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Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Hanni Münzer
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von St.
Gallen in der Schweiz lag. Es würde eine Fahrt ins Blaue werden. Weder hatte er
eine Ahnung, was es damit auf sich hatte, noch was er dort sollte. Er hatte
darüber mit Lucie gesprochen und sie hatte ihm geantwortet: „Ich weiß nicht,
was ich dir raten soll, Bruderherz, aber ich weiß, was du mir raten würdest,
nämlich einfach Gottes Wegen zu vertrauen.“
    Danach
gab es für ihn noch zwei weitere Angelegenheiten zu regeln: Zum einen musste er
in die Abruzzen reisen, um dafür zu sorgen, dass die arme unbekannte Seele in
der Höhle, endlich die letzte Ruhe in geweihter Erde fand. Und, dies hatte er
mit seinem Vater am gestrigen Abend besprochen, würde er alsbald nach
Südamerika reisen, um das Vorhaben seines Vorfahren Emanuele mehr als 230 Jahre
später umzusetzen: die Schatzkarte mit dem geheimen Standort von Paititi dem
wahren Eigentümer, dem Staat Peru zurückzugeben. Dabei war seinem Vater und ihm
bewusst, dass dies durchaus ein heikles Unterfangen war, welches sorgfältig
vorbereitet und geplant werden musste. Schließlich konnte Lukas dort nicht zum
nächsten Staatsbeamten marschieren, ihm die Karte in die Hand drücken und
sagen: „Das gehört Ihnen.“ Sein Vater hatte ihn zudem mit dem Vorschlag
überrascht, dass er in Erwägung zog, sein gesamtes Unternehmen in eine Stiftung
einzubringen, deren Erlöse zum größten Teil ebenfalls Peru zufließen sollten.
Schließlich basierte der Reichtum der Familie von Stetten ursprünglich auf der
Ausbeutung der Inkaschätze. Mit diesem überraschenden Angebot hatte der alte
Patriarch seinen Sohn völlig aus der Fassung gebracht, niemals hätte Lukas
seinem Vater eine solche Geste zugetraut. Seit den tragischen Geschehnissen
gingen die beiden vorsichtig miteinander um, aber ihr vormaliges Verhältnis
hatte sich beträchtlich entspannt. All diese Aufgaben und Verpflichtungen waren
es schließlich, die verhinderten, dass Lukas völlig in schwarzer Verzweiflung
versank. Er sah aus dem Fenster seines ehemaligen Jugendzimmers, das seine
Mutter seit seinem Auszug nicht verändert hatte. Es war eine laue Nacht und
Frau Gabler hatte das Fenster weit geöffnet. Ein leichter Sommerwind trieb
spielerisch einige Wolken vor sich her und gab den Mond frei. Sein sanfter
Strahl stahl sich herein und blieb just auf dem gut verschnürten kleinen
Päckchen haften, das er auf seinem Schreibtisch abgelegt hatte. Seit zwei Tagen
lag es dort und er hatte es bis eben völlig vergessen.
    Rabeas
Großvater hatte es ihm bei seinem Besuch mit den Worten überreicht, dass dieses
vor einigen Tagen bei ihm eingetroffen war. Als Absender war Rabeas Adresse in
Berlin angegeben. Der Alte hatte das Packpapier gelöst und darunter das
Päckchen vorgefunden, auf dem Rabea handschriftlich vermerkt hatte: „Für Lukas.
Persönlich. Übergabe zum richtigen Zeitpunkt.“
    Diese
kryptische Information war typisch für Rabea gewesen. Woher sollte ihr
Großvater wissen, wann der richtige Zeitpunkt dafür wäre? Oder hatte seine
Enkelin geahnt, dass ihre Lebenszeit ablief und sie wollte ihren Großvater
nicht mit den Worten ‚Nach meinem Tode zu öffnen’ erschrecken? Jedenfalls hatte
der alte Rosenthal schicksalsergeben beschlossen, das Päckchen bei sich
aufzubewahren, bis ihm irgendein Ereignis den richtigen Fingerzeig weisen
würde. Leider war dieser Augenblick nur allzu bald gekommen.
    Lukas
hatte wie der alte Rosenthal nicht die geringste Ahnung, was das Päckchen
enthalten konnte und seither lag es dort. Er hatte sich einfach nicht
entschließen können, es zu öffnen. Lukas stand auf und betrachtete es im
Mondlicht. Was wäre, wenn es Rabeas letzte Gedanken enthielt, vielleicht einen
Hinweis auf ihr nahendes Schicksal? Aber im Grunde war es nicht mehr wichtig,
Rabea war tot, die heiligen Dokumente aus Bentivoglios Schließfach zusammen mit
der Holländerin van Kampen, spurlos verschwunden. Man vermutete, dass sie es mit
ihren Verbindungen in höchste Regierungskreise und hohen Bestechungsgeldern
geschafft hatte, sich nach Südamerika abzusetzen.
    Er legte
das Päckchen wieder hin. Irgendwann würde er es öffnen, aber noch nicht jetzt.
Er kehrte ins Bett zurück. Wieder konnte er keinen Schlaf finden und trieb weiter
im düsteren Gewässer seiner Trauer dahin. Für den jungen Mann gab es keine
Liebe mehr und keinen Glauben, kein Lachen und keine Farben. Trotzdem ging am
Morgen die Sonne strahlend am türkisblauen Firmament auf und ein fröhliche
Radiostimme kündigte für den heutigen
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