Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht des Freibeuters: Er war der Schrecken der Meere - doch sein Herz war voller Zärtlichkeit. Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Drake
Vom Netzwerk:
Harriet bemerkte, wie Lan Meng den Abstand zwischen sich und dem Matrosen verringerte. Sie machte einen kleinen Schritt zur Seite, um ihre Freundin abzudrängen. Sie wusste nur zu gut, dass unter der Weste zwei rasierklingenscharfe Dolche steckten. Und sie wusste mit Sicherheit, dass Lan Meng keine Hemmungen hatte, diese bei Bedarf auch zu benutzen. Schließlich war ihre zartgliedrige Freundin die Tochter eines chinesischen Piraten.
    »Du bist wieder sehr unklug«, murmelte Lan Meng neben ihr. Die Chinesin war so klein, dass sie Harriet nur knapp bis an die Schulter reichte, aber vermutlich war sie gefährlicher als die vier Kerle zusammen.
    Einer der Männer – zu betrunken, um die Gefahr zu erkennen, in der er schwebte – beschloss, sein Vergnügen auf andere Weise zu finden, und torkelte einen Schritt näher. »So eine süße Lady«, lallte er. »Gib mir ein Küsschen, dann lass ich den Burschen laufen.«
    »Sie werden ihn auch so laufen lassen«, erwiderte Harriet. Ihr wurde beinahe übel. Der Mann roch erbärmlich. Zum einen stank er schon drei Meilen gegen den Wind nach billigstem Fusel, und zum anderen hatten er und seine Kleidung vermutlich vor einem Jahr das letzte Mal Wasser und Seife gesehen. Unwillkürlich taten ihr die Hafendirnen leid, die mit diesem Individuum in Berührung kamen. Sie schüttelte sich innerlich und wäre gern zurückgewichen, aber dann hätte sie den Weg für Lan Meng frei gemacht, und ihre Freundin war oft so unberechenbar. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte, war ein Matrose, dessen Eingeweide durch einen schnell geführten Dolchstoß freigelegt wurden.
    »Klar, aber nur nach …« Der Mann unterbrach sich, weil sein Kumpan ihn grob anstieß und hinter Harriet deutete. Auch die anderen waren plötzlich still geworden. Das hämische und anzügliche Grinsen war ihnen allen vergangen. Der massige, glatzköpfige Kerl verneigte sich sogar unbeholfen vor Harriet, drehte sich um und machte, dass er davonkam. Die anderen folgten ihm, und selbst der völlig Betrunkene torkelte hinter ihnen her, nachdem sein Freund ihm etwas Unverständliches, aber offenbar Wirkungsvolles ins Ohr gezischt hatte.
    Neugierig sah Harriet über die Schulter. Sie vermutete, einige Soldaten zu sehen, die in ihre Richtung kamen, erblickte jedoch nur einen schlanken, großgewachsenen Mann, in dem hier üblichen hellen Leinenanzug, der etwa zehn Schritte hinter ihr stand. Sein Gesicht wurde von einem Hut beschattet, so dass Harriet seine Züge nicht erkennen konnte. Als er ihren Blick auf sich ruhen sah, tippte er an die Hutkrempe und verneigte sich knapp, dann drehte er um und ging davon. Harriet starrte ihm nach. Lan Meng trat neben sie und sah dem Mann ebenfalls hinterher, bis er vom Treiben auf der Straße verschluckt wurde.
    »Sag mir nicht, Lany«, meinte Harriet, »diese Kerle sind vor dem Mann dort geflüchtet.« Er hatte nicht im mindesten bedrohlich gewirkt, sondern wie ein Gentleman, der zufällig vorbeikam und einer unterhaltsamen Szene beiwohnte.
    »Wird so sein«, erwiderte Lan Meng trocken. »Sie haben nicht einmal meine Dolche gesehen.« Sie wandte sich zu dem kleinen Burschen um, der sich zu Harriets Füßen zusammengekauert hatte. Jetzt sprang er auf und strahlte Harriet an. »Vielen Dank, Memsahib. Sie haben mir das Leben gerettet.«
    »Und recht hätten die Männer gehabt, wenn sie dich noch mehr verprügelt hätten«, sagte Harriet mahnend. »Wie kannst du nur so dumm sein, ausgerechnet so brutalen Kerlen den Geldbeutel abzuschneiden?«
    »Ich dachte, sie wären zu betrunken, um es zu bemerken.« Er trat einen Schritt näher und fasste nach Harriets Kleid. »Sie sind eine so hübsche Lady, haben Sie …«
    Bevor Harriet nach seiner Hand fassen konnte, die vorsichtig nach ihrer Kleidertasche tastete, hatte Lan Meng den Burschen schon gepackt. Er war kaum kleiner als sie, zappelte unter ihrem Griff jedoch wie ein Welpe, der von einem großen Hund gebeutelt wurde.
    Lan Meng ließ eine Flut chinesischer Schimpfworte über ihn ergehen, bevor sie ihm einen Stoß gab, der ihn mehrere Meter weit zurücktaumeln ließ. Er stolperte über den Korb eines Händlers, der lauthals zu zetern begann, und landete auf seinem Hinterteil. Schnell waren etliche Leute um sie versammelt, die sich zuvor, als die Matrosen auf ihn losgegangen waren, furchtsam zurückgezogen hatten. Alle schrien und redeten durcheinander, aber ihr Ärger galt nicht Harriet oder Lan Meng, sondern Ranjit.
    Lan Meng wollte den Jungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher