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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2
Autoren: Celia Friedman
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oder hatte sie gehofft, dass solche Dinge ihre Bedeutung verlören, wenn er seine Priestergewänder ablegte? Er brauchte die Frage nicht ausdrücklich zu stellen – er kannte die Antwort ohnehin. Großkönigin Gwynofar hatte alle Möglichkeiten abgewogen, bevor sie ihr zweites Kind nach Hause holte. Sie wusste, worum es seiner Religion ging. Sie kannte das Risiko. Und dennoch hatte sie sich für ihn entschieden.
    Und nun war er an diesem fremden Ort, der nicht mehr seine Heimat war und wo er selbst in den Steinen unter seinen Füßen die Gegenwart seines Vaters zu spüren glaubte. Du hast einen großen Traum verwirklicht , dachte er, an Danton gerichtet, und diesem Kontinent Frieden gebracht, wenn auch einen Frieden durch das Schwert. Ich hätte dein Erbe lieber Rurick überlassen, aber da er es nicht mehr antreten kann, werde ich mein Bestes tun.
    Gwynofar wies lächelnd auf einen Tisch, auf dem eine große Messingplatte mit Brot und Käse und eine zweite mit Lammbraten sowie mehrere schwere Zinnkrüge und ein passender Becher standen. Das Angebot war beeindruckend, wenn man bedachte, dass sie erst kurz vorher von seiner Ankunft erfahren hatte. Offensichtlich hatte sie seine Rückkehr erwartet und sogar in ihre Pläne mit einbezogen, dass er sich die üblichen Formalitäten beim Empfang ersparen würde. So hatte sie es auch bei Danton gehalten, erinnerte er sich, sie hatte seine Wünsche stets vorausgeahnt. Noch eine Eigenschaft an ihr, die Fremde oft unterschätzten.
    »Ich wusste nicht, wie hungrig du sein würdest«, sagte sie, »deshalb habe ich von allem etwas anrichten lassen.«
    Er war tatsächlich hungrig, und angesichts eines solchen Festmahls meldete sich sein Magen. Nur mit Mühe beherrschte er sich und schickte ein Dankgebet an seinen Gott für diese Prüfung. Wenn ein Opfer zu leichtfiel, war es nichts wert.
    Sie hatte diese Zurückhaltung offensichtlich nicht erwartet. »Das Essen ist dir aber nicht verboten?«
    Ein Lächeln huschte über seine Lippen. »Andernfalls hätte unser Glaube nicht lange zu leben.« Er trat an den Tisch und wählte nach kurzer Überlegung ein kleines Stück Brot und einen Becher mit klarem Wasser. »Ich habe mir jedoch als persönliches Opfer vorgenommen, bis zu meiner Krönung nur einfachste Kost zu mir zu nehmen. Die königlichen Köche werden erleichtert sein.«
    Sie holte tief Luft, aber er hob die Hand, bevor sie protestieren konnte. »Du hast mich gebeten, meinen Gelübden zu entsagen, um König zu werden. Das werde ich selbstredend tun, sobald die Zeit gekommen ist. Doch bis dahin bleibe ich, was ich bin, Mutter. Du hast einen Priester nach Hause gerufen. Erwartest du, dass ich mich anders benehme?«
    Sie nagte an ihrer Unterlippe. »Du bist so starrköpfig wie dein Vater, weißt du das?«
    »Das haben auch meine Lehrer gesagt. Oft genug.« Er nahm einen Bissen Brot und spülte ihn mit Wasser hinunter. Das Tier in seinem Magen beruhigte sich.
    »Wie auch immer«, sagte sie. »Vor der Krönung musst du eine kräftige Mahlzeit zu dir nehmen. Du kannst es dir nicht leisten, vor Dantons Vasallen Schwäche zu zeigen.«
    Schon setzte er zum Widerspruch an – doch dann sah er die Entschlossenheit in ihren Augen und spürte den Stahl hinter der schwarzen Seide und den guten Manieren. Er hatte die Schlacht bereits verloren. Selbst Danton hatte nachgegeben, wenn er diesen Blick in ihren Augen sah.
    Er schluckte den letzten Bissen Brot hinunter, obwohl sein Magen nach mehr schrie, dann wandte er sich dem nächstbesten Fenster zu und betrachtete die verwüstete Landschaft um den Palast. »Du musst mir erzählen, wie mein Vater starb. Ich kenne natürlich die Berichte, die veröffentlicht wurden, aber ich möchte es aus deinem Munde hören.«
    Es war eine grausame Geschichte, die mit dem geistigen Verfall eines stolzen Königs begann und mit seinem blutigen Tod durch die Hand des eigenen Sohnes endete. Gwynofar ging auf diesen letzten Teil nur kurz ein, vielleicht wollte sie nicht erörtern, warum des Königs eigener Sohn beschlossen hatte, dass er sterben müsse. Ein fremder Magister, der mit einem Seelenfresser im Bunde war, habe Danton zu seinem Spielball gemacht, und die Familie habe den Preis dafür bezahlt. Salvator hörte zu und nickte; so weit war er bereits im Bilde.
    Doch als sie auf den Seelenfresser selbst zu sprechen kam, horchte er auf. Zum ersten Mal erhielt er eine genaue Beschreibung von jemandem, der einen der Dämonen mit eigenen Augen gesehen hatte, und sie
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