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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition)
Autoren: Ursula Niehaus
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im Falle ihrer Verehelichung, die Hälfte des Handelskontors, das mein Vater hinterlassen hat, zu.« Mathys machte eine beredte Pause, um sicherzugehen, dass sein Gegenüber die Worte auch richtig erfasste.
    »Und worin besteht das Geschäft?«, wollte der Fremde wissen und blickte Mathys verständnislos an.
    »Nun, ich suche einen passenden Gatten für meine Schwester und frage mich, ob Ihr nicht interessiert wärt.«
    Konrad, dem Fremden, blieb für einen Moment vor Überraschung der Mund offen stehen, dann verzog er sein Gesicht zu einem spöttischen Grinsen. Er war keineswegs so dumm, wie Mathys vermutet hatte. »Was stimmt denn nicht mit Eurer Schwester?«, fragte er. »Ist sie alt, buckelig oder lahm, dass Ihr sie zu verschachern sucht wie einen krummen Gaul?«
    »Ihr braucht sie nicht zu lieben, Ihr sollt sie nur ehelichen«, antwortete Mathys. »Seid Ihr nicht ein Spieler? So seht es doch als Spiel an. Eines, bei dem Ihr nur gewinnen könnt.«
    »Wo liegt nun der Haken?«, bohrte Konrad nach.
    Die Schwangerschaft war bereits zu weit fortgeschritten, als dass dieser Tatbestand zu verbergen wäre. Es war höchste Zeit zu handeln. »Sie trägt das Kind eines anderen«, gestand Mathys widerwillig.
    Konrad ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen. »Und wie groß ist das Vermögen der Dame?«, brachte er die Verhandlungen auf den Punkt.
    Ausführlich schilderte Mathys ihm den Umfang seiner Handelsaktivitäten, nannte ihm den momentanen Bestand an Lagerware, die offenen Forderungen und zählte stolz seine guten Handelskontakte auf, die nach Köln, Mainz und Lübeck reichten. »Die Hälfte des Handelskontors also«, schloss er. Es lag nicht in seiner Natur, das schwer verdiente Geld zu verschleudern. Doch diesem Mann hier brauchte er nicht mit einem geringeren Angebot zu kommen, das wusste er.
    Konrad nickte bedächtig. Vom Grunde einiger Bierkrüge aus betrachtet, klang der Handel ganz verlockend. Doch er war nicht zu trunken, um Für und Wider dieses Vorschlages abzuwägen. Die Vorteile schienen bei weitem zu überwiegen. Und sollte sich die Situation als absolut unerträglich herausstellen, nun, dann würde er einfach wieder sein Bündel packen und weiterziehen. Das Risiko war gering.
    Ein letztes Bier genehmigten sich die künftigen Schwäger auf ihren Handel, dann machten sie sich auf den kurzen Weg zu Mathys’ Haus.
    Die mollige Haushälterin war noch auf den Beinen. Voller Freude funkelten ihre braunen Augen, als sie Mathys berichtete, Irma, seine Schwester, wäre niedergekommen, just vor wenigen Stunden, während er im Bierzapf weilte. Die Hebamme hätte sie von einem niedlichen, kleinen Mädchen entbunden, ein allerliebstes Kind sei es, und Irma ginge es den Umständen entsprechend gut.
    Früh in den Morgenstunden des folgenden Tages kam der Pfarrer ins Haus. Er war ein altgedienter Mann des Glaubens, der schon allerhand erlebt hatte. Und wenn es ihn wunderte, dass er den Bräutigam nie zuvor in der Stadt gesehen hatte, so ließ er es sich nicht anmerken.
    Die Braut war recht schwach. Es fiel ihr sichtlich schwer, sich für die Eheschließung von ihrem Kindbett zu erheben, doch hatte sie der Haushälterin gestattet, sie anzukleiden und ihre langen dunklen Locken zu bürsten, bis sie glänzten. Ihre kohlefarbenen Augen lagen tief und ein wenig fiebrig in dem zarten Gesicht, und ihr sonst so frischer Teint war einer kalten Blässe gewichen.
    Konrad sog überrascht die Luft ein, als er seine Gemahlin erblickte. Wenn diese Frau sich von den Strapazen des Kindbettes erholt hätte, dessen war er sicher, würde sie wieder zu einer außergewöhnlichen Schönheit erblühen.
    Diskret beschränkte der Pfarrer die Trauungszeremonie auf das absolut Notwendige, und angesichts der Umstände verzichtete man auch auf die üblichen Feierlichkeiten.
    Konrad war entzückt von seiner jungen Gattin. Welchem Heiligen hatte er nur dieses Glück zu verdanken?
    Doch in der Nacht darauf setzte das Bluten ein. Stärker und immer stärker sog es alle Lebenskraft aus Irmas Körper mit sich hinaus, und die ersten Sonnenstrahlen des folgenden Tages machten Konrad zum Witwer.
    Er verspürte ein vages Bedauern um den Tod seiner Gattin. Sie war zu jung und zu hübsch, um schon vom Herrgott heimgeholt zu werden, doch es wäre müßig, mit dem Schicksal zu hadern. Konrad beschloss stattdessen, sich das kleine Wesen genauer anzuschauen, dessen Ankunft auf Erden ihm so unvermittelt zu neuem Wohlstand verholfen hatte.
    Erfreut über sein
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