Diskussionen und Wortgefechten wurde an seiner Stelle
    Was läßt sich an dieser Stelle anderes sagen, als daß der
    Widerstand eines Teils des Verwaltungsrats noch stärker, die bösartigen Anspielungen noch zahlreicher wurden und die schlimmsten Gerüchte hemmungslose Verbreitung fanden? So hoch schlugen die Wellen, daß Seine Exzellenz Bortuzzi schweren Herzens zur Auflösung des Verwaltungsrats schreiten und einen außerordentlichen Kommissar, Sisinio Trincanato, einsetzen mußte, einen hohen Funktionär der Präfektur, dessen Unparteilichkeit unbestritten war. Bei jener Gelegenheit wurde das Gerücht in Umlauf gesetzt, daß Trincanato als Schwager des Herrn Emanuele Ferraguto sich in keinem Fall dem gemeinschaftlich von Präfekt und Ferraguto auf ihn ausgeübten Druck entziehen können würde. Erwartungsgemäß bewies Trincanato jedoch auch in dieser Lage seine unbedingte Entscheidungsfreiheit. Ja, mehr noch: bevor er eine Entscheidung traf, hörte er die Meinung einiger Mitglieder des aufgelösten Verwaltungsrats an, beratschlagte sich mit angesehenen Bürgern und zog erst dann seine demokratischen Schlußfolgerungen. So fiel die Wahl
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