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Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Drake
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abermals packen, als Harriet sie aufhielt. »Nicht, lass ihn. Er hat sicherlich Hunger.«
    »Ja, Hunger nach Prügel«, zwitscherte Lan Meng wütend. »Und er wird Futter bekommen, bis er völlig satt ist!«
    Harriet drängte sich durch die Leute, die ihr unter aufgeregtem Gezeter Platz machten, und sah Ranjit scharf an. »Wenn du Hunger hast, kannst du zum Haus von Sir Percival Dorley kommen. Kennst du das?«
    Der Bursche nickte und schielte ängstlich zu Lan Meng und den anderen.
    »Dort sagst du, Miss Harriet hätte dich geschickt, und dass sie dir etwas zu essen geben und auch für deine Familie etwas einpacken sollen. Auch neue Kleidung. Aber du wirst nicht mehr stehlen!«
    Lan Meng lachte spöttisch. »Der versteht das nicht. Ich werde es ihm erklären.« Sie baute sich vor dem Jungen auf – eine zierliche Gestalt, die dennoch bedrohlich wirkte. »Wenn du noch einmal die Lady oder die Familie von der Lady bestiehlst, dann mache ich das mit dir.« Sie fixierte den Jungen, dann fuhr sie mit ihrem linken Zeigefinger langsam von ihrem rechten Ohr quer über den Hals zu ihrem linken Ohr. »Alles klar?« Der Junge nickte noch heftiger.
    »Gut!« Lan Meng warf den Kopf zurück, dass ihr dicker schwarzer Zopf flog, und kehrte zu Harriet zurück.
    Harriet wandte sich zum Gehen. »Er ist doch nur ein Junge.« Sie betrachtete ihren Schirm, der unter ihrer Attacke merklich gelitten hatte. Die meisten der Holzstreben waren gebrochen. Aber besser, der Schirm war lädiert als der Junge.
    »Junge? Pah!« Lan Meng machte eine wegwerfende Handbewegung. »Als ich so alt war wie der, habe ich schon mehrere Männer getötet.« Als sie sah, dass Harriets Augen traurig wurden, legte sie ihr mit einem mütterlichen Ausdruck die Hand auf den Arm. »Du bist viel zu weich.«
    »Ich und weich?«, fragte Harriet empört. »Hast du nicht gesehen, wie kräftig ich mit dem Schirm zugeschlagen habe?«
    »Ja, sehr stark«, erwiderte Lan Meng trocken. »Der Mann hat jetzt sicher eine Beule so groß wie mein kleiner Fingernagel.«
    »Ich war nicht einschüchternd?«
    »Bist du nie. Nicht einmal mit einer Pistole in der Hand.« Sie lächelte Harriet nachsichtig an.
    Harriet legte lachend den Arm um ihre Schultern und zog sie mit sich. Sie traten aus den engen Gassen, in denen sich die Hütten der ärmeren Einwohner Kalkuttas um die Paläste drängten, auf die Esplanada Row hinaus, wo sich die Regierungsgebäude befanden. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie nicht den hochgewachsenen Mann im hellen Anzug bemerkten, der an einer Ecke stand und ihnen aufmerksam nachsah.

    »El Capitano hat wieder zugeschlagen?«
    Harriet sah hoch, als ein zarter, nicht ganz sauberer Finger auf die Calcutta Gazette tupfte. Sie saß im Gartenpavillon im Haus ihres Vaters und hatte sich in einen leichten Schleier gehüllt, um die sie ständig umschwirrenden Insekten abzuhalten. Lan Meng stand vor ihr und sah angestrengt auf die gedruckten Buchstaben. Sie hatte schon Englisch gesprochen, als sie Harriet kennenlernte, und ihre Kenntnisse eifrig verbessert, jedoch niemals großen Ehrgeiz besessen, diese Sprache auch zu lesen, weshalb sie mit diesen für sie so fremdländischen Schriftzeichen immer noch auf Kriegsfuß stand.
    Harriet strich sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. Die Luft war schwer und drückend, vermutlich würde es bald zu regnen beginnen. Ihre Haut war feucht, und ihr leichtes Leinenkleid klebte an ihrem Körper. Um sie herum war es angenehm ruhig, fast still, nur vom Haus her hörte man die leisen Stimmen der Diener. Harriet mochte diese beschaulichen Nachmittage, wenn alle anderen sich zurückzogen und erst wieder in den frühen Abendstunden ihre kühleren Räume verließen.
    »Ein vollbeladenes Handelsschiff der East India Company wurde von einem französischen Freibeuter angegriffen, bis eine Fregatte hinzukam und ihrerseits den Freibeuter nach einem kurzen Kampf kaperte, während unser Händler entkommen konnte. Der Mann hier behauptet, die Fregatte stamme aus der Piratenflotte von El Capitano.« Sie sah Lan Meng eifrig an. »Das habe ich schon öfter gelesen! Es scheint fast, als würde dieser El Capitano englische Schiffe verschonen.«
    Auf Java, wo Harriet die letzten Jahre gelebt hatte, besaß dieser Pirat wiederum einen besonders schlechten Ruf. Angeblich unterhielt er auf einer der vielen kleinen Inselgruppen vor Sumatra den Hauptstützpunkt seiner berüchtigten und gefürchteten Flotte und wurde dabei von

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